Main-Tauber-Kreis. Beim Unternehmensdialog der Sparkasse Tauberfranken am Donnerstagabend stand das Thema Nachhaltigkeit im Fokus. Aus drei unterschiedlichen Perspektiven erläuterten Firmenchefs aus der Region ihre Definition des Schlagworts.
Wer einen Moment innehält, dem fallen zum Begriff Nachhaltigkeit ganz unterschiedliche Szenarien ein: von der Forstwirtschaft bis zum sparsamen Umgang mit Energie, der Nutzung von Bussen und Bahnen anstelle des Autos oder der jahreszeitlich angepassten Ernährung. Alltagsdinge eben, die kaum Verzicht bedeuten.
Firmen sind da anders gestrickt. Da muss in größeren Dimensionen, in einem weiter gesteckten Zeitraum mit Zielorientierung gedacht werden. Wie das mit welchen Konzepten funktioniert, brachten Sabine Weimer vom Wertheimer Unternehmen HomE of Mobility, Paul Gehrig vom Stadtwerk Tauberfranken und Dr. Gunther Wobser vom Laudaer Temperierspezialisten Lauda über 100 Interessierten nahe, die der Einladung der Sparkasse gefolgt waren.
Peter Vogel, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Tauberfranken, wies in seinen einleitenden Worten auf die Notwendigkeit hin, nachhaltig zu denken und zu leben, um den sich nicht wegzudiskutierenden Herausforderungen des Klimawandels zu stellen. Für sein Haus reklamierte er die Verpflichtung, sich bis 2035 klimaneutral in einem systematisch-strategischen Prozess klimaneutral aufzustellen. „Nachhaltigkeit ist ein integraler Bestandteil unserer Strategie“, so Vogel, der diese Transformation als Schritt in eine bessere Zukunft betrachtet.
Sabine Weimer, die für den erkrankten Geschäftsführer Jürgen Ruchti von HomE Mobility eingesprungen war, setzte in ihren Ausführungen zunächst auf das, was Männer vermeintlich lieben: Emotionen, die große schnelle und am besten achtzylindrige Verbrennerschlitten röhrend auslösen. So einer sei ihr Geschäftsführer einst gewesen, meinte sie augenzwinkernd. Doch ihm, der jahrelang im Verbrenner-Geschäft tätig war, sei klar geworden, dass er am E-Auto wohl nicht vorbeikomme. Was daraus entstand, schilderte sie als zunächst leidenschaftlichen Plan, der Schritt für Schritt Wirklichkeit werde.
Weimer berichtete von ihren ersten eigenen zaghaft-skeptischen Erfahrungen mit einem E-Auto und von den Ideen eines 360-Grad-Anbieters rund um erneuerbare Energien, die HomE Mobility nach und nach entwickelte und mittlerweile in sechs Bereichen anbietet. Die Bandbreite reicht von Standortanalysen über Konzepte bis zum Projektmanagement für Gewerbekunden in der Sparte HomE Solutions, über das Angebot von Installation, Wartung und Instandhaltung von Solaranlagen im Bereich HomE eTeam. Vom E-Auto her gedacht gehören herstellerunabhängige verbrennerfreie Fahrzeuge und ein Ladenetz samt entsprechender Karte und Lade-App zum Angebot, das einmal zum bundesweiten Angebot erwachsen soll. Im Sommer kommenden Jahres wird in der Sparte HomE World ein Kompetenzzentrum mit 160 PV-überdachten Ladepunkten und einem Shuttle ins Wertheim Village nahe des Almosenbergs in Wertheim entstehen.
Emotionales Gesamtkonzept
Sabine Weimer nannte weitere Projekte, die sich rund um die Themen erneuerbare Energien entwickeln, den Anspruch der Kundenfreundlichkeit erfüllen und langfristig stabile Preise garantieren sollen. Aus der Erkenntnis, um das E-Auto nicht herumzukommen, sei so ein leidenschaftliches und damit äußerst emotionales Gesamtkonzept rund um die Themen Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien entstanden.
Kein neues, sondern ein fest etabliertes, bodenständiges Unternehmen präsentierte Paul Gehrig mit dem Stadtwerk Tauberfranken. Der Aufbau des Unternehmens mit dem Stadtverkehr Bad Mergentheim, der Beteiligungsgesellschaft, in der Kommunen der Region vertreten sind, und der Thüga als kooperatives Netzwerk kommunaler Energie, habe sich bewährt. In den Mittelpunkt stellte Gehrig die Roadmap 2030, mit der das Stadtwerk bis 2025 die Klimaneutralität für den einen Zuständigkeitsbereich anstrebt.
Im ersten Schritt sei die Reduktion des Energiebereichs erfolgt, im zweiten der stetige Ausbau erneuerbarere Energien mit Photovoltaik, Windenergie und der Erweiterung regenerativer Wärmeerzeugung. Im dritten Schritt geht es um die Kompensation. Gehrig betonte, wie wichtig es sei, die Mitarbeiter bei nachhaltigen Geschäftsmodellen abzuholen, mitzunehmen und einzubinden.
Als konkrete Projekte und Maßnahmen nannte Paul Gehrig Kooperationsmodelle mit Kommunen beim E-Car-Sharing, das eigene Ladenetz und das Naturwärmekraftwerk in Bad Mergentheim, durch das bereits 25 bis 30 Prozent der kommunalen Wärmeplanung in der Kurstadt erfüllt seien und das 17 000 Tonnen CO2 einspare.
Offen für Neues
Derzeit entstehe auf 65 Hektar Fläche auf der Gemarkung Külsheim die größte Freiflächenphotovoltaikanlage in Baden-Württemberg, deren Inbetriebnahme im ersten Quartal 2024 geplant sei. Das Stadtwerk Tauberfranken belege 35 Hektar, die EnBW 30. Weiteres Projekt sei die Wasserstoffallianz mit dem Ziel, Elektrolyseanlagen in Kombination mit Windkraft und PV-Anlagen zu realisieren, um grünen Wasserstoff bei gleichzeitiger Nutzung von Wärme und Sauerstoff zu erzeugen.
Hatte Paul Gehrig den Fokus auf eine nachhaltige Energieerzeugung und -nutzung sowie die Schonung von Ressourcen gelegt, definierte Dr. Gunther Wobser den Begriff wirtschaftsethisch: „Nachhaltig ist für mich, sein Unternehmen an die nächste Generation weiterzugeben und die Welt ein ganzes Stück besser gemacht zu haben.“ Er berichtete von wichtigen Impulsen, die er bei seinem einjährigen Aufenthalt im kalifornischen Silicon Valley erhalten habe und die für ihn einen Scheideweg darstellten.
Groß zu denken, neuen Dingen gegenüber aufgeschlossen und stetig bereit für Veränderungen zu sein, ohne die Unternehmenswerte als Grundfeste aus dem Blick zu verlieren, gehörten seither zu seinen Prinzipien. Mit exakten Temperaturen die Welt zu verbessern sei die Leitidee. Dazu gehöre, Zielbilder für die Zukunft zum Wachstum des Unternehmens, zum Produktportfolio und zur Strategie zu entwickeln. Als systematischen Ansatz stellte er seine Neun-Felder-Ambidextrie-Matrix vor, die das Kerngeschäft zur Grundlage hat, aber auch offen für die Erkundung neuer Geschäftsfelder ist. Als Beispiel für Letzteres nannte er die im nächsten Monat auf den Markt kommende erste batteriebetriebene Tiefkühltruhe, die Medikamente ohne Umladen bei konstant minus 85 Grad kühlt.
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