Tauber-Odenwald. Die Zahl der kleinen Solaranlagen für den Hausgebrauch wächst rasant. Experten sprechen davon, dass bundesweit mittlerweile eine Million Balkonkraftwerke in Betrieb sind. Auch in unserer Region Tauber-Odenwald bestätigen die verschiedenen Stadtwerke aus Bad Mergentheim, Wertheim, Buchen und Walldürn auf FN-Nachfrage den Trend. Knapp 1000 kleine Kraftwerke sind hier bislang offiziell gemeldet. Es gibt zudem eine Dunkelziffer.
„In Deutschland gibt es mittlerweile rund eine Million Balkonkraftwerke“, vermeldete die ARD-Tagesschau vor kurzem. Die Zahl der offiziell „Steckersolargeräte“ genannten Anlagen habe sich damit, binnen eines Jahres etwa verdoppelt, wie aus dem Marktstammdatenregister und Schätzungen des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW) hervorgehe. Die kleinen Solaranlagen werden dabei oft an Balkonen befestigt. Ihre Anschlussleistung ist auf 800 Watt begrenzt. Scheint die Sonne, wird ihre Leistung in das Netz des Besitzers eingespeist, der dadurch weniger Strom von den Stadtwerken oder anderen Energieunternehmen benötigt und damit Geld spart.
Meldung im Marktstammdatenregister nötig
Im Netzgebiet des Stadtwerks Tauberfranken (Sitz in Bad Mergentheim) sind aktuell 426 Balkonkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 377 kWp offiziell angemeldet. „Wir gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl der betriebenen Anlagen höher ist, da manche Balkonkraftwerke bislang nicht im Marktstammdatenregister registriert wurden“, teilt Nina Holler von der Unternehmenskommunikation des Stadtwerks auf FN-Nachfrage mit.
Sie berichtet weiter: „Der Höchststand an Neuanmeldungen war im Jahr 2023, insbesondere im Zusammenhang mit den stark gestiegenen Energiepreisen. Auch aktuell werden regelmäßig neue Anlagen gemeldet. Seit dem 1. Mai 2024 ist keine Anmeldung mehr beim Netzbetreiber erforderlich. Bürger müssen ihre steckerfertige PV-Anlage ausschließlich im Marktstammdatenregister (MaStR) der Bundesnetzagentur anmelden – kostenfrei und innerhalb von vier Wochen nach Inbetriebnahme. Dabei gilt: Die Gesamtleistung der Module darf maximal 2000 Watt, die Wechselrichterleistung maximal 800 Watt betragen. Eine Leistungsbegrenzung bei höher dimensionierten Anlagen ist zwingend. Bei Mietwohnungen muss vorab die Zustimmung des Vermieters oder der Eigentümergemeinschaft eingeholt werden. Werden diese Grenzen überschritten oder zusätzliche Module später installiert, handelt es sich nicht mehr um ein Balkonkraftwerk – dann ist eine Anmeldung über einen Installateur beim Netzbetreiber erforderlich“, betont Holler.
Herausforderung fürs Stromnetz
Wie sehen die Stadtwerke in der Region die Entwicklungen in diesem Bereich? Wo liegen die Probleme? Was muss die Politik noch tun? Dazu erklärt Nina Holler vom Stadtwerk Tauberfranken: „Wir begrüßen die steigende Zahl an Balkonkraftwerken ausdrücklich – sie leisten einen wertvollen Beitrag zur Energiewende und zum dezentralen Ausbau erneuerbarer Energien. Gleichzeitig bringt der wachsende Zubau auch Herausforderungen für das Stromnetz mit sich: Sowohl große als auch kleine PV-Anlagen müssen sicher ins Netz integriert werden können. Dafür sind Netzausbau und Digitalisierung entscheidende Stellschrauben. Von der Politik wünschen wir uns grundsätzlich die richtigen Rahmenbedingungen für den dringend erforderlichen Netzausbau. Dazu gehören investitionsfördernde Entscheidungen, Bürokratieabbau und weniger Restriktionen. Dazu gehört auch Vertrauen in die Netzbetreiber.“
Aber auch die Deckelung der durch die Investitionen weiter steigenden Netzentgelte sei wünschenswert, ebenso wie verbindlichere Regelungen und automatisierte Prozesse, um eine vollständige und fristgerechte Registrierung sicherzustellen. Eine flächendeckende Sensibilisierung über Pflichten, Möglichkeiten und Risiken beim Betrieb von Balkonkraftwerken sei laut Holler auch ein Anliegen.
Preise deutlich gesunken
Was wird Bürgern geraten, die Interesse an einem Balkonkraftwerk haben? Was ist zu beachten? „Gerade für Mieter oder Eigentumswohnungbesitzer bietet sich eine Mini-PV Anlage ideal an, um einen eigenen Beitrag für die Energiewende zu leisten. Mieter sollten sich auf jeden Fall mit ihrem Vermieter oder Verwaltung in Verbindung zu setzen, bevor man die PV-Anlagen anbringt“, rät Geschäftsführer Thomas Beier von den Stadtwerken Wertheim. Auf Nachfrage der Fränkischen Nachrichten spricht er von „aktuell 212 gemeldeten Mini-PV Anlagen mit verbauten knapp 150 KWp“ im eigenen Versorgungsgebiet rund um Wertheim. Die Stromspeichertechnologie schreite immer weiter voran, so dass Solarpakete mit Speicher immer attraktiver würden, erklärt Beier weiter und er fügt noch an: „Die Preise haben sich in den letzten Jahren hier deutlich verringert.“ Von der Politik gelte es noch zu regeln, so Beier, ob herkömmliche Schutzkontakt-Steckdosen nun auch offiziell verwendet werden dürften oder ob die bisherige Regelung mit der Einspeisesteckdose beibehalten werde.
„In unserem Stromnetzgebiet, der Kernstadt Buchen und der Ortsteile Hainstadt und Hettingen, sind nach Marktstammdatenregister derzeit 163 Balkonkraftwerke installiert und in Betrieb. In diesem Jahr kamen 48 Balkonkraftwerke, also ca. 29 Prozent hinzu. Wir gehen davon aus, dass es eine Dunkelziffer von ca. 50 nicht gemeldeten Balkonkraftwerken gibt. Bei somit rund 213 Balkonkraftwerken mit 600 Watt und 800 kWh/a Erzeugung ergibt sich eine vermutliche Stromerzeugung von ca. 170.000 kWh/a. Das sind 0,3 Prozent unserer Netzabgabemenge“, teilt Andreas Stein, der Geschäftsführer der Stadtwerke Buchen und Walldürn, den FN auf Anfrage mit. Und er ergänzt zum Bereich Walldürn: „Bei den Stadtwerken Walldürn sind ca. 150 Balkonkraftwerke im Marktstammdatenregister bekannt. Hinzu kommt auch hier die Dunkelziffer.“
Matthias Gruber, der ebenfalls Geschäftsführer der Stadtwerke Buchen ist, erklärt, dass man keine Bedenken gegen den Einsatz von Balkonkraftwerken habe, „wenn diese den Vorschriften entsprechen – was bei billigen Importen nicht selbstverständlich ist – und diese mechanisch und elektrisch korrekt montiert beziehungsweise angeschlossen werden“. Nach der nötigen Meldung im Marktstammdatenregister prüfe man, ob ein Zählertausch auf einen Zweirichtungszähler notwendig sei, um eine ordnungsgemäße Einspeisung zu gewährleisten.
Beim Fachmann vor Ort kaufen
Gruber sagt weiter: „Unser Tipp ist, das Balkonkraftwerk bei einem zuverlässigen Lieferanten zu kaufen – am besten bei einem Elektrofachbetrieb vor Ort.“ Die eigenen Fähigkeiten bei der Montage gelte es, realistisch einzuschätzen und im Zweifelfall einen Fachbetrieb hinzuziehen. Ein vom Sturm losgerissenes Modul könne hohen Schaden anrichten. Unfälle bei Dacharbeiten seien zudem nicht auszuschließen und so könnte ein „billiges“ Balkonkraftwerk am Ende teuer werden. „Aber in vielen Fällen ist die Installation kein Hexenwerk. Dann ist ein Balkonkraftwerk in der Regel eine wirtschaftliche Investition, die der Energiewende hilft“, so Gruber.
Vonseiten des Stadtwerks Tauberfranken gibt es abschließend auch eine klare Warnung: „Eine nicht ordnungsgemäß gemeldete oder überdimensionierte Anlage kann rechtliche Folgen haben – Bußgelder bis zu 50.000 Euro sind laut Energiewirtschaftsgesetz möglich.“
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