Main-Tauber-Kreis. Die Zahl der Haushalte mit Vater, Mutter und Kindern nimmt ab, die der Alleinerziehenden steigt an. Das stellte Silvia Ziegler vom Jugendamt der Landkreisverwaltung dem Jugendhilfeausschuss mit dem Familienbericht für das Jahr 2021 vor. waren es 2013 3329 Minderjährige, die von einem Elternteil allein erzogen wurden, kletterte diese Zahl über die Jahre kontinuierlich nach oben und überschritt mit 4087 Minderjährigen im vergangenen Jahr erstmals die Marke von 4000. Ziegler schrieb diesen Fakt dem gesellschaftlichen Wandel zu, vermutete jedoch, dass dies bei vielen sicherlich kein Plan gewesen sei.
Eingangs erläuterte Ziegler die Bevölkerungsentwicklung, die sich recht stabil zeige und gar ein leichtes Plus aufweise. Grund sei eine deutliche Zunahme bei den Geburten sowie mehr Zu- als Wegzüge aus dem Kreisgebiet. Sei 2020 eine so hohe Geburtenrate wie seit vielen Jahren nicht mehr erreicht worden, zeige sich für 2021 eine Stagnation. Die Zahl der drei- bis sechsjährigen Kinder steige hingegen, was wichtige Planungszahlen für die Städte und Gemeinden für die Kindergarten- und Schulkindbetreuung bedeute.
Dass die Zahlen bei den Hilfen zur Erziehung gegenüber 2020 wieder gestiegen sind und mit einem Wert von 645 Hilfen den Stand von 2017 nahezu erreicht haben, zeige, dass viele Bedarfe während der Corona-Pandemie schlichtweg nicht gesehen worden seien. Silvia Ziegler rechnet allerdings mit einem weiteren Anstieg, wobei beim Jugendamt nach wie vor die Devise ambulant vor stationär gelte.
Mit Blick auf die Pandemie stellte sie fest, dass vor allem Kinder und Jugendliche aus stabilen Verhältnissen diese Krise gut überstanden hätten. Kinder, die in sozial benachteiligten Familien mit einem niedrigen Bildungsabschluss, am Rande der Armutsgrenze, mit Migrationshintergrund oder in einem Alleinerziehendenhaushalt aufwüchsen, erlebten größere Belastungen. Dazu gehörten Lernschwierigkeiten, Angststörungen oder depressive Symptome. Zudem bestimmten neue Krisen, wie die Energie-, die Klima- oder die Ukrainekrise den Alltag, die Kinder verunsicherten. Sorgen der Eltern übertrügen sich zudem auf den Nachwuchs.
„Übergänge vom Kindergarten in die Schule oder von der Schule in die Ausbildung zu meistern, wird immer schwieriger“, beschrieb Silvia Ziegler die neuen Anforderungen an Erzieher, Lehrer und an die Sozialarbeit.
Als Folgerungen für die Jugendhilfe im Main-Tauber-Kreis kristallisierte Ziegler einen Fokus auf die Jugendarbeit heraus. Viele Kinder hätten während der Pandemie auf die so wichtigen Gruppenerlebnisse verzichten müssen, weshalb ihnen viele Erfahrungen fehlten. Hier gelte es anzusetzen und im intensiven Zusammenwirken aller Beteiligten im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe Angebote zu etablieren. Es müssten Räume zur Entwicklung und Entfaltung geschaffen werden, in denen sich Familien treffen können, um sich auszutauschen und zu wachsen. Zudem gelte es, präventive und niederschwellige Angebote für Kinder und Jugendliche bereitzustellen. Auch die Ausbildung und Rekrutierung pädagogischer Fachkräfte nannte sie als wichtiges Ziel.
Das Thema Fachkräftemangel und wie man diesem begegnen könne, beschäftigte etliche Kreisräte in der anschließenden Fragerunde. Ziegler machte deutlich, dass die Wertigkeit sozialer Berufe herausgestellt und junge Menschen motiviert werden könnten, in diesem Bereich zu arbeiten. Außerdem stelle eine bessere Bezahlung sicherlich einen nicht zu unterschätzenden Anreiz dar. Werner Fritz, Geschäftsführer Jugendhilfe Creglingen, sprach sich für Arbeitsbedingungen aus, die Lust auf eine sinnvolle Arbeit machen. Wolfgang Pempe, Geschäftsführer des Diakonischen Werks Main-Tauber-Kreis, merkte an, dass gerade Projektstellen im sozialen Bereich häufig befristete seien. „Da hat man schlechte Karten, kompetente Menschen zu finden, so Pempe.
Sozialdezernentin Elisabeth Krug rief dazu auf, im Engagement für junge Menschen im Landkreis nicht nachzulassen. Für entsprechende Hilfen seien Haushaltsmittel bereitzustellen. hvb
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