Leuchtturmprojekte entstehen

Mehr Bio vom Acker bis zum Teller: Main-Tauber-Kreis treibt Musteregion voran

Mit einem klaren Ziel vor Augen – 30 Prozent Öko-Fläche bis 2030 – setzt die Bio-Musterregion Main-Tauber-Kreis konkrete Maßnahmen für eine nachhaltige Landwirtschaft um. Projekte wie hofnahe Schlachtung, Bio-Events oder ein eigenes Regionallogo stärken Bio-Produzenten und fördern das Bewusstsein für regionale Wertschöpfung.

Von 
Michael Weber-Schwarz
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Zahlreiche Gäste informierten sich auf der Lebensmittelmesse Meet & Greet in der Tauberphilharmonie in Weikersheim. Im Rahmen der Messe wurden vier Betriebe mit dem Qualitätssiegel „Bio-Region Main-Tauber-Kreis“ ausgezeichnet. Dazu gratulierten Landrat Christoph Schauder (Bildmitte) und Erster Landesbeamter Florian Busch. © Landratsamt

Main-Tauber-Kreis. Seit Oktober 2021 ist der Main-Tauber-Kreis „Bio-Musterregion“. Das Ziel ist, die biologische Landwirtschaft im Kreis zu stärken und deren Akteure zu vernetzen. Der Anteil ökologisch wirtschaftender landwirtschaftlicher Betriebe und folglich auch ökologisch bewirt-schafteter Flächen soll gesteigert werden. Gleichzeitig sollen Wertschöpfungsketten auf- und ausgebaut werden und die Wertschöpfung in der Region verbleiben.

Dies kann hauptsächlich durch engagierte Erzeuger, Verarbeiter, Vermarkter und Verbraucher direkt vor Ort passieren. Für all diese Akteure ist das Regionalmanagement der Bio-Musterregion Main-Tauber-Kreis zentraler Ansprechpartner mit Vernetzungsfunktion, so das Landratsamt.

Mittlerweile blickt die Bio-Musterregion auf ereignisreiche vier Jahre zurück. In der Ausgangsbewerbung wurden eine ganze Reihe an Zielen mit den dazugehörigen Maßnahmen definiert. Aus fast jedem Bereich wurden bis jetzt Projekte umgesetzt und Ziele erreicht.

Regionalmanagement ist Ansprechpartner für Landwirte und Betriebe

Das Regionalmanagement sieht sich als wichtiger Ansprechpartner für die Landwirtinnen und Landwirte im Main-Tauber-Kreis. Das Erreichen der Landesziele, bis zum Jahr 2030 mindestens 30 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Baden-Württemberg ökologisch zu bewirtschaften, steht und fällt mit den Betrieben, die willens und in der Lage sind, erfolgreich ökologisch zu arbeiten.

Informationsveranstaltungen für diese Zielgruppe und die Bildung zur ökologischen Landwirtschaft sind daher essenzielle Aufgaben der Bio-Musterregion. Die Themen „Anbau und Vermarktung von Leguminosen“, „Bio-Schweinehaltung, Ferkelerzeugung und Mast“, „Mechanische Unkrautbekämpfung“, „Untersaat im Rapsanbau“, „Pflanzenschutz für Öko-Betriebe“ und diverse weitere Ackerbauthemen sind nur einige Beispiele, welche in den vergangenen Jahren bereits intensiv im Rahmen von Feldtagen und Online-Veranstaltungen behandelt und von den Betrieben gerne angenommen wurden.

„Der ökologische Landbau bringt vielfältige Herausforderungen für jeden landwirtschaftlichen Betrieb mit. Eine sinnvolle Fruchtfolge, erfolgreiches Unkrautmanagement und die wirtschaftliche Vermarktung der Erzeugnisse sind nur drei der Herausforderungen, welchen sich die Betriebe tagtäglich stellen müssen. Wir stehen hier gerne mit Rat und Tat allen zur Seite, die ihren Betrieb ökologisch bewirtschaften oder über eine Umstellung nachdenken“, erklärt Stefan Fiedler, Regionalmanager der Bio-Musterregion Main-Tauber-Kreis. Er selbst sowie seine Kollegin Manuela Schnurr sind aktive Landwirte und bewirtschaften ihre Betriebe ökologisch. Beide teilen sich die Stelle im Regionalmanagement.

Hofnahe Schlachtung: Weg für mehr Tierwohl und Fleischqualität

Dass die Bio-Musterregion eine wichtige Vernetzungsfunktion zwischen den Akteuren in der biologischen Landwirtschaft einnimmt, zeigt das Projekt „Mobile Schlachteinheit für den Main-Tauber-Kreis“. So unterstützte das Regionalmanagement maßgeblich bei der Gründung der „Regio-Trumpf GbR“. Diese hat die stressfreie, tierwohlorientierte Schlachtung von Weiderindern in ihrem Herkunftsbetrieb zum Ziel.

Bei einem von der Bio-Musterregion initiierten Treffen der Weidetierhalter aus dem Main-Tauber-Kreis fand sich eine Gruppe von sieben Bio-Rinderhalten und einem Metzger zusammen, die das Thema „teilmobile Schlachtung“ vorantreiben wollte. Bereits kurze Zeit später wurde von der neu gegründeten Regio-Trumpf GbR eine teilmobile Schlachteinheit angeschafft. Das Regionalmanagement unterstützte bei der Beantragung von Fördergeldern für dieses Projekt.

„Die hofnahe Schlachtung von Rindern gewinnt zunehmend an Bedeutung. Sie verbessert sowohl das Tierwohl als auch die Fleischqualität. Auch Kunden fragen vermehrt danach. Meine Tiere sind den täglichen Umgang mit mir gewohnt und wachsen artgerecht in vertrauter Umgebung auf. Jedoch merken sie schnell, wenn man nicht routinemäßig zum Füttern oder der Tierkontrolle kommt. Speziell beim Be- und Entladen der Tiere kann es gefährlich werden. Sie bekommen Angst und das verursacht Stress. Wir arbeiten das ganze Jahr für unsere Tiere und ermöglichen ihnen eine umfassend artgerechte Haltung. Es ist nur eine logische Konsequenz, dass wir ihnen den Stress beim Verladen und den Transport zum Schlachthof ersparen wollen“, erläutert Gerd Bayer, einer der Gesellschafter der Regio-Trumpf GbR.

Vermarktung der vielfältigen bio-regionalen Produkte

Aber auch die Aufklärung und Information der Bevölkerung, die Schaffung von Bewusstsein für ökologisch erzeugte Produkte sowie das Bekanntmachen der vielfältigen Bio-Produkte aus dem Main-Tauber-Kreis bei den Verbrauchern sind ebenso wichtige Aspekte der Arbeit der Bio-Musterregion.

Eine Veranstaltung mit sehr großer Breitenwirkung ist die von der Bio-Musterregion erstmals im Jahr 2023 in der Wandelhalle in Bad Mergentheim angebotene Verbrauchermesse „Meet & Greet Direktvermarktung“. Nach der erfolgreichen Premiere wurde die Messe in den darauf folgenden Jahren im Kloster Bronnbach und in der Tauberphilharmonie in Weikersheim wiederholt und hat sich mittlerweile bei den Verbrauchern und den teilnehmenden Erzeugern etabliert. Auch im Jahr 2026 soll es wieder eine Direktvermarkter-Messe geben.

Das Konzept sieht vor, am Vormittag (System-)Gastronomen, Bäckern, Metzgern sowie allen inhabergeführten Einzelhändlern im Main-Tauber-Kreis die Möglichkeit zu geben, direkten Kontakt zu den Produzenten und den Verarbeitern/Vermarktern aufzunehmen. Es können Produkte verkostet und es kann sich über eine künftige Zusammenarbeit ausgetauscht werden.

Mehrere hundert Besucher nutzten das kostenfreie Veranstaltungsformat regelmäßig am Nachmittag, um sich über das vielfältige Angebot der regionalen Direktvermarkter zu informieren, Kostproben zu versuchen und natürlich auch die regionalen Produkte zu erwerben.

Brücke zwischen Produzent und Konsument

Mit dieser Veranstaltung kann eine Brücke zwischen Produzenten und Konsumenten aus der Region geschlagen werden. Es wird dabei deutlich, dass biologische Produktion, kurze Transportwege sowie eine artgerechte Tierhaltung aktuelle Fokusthemen der Verbraucherin-nen und Verbraucher sind. Auf Grund der Messe konnten unter anderem einige Produkte in den Naturkostfachmärkten des familiengeführten regionalen Biovermarkters „Beerenbauer“ platziert werden. Auch neue Geschäftsbeziehungen zwischen Anbauern und Gastronomen wurden geschlossen.

Ein wichtiges Versprechen beim Start des Projekts Bio-Musterregion war der verstärkte Einsatz regionaler Bio-Lebensmittel in den Kochworkshops des Landwirtschaftsamtes für die Verbraucher aus der Region. Dieses Versprechen wurde gerne gehalten und so werden mittlerweile überwiegend bio-regionale Lebensmittel verkocht. Die Teilnehmer erleben so die Vielfalt und die Qualität der regionalen Bio-Erzeugnisse hautnah.

Als weiterer Schwerpunkt wurde 2025 mit dem kulinarischen Event „NaturVeredelt“ ein regionales Bio-Dinner ins Leben gerufen. Auf die Teilnehmenden wartete ein Vier-Gänge-Menü mit hochwertigen und vielfältigen Bio-Produkten aus der Region. „Veredelt“ wurden die Lebensmittel von regionalen Spitzenköchen. Die passenden Getränke, wie regionaler Bio-Wein und Bio-Bier, rundeten die Genussreise durch den Main-Tauber-Kreis ab.

Die Gäste lernten die landwirtschaftlichen Betriebe hinter den Produkten kennen und erfuhren mehr über die ökologische Landwirtschaft in der Region. Auch die Vernetzung zwischen Gastronomie und Landwirtschaft wird in diesem Projekt erfolgreich umgesetzt. Das Bio-Dinner soll Anfang 2026 wieder stattfinden.

Das Regionallogo „Bio-Region Main-Tauber-Kreis“

Um regionale Bio-Produkte entsprechend kennzeichnen zu können und für den Verbraucher leicht sichtbar zu machen, wurde das Regionallogo „Bio-Region Main-Tauber-Kreis“ entwickelt. Produkte dürfen nur nach bestimmten Voraussetzungen das Logo tragen. Die Vergabekriterien müssen transparent für alle ersichtlich sein, damit die Kunden ihre Kaufentscheidung nach dem Motto „Regional – Biologisch – Wertvoll“ treffen können. Produkte, welche die strengen Vergabekriterien (angelehnt an das Bio-BW Zeichen) erfüllen, dürfen das Logo tragen und können gemeinsam beworben werden. So können regionale Bio-Lebensmittel etabliert und kann langfristig der Absatz erhöht werden. Dem Verbraucher bietet das Zeichen eine gute Orientierung, um bei der Vielfalt an Produkten gezielt nach Bio-Produkten aus der Region greifen zu können.

Mit dem Qualitätssiegel der Bio-Region Main-Tauber-Kreis sind bereits die naturtrübe Apfelschorle „Tauberländer Bio-Apfelspritzer“ der Tauberländer Bio-Streuobstwiesen e.V. aus Königheim (dieser wird seit Produkteinführung bei Besprechungen im Landratsamt Main-Tauber-Kreis bereitgestellt), der Lupinenkaffee „Lupino“, Apfelsaft sowie Falafel aus Platterbsen vom Bioland-Hof Klein aus Wertheim-Sachsenhausen, die Kartoffeln und das Kohlgemüse vom Johannshof Stattelmann aus Igersheim-Bowiesen, die Rosensaftprodukte sowie das Rosenblütenmus vom Rosenhof Schneider aus Creglingen, der Wein und der Traubensaft vom Ökologischen Land- und Weinbau Seitz aus Königheim, das Bier von der Derr Hof-Biobrauereiaus Igersheim-Holzbronn, Wein, Belugalinsen, Rapsöl und Goldhirse vom Hofgut Grimm aus Külsheim sowie der Honig von Imker Franz Mezger aus Deubach (Lauda-Königshofen) ausgezeichnet.

„Alle Bio-Erzeuger aus dem Main-Tauber-Kreis, welche sich mit ihren Produkten ebenfalls für das Regionallogo bewerben möchten, dürfen sich gerne an uns wenden. Wir arbeiten aktuell stark daran, das Siegel auf dem Markt noch bekannter zu machen und so einen echten Mehrwert für alle ausgezeichneten Betriebe zu bieten“, so Regionalmanagerin Manuela Schnurr. „Wir freuen uns über jeden engagierten Erzeuger, Verarbeiter oder Verbraucher, der mit seinen Ideen auf uns zukommt und unterstützen, wo wir nur können – für mehr Bio aus und für unsere Region“.

Ein Blick auf die Tauber-Region

Der Main-Tauber-Kreis, als nördlichster Landkreis in Baden-Württemberg, umfasst eine Fläche von 130.413 Hektar. Der dünn besiedelte Landkreis ist stark landwirtschaftlich geprägt. Angebaut werden, je nach Bodengüte und Lage, hauptsächlich Winterweizen und -gerste, Raps, Sommergerste, Mais und Zuckerrüben. An den Hängen des Taubertals gedeiht Wein.

Zu Beginn des Projekts „Bio-Musterregion“ im Jahr 2020 lag der Anteil ökologisch wirtschaftender Betriebe mit 9,5 Prozent (180 Betriebe) etwas über dem Landesdurchschnitt von 8,9 Prozent. Sie bewirtschafteten 11,3 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen im Kreis. Wirft man einen Blick auf die Zahlen von 2023, lässt sich ein positiver Trend beobachten: Der Anteil der Bio-Betriebe ist auf 12,2 Prozent (198 Betriebe) gestiegen und liegt weiterhin über dem Landesdurchschnitt von 11,1 Prozent. 14,2 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen werden von diesen Betrieben ökologisch bewirtschaftet.

Bis zum Jahr 2030 sollen 30 bis 40 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Baden-Württemberg ökologisch bewirtschaftet werden. Dieses ambitionierte Ziel hat sich das Land Baden-Württemberg im Rahmen des Biodiversitätsstärkungsgesetzes auf die Fahnen geschrieben.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Bad Mergentheim

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