Gastronomie und Hotellerie im Main-Tauber-Kreis - Reaktionen auf neue Corona-Landesverordnung abgefragt / Personalsorgen und vorsichtige Vorfreude auf die Festtage

Main-Tauber-Kreis: Weniger Weihnachtsgänse auf dem Tisch

„Große Familien-, Firmen- oder Weihnachtsfeiern werden bisher zurückhaltend geplant“, weiß der Dehoga-Kreisvorsitzende zu berichten, aber auch, dass die Angst vor einem erneuten Lockdown im Winter stark gesunken ist.

Von 
Sascha Bickel
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Eine Tafel mit der Aufschrift „Innengastronomie – nur 2G – geimpft oder genesen“ steht in diesem Gasthaus. Hier erhalten nur Gäste Zutritt, die gegen das Coronavirus geimpft oder vom Virus nachweislich genesen sind. Der Dehoga-Kreisvorsitzende rechnet nicht damit, dass viele Gaststätten im Landkreis dies anwenden werden. © dpa

Main-Tauber-Kreis. Die Landesregierung hat eine neue Corona-Verordnung erlassen, die nicht nur den Fastnachtsvereinen mehr Planungssicherheit gibt, sondern auch der Gastronomie und Hotellerie. Die Redaktion sprach mit dem Vorsitzenden des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) im Main-Tauber-Kreis, Frank Bundschu, darüber und über das bevorstehende Weihnachtsfest.

Wie sieht es mit den Reservierungen großer Familien-Essen an den Festtagen im Dezember aus?

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Von
Klaus T. Mende
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Frank Bundschu: Nachdem nun keine Angst, vor einer erneuten Schließung im Winter durch die neue Corona-Landesverordnung, mehr besteht, laufen die Reservierungen für die Weihnachtszeit an. Das Angebot aufseiten der Gastronomie wird sicherlich, wie in den zurückliegenden Wochen, begrenzter sein. Ein weiteres Problem könnte die Verfügbarkeit von Lebensmitteln werden, da die Produktion in weiten Teilen der Zulieferer, ebenfalls aus Angst vor einer neuen Schließung, zurückgefahren wurden. Weihnachtsgänse müssen eben im Frühjahr und Sommer heranwachsen, um sie an Weihnachten zu braten.

Große Familien-, Firmen- oder Weihnachtsfeiern werden bisher zurückhaltend geplant, hier überwiegt wohl die Vorsicht. Auch die Unsicherheit aufgrund der Veränderungen in den Verordnungen mag ein Grund sein, dass größere Veranstaltungen zurückhaltend organisiert werden.

Ist die Corona-Krise in der Gastronomie nun überwunden? Mit welchem Gefühl gehen Sie in die Wintermonate?

Frank Bundschu: Nein, überwunden ist die Corona-Krise sicherlich noch nicht. Auch wenn nach dem langen Lockdown im Winter und Frühjahr, vier turbulente Monate hinter uns liegen. So schnell wie wir im vergangenen Herbst ausgebremst wurden, so schnell ging es im Sommer wieder los. Traditionell sind die Wintermonate schwächer ausgelastet, diese stehen uns nun bevor.

Vor erneuten Schließungen hat die Branche wie bereits gesagt keine Angst, das ist wohl sehr unwahrscheinlich. Allerdings sind sowohl das Kurzarbeitergeld als auch die staatlichen Hilfen noch nicht abschließend geprüft. Da die Regelungen zum Teil rückwirkend geändert wurden, besteht weiter Unklarheit, ob die Unterstützungen den Unternehmen zustehen oder nicht. Damit besteht die Möglichkeit, dass Teile zurückbezahlt werden müssen.

Wie stehen die Gastronomiebetriebe und Hotels im Landkreis da?

Bundschu: Nach meiner Erkenntnis sind die Betriebe, dank der staatlichen Unterstützung, weitestgehend gut durch die Krise gekommen. Alle mussten deutliche Einbußen und Verluste hinnehmen, aber wir haben es bis hierher überlebt. Hier gilt ein klarer Dank an die Politik für die Hilfsmaßnahmen.

In den Sommermonaten konnten die Betriebe im Main Tauber Kreis die Gästeanfragen häufig nicht ausreichend bedienen. Von 150 auf 0 ausgebremst und im Juni wieder von 0 auf 150 beschleunigt, das geht eigentlich nicht.

Die Region hat von zwei Faktoren profitiert, zum Einen ist die Tourismusregion gut aufgestellt und für den Deutschlandurlaub attraktiv. Zum Zweiten haben auch die Bürger wieder große Lust Essen zu gehen und sich in der Gastronomie zu treffen. Das Wohnzimmer haben alle lange genug gesehen.

Was sagen Sie und Ihre Mitglieder zur neuesten Landesverordnung?

Bundschu: Im regelmäßigen Rhythmus von vier Wochen gibt es neue Verordnungen. Auch wenn die Anpassungen als Erleichterungen gedacht sind, erhöhen die nun gegebenen Möglichkeiten die Verwirrung bei Gastronomen und Gästen. Dies führt leider zu unterschiedlichen Auslegungen auf beiden Seiten. Da die Anlässe, für den Besuch in der Gastronomie, sehr vielfältig sind, Essen gehen, Familienfeiern, Betriebsversammlungen, Tagungen, Sitzungen von Vereinen, privater oder geschäftlicher Anlass, etc, stellt sich immer die Frage: Was gilt nun?

Werden viele Betriebe 2G anwenden?

Bundschu: Das neu eingeführte Optionsmodell „2G“ ist nicht die Lösung für die klassische Gastronomie, da hier am Tisch die Masken sowieso nicht getragen werden. Da wir froh sind endlich wieder Gäste zu begrüßen, wird wohl kaum ein Gastronom auf die Idee kommen die Gäste durch „2G“ einzuschränken. Anders sieht dies bei Veranstaltungen, Betriebsfeiern, großen Versammlungen oder Tagungen aus.

Aber auch für Clubs oder Bars mag die Möglichkeit für einen normalisierten Geschäftsbetrieb sorgen. Hier könnte das Optionsmodell Klarheit und damit Vereinfachung schaffen. So genannte „Nichtimmunisierte“ würden dann ausgeschlossen. Hier ist aber nicht der Gastronom in der Verantwortung, sondern der Veranstalter und dies ist der Gastgeber beziehungsweise Organisator einer solchen Veranstaltung.

Was ist zu den verpflichtenden Testungen der ungeimpften Mitarbeiter zu sagen, die im direkten Kundenkontakt stehen?

Bundschu: Bei den Mitarbeiterregelungen haben sich die Verordnungen in eine Sackgasse entwickelt. Man darf nicht fragen, wer geimpft ist. Mitarbeiter müssen die Arbeitgebertests nicht annehmen, sie müssen aber für sich dokumentieren, dass sie sich testen lassen und vorsichtshalber müssen dann alle Mitarbeiter weiterhin eine Maske tragen.

Hier fordert die Branche schnelle Änderungen, für geimpfte Mitarbeiter muss das gleiche Recht bestehen, wie für die Gäste.

Wie steht es überhaupt um die Personalsituation?

Bundschu: Die Personalsituation war vor der Krise schon schwierig und ist aktuell sehr kritisch. Allerdings ist das Problem mehrschichtig. Aushilfen, also geringfügig Beschäftigte Mitarbeiter, waren schon vor der Krise das Rückgrat der Gastronomie, um Spitzenzeiten mit Mitarbeitern abzudecken. Hier waren viele Mütter, Studierende, Mitarbeiter, die sich durch einen Nebenjob Geld hinzuverdient haben. All diese konnten in der Krise nicht beschäftigt werden und hatten keine Unterstützung durch die Kurzarbeit. Als logische Konsequenz wurden diese Mitarbeiter an andere Branchen verloren. Darüber hinaus gab es eine natürliche Fluktuation, wie Wegzug, Umorientierung oder Schwangerschaft. Zuletzt muss man auch sehen, dass mit Neueinstellungen die Kurzarbeitsmöglichkeit für die bestehenden Mitarbeiter gefährdet wird. Viele Unternehmer hatten in den Sommermonaten Angst vor dem Winter und haben daher Neueinstellungen zurückgestellt. Sicherlich würden aktuell alle Betriebe Mitarbeiter einstellen.

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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