Abschied und Neuanfang bestimmten die konstituierende Sitzung des Kreistags am Mittwoch im Bad Mergentheimer Kursaal. Auf 35 Jahre Engagement blickte Manfred Schaffert zurück und erhielt für seine teils launigen Worte „Standing Ovations“.
Main-Tauber-Kreis. Ein feierlicher Rahmen war gewählt worden, um ausscheidende Kreistagsmitglieder zu ehren und das neue Gremium zu verpflichten. Schüler der Städtischen Jugendmusikschule Bad Mergentheim unter der Leitung von Hubert Holzner sorgten für den richtigen Ton bei der musikalischen Umrahmung. Ein Wahlmarathon zur Besetzung der Ausschüsse und Gremien blieb aus, hatten sich die Fraktionen doch zuvor einvernehmlich geeinigt.
Arbeitsreiche Zeit
So standen die Rede des Landrats und die des ausgewiesenen Haushaltsexperten Manfred Schaffert im Mittelpunkt. Landrat Christoph Schauder blickte auf die zurückliegende Periode des zehnten Kreistags zurück, die er als sehr arbeitsintensive und spannende Zeit bezeichnete. Stolz mache ihn, dass ein vertrauensvolles Miteinander aufgebaut wurde, das sich bereits sechs Wochen nach seinem Amtsantritt bei der Verabschiedung des Nachtragshaushalts gezeigt habe. Das Fundament zur Finanzierung der mit 46,5 Millionen Euro größten Investition in der Geschichte des Main-Tauber-Kreises – der Sanierung des Beruflichen Schulzentrums Wertheim – wurde damals gelegt.
In den vergangenen fünf Jahren habe der Kreistag 32 Mal getagt und dabei 581 Tagesordnungspunkte bearbeitet. Außerdem fanden 50 Ausschusssitzungen mit 520 zu behandelnden Themen statt. Erschwerend in der vergangenen Legislaturperiode kam die Corona-Pandemie hinzu. Dennoch habe das Gremium mit seinen Entscheidungen vieles in strukturierte Bahnen gelenkt.
„Der steigende Sozialetat, der aus gesetzlichen Vorgaben resultiert, hat sich wie ein roter Faden durch die zurückliegende Kreistagsperiode gezogen“, so der Landrat mit Blick auf den größten Haushaltsblock. Hier habe die Einführung des Bundesteilhabegesetzes das Gremium beschäftigt. Als freiwillige Leistungen wurden die Windelkonzeption und eine neue Förderung der Familienzentren auf den Weg gebracht.
Investiert worden sei in den Neubau der Straßenmeisterei Külsheim, in den Abbau des Sanierungsstaus bei den Kreisstraßen, weshalb die Mittel dauerhaft auf 1,8 Millionen Euro pro Jahr aufgestockt wurden. Auch dem Radwegebau werde Beachtung geschenkt. Beim Thema Mobilität nannte er auch die Frankenbahn, bei der die dauerhafte Verstetigung auf den Stundentakt im Dezember 2023 Realität wurde.
Zurückhaltung gewahrt
Beim Thema Rotkreuzklinik Wertheim unterstrich der Landrat, dass der Landkreis nie am Insolvenzverfahren beteiligt gewesen sei und deshalb „bis zu einem gewissen Punkt als ,Außenstehender’ Zurückhaltung wahren“ musste. Mit dem Grundsatzbeschluss für eine finanzielle Unterstützung im Frühjahr habe der Kreistag allerdings die grundsätzliche Bereitschaft des Landkreises zur Hilfe signalisiert.
„An dieser Stelle ist es wichtig zu betonen, dass Sie Kurs gehalten haben“, beschrieb er die Haltung des Kreistags. Der Landkreis habe immer mit offenen Karten gespielt und deutlich aufgezeigt, was möglich ist und wo es rechtliche Grenzen gibt. Schauder: „Insbesondere bei emotionsbehafteten Themen sollte auch auf die Rhetorik geachtet werden.“
Demokratisches Miteinander
Dem neu gewählten Kreistag gab er mit auf den Weg, dass die Arbeit im Gremium oft mit Entscheidungen der großen Politik in Brüssel, Berlin oder Stuttgart zusammenhänge. Die Lebenswirklichkeit spiele sich allerdings vor Ort ab. Er plädierte für eine „unaufgeregte Zusammenarbeit mit Ruhe und Besonnenheit“, die Orientierung an Machbarem und für ein gutes demokratisches Miteinander, auch wenn es zu Kontroverse kommt. Anstehende Projekte, wie die weitere Sanierung von Bildungseinrichtungen oder Bahnhaltepunkten stünden bereits auf der Agenda.
„Kommunalpolitik war und ist für mich angewandte Liebe zum Leben und zur Heimat“, begründete Manfred Schaffert sein jahrzehntelanges Engagement in der Kreispolitik. Kreisräte schauten nicht einfach nur zu, sondern stellten sich der Wirklichkeit und zeigten neben Demut vor der Aufgabe auch Mut zu Veränderungen.
Als langjähriger Fraktionsvorsitzender hob er die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Fraktionsspitzen bei teilweise stundenlangen Zusammenkünften und Diskussionen hervor. Er erinnerte an die vielen Herausforderungen, die es in seinen 35 Jahren zu meistern galt: Mauerfall und Wiedervereinigung, bei der der Main-Tauber-Kreis den Aufbau einer funktionierenden Verwaltung im Landkreis Bautzen auch personell unterstützte.
Von Anfang an begleitet habe Schaffert auch die Bronnbacher Klosteranlage, der im Laufe der Jahre wieder kirchliches, kulturelles, wissenschaftliches und touristisches Leben eingehaucht wurde. Die Sanierung von Orangerie und Bursariat I zum Zweck der Ansiedlung von Gastronomie und Hotellerie sei allerdings bitter geendet. Der gewährte Zuschuss der Landesstiftung hätte letztlich zurückgezahlt werden müssen, weil die Nutzung nicht dem Stiftungszweck entsprochen habe.
Schafferts Parforceritt durch die Jahrzehnte machte auch vor dem Thema Abfallwirtschaft nicht Halt, mit dem sich der Kreistag Anfang der 90er Jahre ausgiebig zu beschäftigen hatte. Fragen der Verbrennung und der Veredelung von Biomüll zu Kompost sind längst erledigt. Weitere wichtige Aspekte waren der ÖPNV, der Breitbandausbau und die Gesundheitsversorgung. Zu letzterer meinte Schaffert: „Wir können uns glücklich schätzen, den Weg mit der Gesundheitsholding beschritten haben.“
Positives Resümee
Insgesamt fiel sein Resümee durchaus positiv aus, denn er bescheinigte dem Gremium, eine generationengerechte und verantwortungsbewusste Investitionspolitik betrieben zu haben.
Ehrungen
Letztlich standen die Ehrungen an. Die Verdienstmedaille in Gold des Landkreistags Baden-Württemberg für 40-jährige Mitgliedschaft hat Rainer Moritz erhalten. Die silberne für 30-jährige Mitgliedschaft erhielten Ottmar Dürr und Jochen Flasbeck. Für ihre 20-jährige Mitgliedschaft haben Klaus Kornberger, Thomas Kraft, Albrecht Rudolf, Hubert Sadowski, Wolfgang Stein und Wolfgang Vockel die Verdienstmedaille in Bronze des Landkreistages erhalten.
Zudem verabschiedete Landrat Christoph Schauder die Mitglieder des zehnten Kreistages Manfred Schaffert, Tillmann Zeller (beide 35 Jahre Mitgliedschaft), Ottmar Dürr (30 Jahre), Elmar Haas, Klaus Wunderlich (beide 25 Jahre), Klaus Kornberger, Albrecht Rudolf, Hubert Sadowski, Wolfgang Stein und Wolfgang Vockel (alle 20 Jahre) mit der goldenen Ehrennadel des Landkreises.
Mit der silbernen Ehrennadel des Landkreises ausgezeichnet und verabschiedet wurden des Weiteren Christian Kremer (15 Jahre), Hans Hartung, Dietmar Hofmann, Ute Schindler-Neidlein, Thomas Schreglmann sowie Dr. Gerti Willfarth (alle zehn Jahre).
Für die zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger geleistete Arbeit dankte Landrat Christoph Schauder den scheidenden Kreistagsmitgliedern Brigitte Kohout, Rosemarie Lux, Heike Naber, Anette Schmidt, Birgit Väth, Gudrun Weiske (alle fünf Jahre) sowie Adelheid Schuster (drei Jahre).
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