Deutscher Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga)

Hotels aus Main-Tauber-Kreis schließen sich Sammelklage an

25 europäische Hotelverbände verklagen das bekannte Online-Buchungsportal Booking.com. Auch Hoteliers aus dem Main-Tauber-Kreis beteiligen sich.

Von 
Sascha Bickel
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Gegen das Online-Buchungsportal Booking.com gibt es eine Klagewelle in Europa. © picture alliance/dpa

Tauber-Odenwald. „15.000 Hotels schließen sich der Klage gegen das bekannte Online-Buchungsportal Booking.com an.“ Das meldete die ARD-Tagesschau Ende August. Bei der Klage geht es laut Experten um so genannte Bestpreisklauseln, die das niederländische Unternehmen Booking.com seit 2004 angewandt hatte. Sie untersagten Hotels, ihre Zimmer auf der eigenen Internetseite preiswerter anzubieten. Die FN hakten nach und erfuhren, dass sich auch mehrere Hoteliers der Region an der Sammelklage beteiligen.

Im Interview mit der Redaktion erklärt Frank Bundschu, der Dehoga-Vorsitzende für den Main-Tauber-Kreis, die Entwicklungen, Sorgen und Nöte in der Hotelbranche.

Herr Bundschu bitte erklären Sie kurz, welche Leistung Booking.com für ein Hotel erbringt?

Frank Bundschu: Mit der Digitalisierung hat die Vermarktung von Hotelübernachtungen über das Internet den Vertrieb in der Hotellerie stark verändert. Wo früher telefoniert, gefaxt oder ein Brief geschrieben wurde, wird heute über Buchungsplattformen gebucht. Verfügbare Hotelzimmer und Zimmerpreise werden vom Hotelier über Onlineverbindungen direkt aus dem Hotelcomputer an Vertriebspartner zur Verfügung gestellt. Potenzielle Gäste können so weltweit und ohne zeitlichen Verzug direkt im Hotel buchen.

Was sich aufs Erste einfach anhört, ist in der Realität durchaus kompliziert, da verschiedene Anbieter die Daten speichern, bearbeiten und weitergeben. Booking.com hat sich in den vergangenen Jahren zu einem vermeintlich unverzichtbaren Partner in der Hotelbranche entwickelt.

Welche Geschichte liegt der Sammelklage, die beim zuständigen Gericht in Amsterdam eingereicht wird, zugrunde?

Bundschu: Booking.com hat über viele Jahre versucht, Hoteliers mit den „allgemeinen Geschäftsbedingungen“ dazu zu zwingen, „Ratenparität“ einzuhalten. Also für Booking.com die gleichen Preise anzubieten, wie an der Hotelrezeption oder auf der Hotel-Website. Hierzu muss gesagt werden, dass eigentlich alle Vertriebsplattformen 15 bis 20 Prozent Vermittlungsprovision, aus dem gebuchten Umsatz, in Rechnung stellen. Aus Sicht der Hoteliers ist das Argument klar. Teurer Vertriebsweg – höhere Verkaufspreise.

Worum geht es jetzt bei der aktuellen Klage? Was wirft man Booking.com vor?

Bundschu: Die Hotellerie wirft Booking.com vor, jahrelang zu niedrige Preise erzwungen zu haben und das zu Unrecht. Den Hoteliers ist hieraus ein Vermögensschaden, aus entgangenen Gewinnen, entstanden.

Wie ist der aktuelle Stand in diesem Streit nach Ihrer Kenntnis?

Bundschu: Bereits 2015 hat das Bundeskartellamt und letztendlich 2024 der Europäische Gerichtshof der Hotellerie recht gegeben, dass die „Best-Price-Klausel“ gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstößt.

Aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs geht unmittelbar hervor, dass allen europäischen Hotels, die sich seinerzeit über Booking.com vermarktet haben, Schadenersatz zusteht. Dieser wird nun eingeklagt.

Wie geht es weiter?

Bundschu: Aktuell verklagen 25 europäische Hotelverbände, in einer Sammelklage, Booking.com auf entgangene Gewinne. Die Klage wird in den Niederlanden geführt, da dort der europäische Sitz von Booking.com ist.

Wie viele Hoteliers aus der Region haben sich nach Ihrem Wissen der Sammelklage angeschlossen?

Bundschu: Die Anmeldung zur Sammelklage erfolgte über eine Online-Plattform. Dort haben sich bis Ende August mehr als 15.000 Hotels registriert. Eine konkrete Aussage über die Region ist leider nicht möglich, da die Registrierung online in einem geschlossenen System stattfindet. Aus persönlichen Gesprächen kann ich aber sagen, dass es sicherlich fünf bis zehn aus dem Main-Tauber-Kreis sein werden.

Anmerkung der Redaktion: Bernadette Martini, die Vorsitzende des Dehoga Neckar-Odenwald-Kreis, sagte auf FN-Nachfrage, dass ihr keine Hotels im NOK bekannt seien, die sich der Klage angeschlossen haben.

Kann man auf Booking.com als Partner nicht verzichten?

Bundschu: Booking.com hat sich in den vergangenen Jahren zum Marktführer entwickelt, somit liegt es in der Sache begründet, dass eigentlich kein Hotelier auf Booking.com verzichten kann oder will. Allerdings muss man auch klar sagen: Booking.com braucht die Hotels, so wie die Hoteliers Booking.com brauchen.

Wo liegt das Hauptproblem in der Zusammenarbeit?

Bundschu: Booking.com nutzt seine Marktmacht und vor allem das Wissen über Auslastungen, Buchungsverhalten und Preise aus, um sich selbst Vorteile zu verschaffen. Konkret werden Anteile der Buchungsprovision eingesetzt, um die Hotelpreise zu unterbieten. Finanziert mit den Buchungsprovisionen und der Dominanz am Markt. Nicht zum Vorteil der Gäste und auch nicht zum Vorteil Hotels.

Booking.com steuert das Ranking der angezeigten Hoteltreffer nach einem eigenen Algorithmus. Über die dahinterliegenden Faktoren und Ziele können nur Mutmaßungen angestellt werden. Partnerschaftlich und fair ist das alles nicht. So bleibt es eine Symbiose, die sich gegenseitig benötigt, aber nicht leiden mag.

Das Thema Booking.com beschäftigt auch die Dehoga-Kreisstelle Main-Tauber. Das Bild zeigt den Vorsitzenden Frank Bundschu (links) mit seinem Stellvertreter Daniel Schaffers und seiner Frau Michaela an der Rezeption vor dem Buchungscomputer im Hotel "Das Schaffers" in Bad Mergentheim. © Sascha Bickel

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Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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