Geschichtsbewusstsein - Schultheiß Peter Herrschaft begründete das "Gemaindt Dorffbuch des Dorffs zu dem Hayligen Creutz"

Historisches für die Menschen vor Ort

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Kreuzwertheim. Das vom Geschichts- und Heimatverein seit dessen Gründung regelmäßig herausgegebene "Kreuzwertheimer Jahrbuch" gilt inzwischen als Ortschronik der Marktgemeinde. Sie ist die offizielle Fortsetzung eines Werkes, das im Jahr 1567 begonnen wurde.

Zu jener Zeit hatte Graf Ludwig zu Stolberg-Königstein den gräflichen Amtmann Peter Herrschaft als gräflich-wertheimischer Schultheiß von Kreuzwertheim eingesetzt. Der um 1529 geborene Herrschaft wurde, wie der Chronik "1000 Jahre Marktrecht" zu entnehmen ist, unstrittig zum bedeutendsten Ortsoberhaupt Kreuzwertheims.

Mit seinem Amtsantritt begründete Peter Herrschaft das "Gemaindt Dorffbuch des Dorffs zu dem Hayligen Creutz", außerdem betätigte er sich als tatkräftiger Bauherr. Sein 1594 errichtetes, repräsentatives Wohnhaus in der heutigen Rathausgasse, in dem später das "Weingut Fürst Löwenstein" sein Domizil nahm, zeugt bis heute ebenso von seinem Wirken wie der aus dem Jahr 1568 stammende Galgenbrunnen nahe der Kreuzwertheimer Hauptstraße.

An Peter Herrschaft erinnert bis heute auch ein hölzernes Epitaph, das 1909 ins Museumsdepot nach Wertheim gebracht wurde und sich mittlerweile in der Kilianskapelle befindet. Außerdem ehrte der Markt Kreuzwertheim seinen großen Sohn, der am 11. April 1604 starb, durch die Benennung einer Straße.

Die Initiative dazu ging von Peter Hofmann aus, dem am 3. Dezember 1910 geborenen späteren Gastwirt und Heimatforscher. 1949 hatte Hofmann das inzwischen legendäre "Café zum Seppl" in der Oberen Pfarrgasse eröffnet, bis 1975 auch für viele Wertheimer ein geselliger Treffpunkt zum "Schoppen beim Houfmanns Petter".

Hofmann ist es zu verdanken, dass vieles aus Kreuzwertheims Historie erkundet wurde und und viele Zeugnisse der nun über 1000-jährigen Geschichte gerettet werden konnten. "Sein größter Verdienst war, zahlreiche Mitmenschen für eine Sache zu interessieren, der sich vorher kein Kreuzwertheimer mit solcher Leidenschaft angenommen hatte", schreibt Manfred Schneider in der Chronik der Marktgemeinde.

Als in den 1960er Jahren viele den Abriss des mittelalterlichen Wehrturms ("Haslocher Turm") an der Hauptstraße forderten, weil er dem Verkehr im Wege stand, focht Hofmann an vorderster Front für dessen Erhalt. Schließlich wurde der "steinerne Riese" im Juni 1972 um fünf Meter versetzt - "die teuerste, aber auch beste Lösung", heißt es dazu in der Kreuzwertheimer Chronik.

Sein Wissen trug Peter Hofmann in drei Heimatbüchern zusammen, scherzhaft nannte er sich zudem "Museumsbesitzer", weil er in zwei Holzhallen neben seiner Gartenwirtschaft viele seiner Fundstücke deponiert hatte.

Um sein heimatpflegerisches Wirken fortzuführen, gab er kurz vor seinem Tod (13. März 1989)den Anstoß zur Gründung des Geschichts- und Heimatvereins Kreuzwertheim und vermachte diesem seine historische Sammlung. Als einen der ersten Mitstreiter gewann Hofmann den damals in Marktheidenfeld als Studienrat wirkenden Manfred Schneider, der in der Gründungsversammlung des Geschichts- und Heimatvereins am 8. Juli 1988 gleich zum Vorsitzenden gewählt wurde und das Amt seit bald 25 Jahren ausübt.

"Über den Namen des Vereins haben wir uns recht lange unterhalten in der Gründungsphase", berichtete Schneider im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten. "Ein ,Historischer Verein' als Bezeichnung kam nicht infrage, weil nie der Gedanke aufkommen sollte, dass wir in Konkurrenz zu dem in Wertheim bestehenden Historischen Verein stehen. Einen ,Heimatverein' allein wollten wir auch nicht haben, weil es ein bisschen nach Trachtengruppe klingt. Wir haben uns dann eingereiht in die Reihe der Geschichts- und Heimatvereine, die ringsum auch schon existierten, haben aber an erste Stelle den Geschichtsgedanken gestellt. Die Arbeit war von Anfang so ausgelegt, dass sie nicht unbedingt für historische Seminare oder Universitätsbibliotheken geschieht, sondern für die Menschen vor Ort." uwb

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