Odenwald-Tauber. Getreideähren, die sich im Wind wiegen, sirrende Insekten, goldgelbe Weizen-, Dinkel- und Roggenfelder – eine Augenweide, von der man sich nun wieder für die nächsten kalten Monate verabschieden muss. Denn mittlerweile sind die Äcker abgedroschen und das Getreide ist eingefahren – im Großen und Ganzen mit regional unterdurchschnittlichen Resultaten.
„2021 war bisher ein Jahr mit ungewöhnlichem Witterungsverlauf“, äußert sich Pressesprecher Jonas Esterl vom Ministerium für Ländlichen Raum Baden-Württemberg in Stuttgart zur Erntebilanz.
Nach einem trockenen April sei das Wetter ab Mai eher nass und kühl gewesen. Der viele Niederschlag habe das Wachstum der Nutzpflanzen im Land zwar unterstützt, letzten Endes wurden die Druschergebnisse den Erwartungen jedoch nur teilweise gerecht.
Verlust bei Wintergerste und Raps
So habe das feuchte Wetter vor allem Wintergerste und Raps geschadet und zu unterdurchschnittlichen Ernten geführt, wohingegen die Erträge bei anderen Getreidearten etwa auf dem Niveau des langjährigen Durchschnitts lagen – teils auch darüber.
Im Übrigen war der Erntebeginn um den 11. Juli, wobei im Vergleich zu den vorherigen Trockenjahren eine Verschiebung nach hinten um rund 14 Tage zu vermerken war.
Im Neckar-Odenwald-Kreis sei in diesem Jahr mit einem gut durchschnittlichen Ertrag zu rechnen, äußert sich der Fachdienst Landwirtschaft des Landratsamtes in Mosbach. Trotz der Nässe, die oft ein verstärktes Auftreten von Krankheiten verursache, und der häufigen Schauer während der Ernte, sei die Qualität des Getreides überraschend gut.
Niedrigerer Ölgehalt
Allerdings fallen beim Raps der niedrigere Ölgehalt sowie die kleinen Körner mit geringerem Tausendkorngewicht auf. Dagegen hätten die Milchviehbetriebe sowie die Pferde- und Rinderhalter in diesem Jahr die knappen Futtervorräte aufstocken können. Die eigentlich ertragsschwächeren Standorte der Wiesen und Weiden hätten von den überdurchschnittlich hohen Niederschlägen profitiert und wiesen somit ordentliche Ergebnisse auf.
Laut Albert Gramling, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Neckar-Odenwald, sei die Getreide- und Rapsernte zu über 99 Prozent abgeschlossen. Bezüglich der Erträge gebe es regionale Unterschiede. Diese lägen etwa in den Höhenlagen um Walldürn rund 15 bis 20 Prozent unter dem Vorjahr. Im Bauland um Osterburken wiederum habe es im Frühjahr genug geregnet. „Es gab zwar keine Rekorderträge, aber bessere Ergebnisse als 2020.“ Damals habe die Frühjahrstrockenheit dem Getreide geschadet.
Während der Ernte sei man im Kreis jedoch regelmäßig von Niederschlägen unterbrochen worden, so dass man nur wenige Tage am Stück trockenes Getreide habe dreschen können. „Trotz der Niederschläge war die Backqualität im Neckar-Odenwald-Kreis überwiegend noch im guten Bereich“, berichtet Gramling. Für den Verkauf an Mühlen sei bei Roggen, Weizen und Dinkel nämlich eine gute Fallzahl erforderlich – ein Parameter, der die Brotqualität beeinflusse.
Bis 20. August wurde auch im Main-Tauber-Kreis die Ernte eingefahren. Hier seien die Erträge etwas unterdurchschnittlich ausgefallen, wie Aylin Wahl, Pressesprecherin des Landratsamts in Tauberbischofsheim, mitteilt. So seien die Felder von einer geringeren Wurzel-entwicklung und einem höheren Auftreten von Schadpilzen betroffen gewesen.
Daten und Fakten zur Ernte
Nachfolgend ein Blick auf die Ernteergebnisse 2021 aus Sicht des Bauernverbandes Baden-Württemberg:
Winterweizen: Ertrag 69 dt/ha (2020: 80,7 dt/ha), minus 14 Prozent unter dem Vorjahresergebnis, minus neun Prozent unter dem langjährigen Mittel.
Wintergerste: Ertrag 74 dt/ha (2020: 61,9 dt/ha), plus 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, plus sieben Prozent über dem langjährigen Mittel.
Sommergerste: Ertrag 56 dt/ha (2020: 60,2 dt/ha), minus sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr, minus eins Prozent im Vergleich zum langjährigen Mittel.
Raps: Ertrag 37 dt/ha (2020: 42 dt/ha), minus zwölf Prozent unter dem Vorjahr und minus sechs Prozent unter dem langjährigen Mittel.
Eine Dezitonne entspricht 100 Kilogramm. Das langjährige Mittel ist der Durchschnitt der vergangenen sechs Ernten.
Die Situation im ökologischen Getreidebau ist ähnlich dem konventionellen, die Vorernteschätzungen waren aufgrund des ausreichenden Niederschlags überdurchschnittlich. Im ökologischen Landbau ist die Ernte schwierig, die Erträge sind maximal durchschnittlich. Die Qualitäten können im Hafer überzeugen, im Weizen sind sie durchwachsen, Pilzkrankheiten und Mutterkorn sind stellenweise problematisch, die Fallzahlen bereiten bisher keine Probleme. Große Probleme gibt es im Kartoffel- und Weinanbau aufgrund von Pilzkrankheiten.
Die ersten Preisprognosen lassen auf moderat steigende Preise schließen.
Mit einer Anbaufläche von 216 900 Hektar ist der Winterweizen weiterhin die Hauptkultur in Baden-Württemberg, gefolgt von Winter- (82 000 Hektar) und Sommergerste (49 900 Hektar).
Der Anbau von Triticale lag bei 20 100 Hektar und Hafer bei 20 400 Hektar.
Körnermais ging leicht auf 57 600 Hektar zurück. Der Winterrapsanbau stieg leicht auf 41 800 Hektar, Pflanzen zur Grünernte gingen leicht zurück auf 198 700 Hektar, darunter Silomais mit 131 300 Hektar.
Der Landesbauernverband (LBV) vertritt rund 33 000 Landwirte aus Baden-Württemberg. 20 selbständige Kreisbauernverbände nehmen auf regionaler Ebene die Interessen des bäuerlichen Berufsstandes wahr. Insgesamt ist jeder zehnte Arbeitnehmer in Baden-Württemberg direkt oder indirekt von der Landwirtschaft abhängig. lbv/bae
Hoher Anteil Lagergetreide
Zudem hätten Starkregenereignisse einen überdurchschnittlichen Anteil an Lagergetreide (am Boden liegende Getreidebestände) verursacht. Dem landesweiten Trend folgend, wurden im Vergleich zu normalen Jahren auch im Main-Tauber-Kreis zehn bis 20 Prozent der Ernte eingebüßt. „Besonders Erbsen und Ackerbohnen haben ertraglich enttäuscht“, so Wahl.
Trotz allem seien die Qualitäten im Allgemeinen in Ordnung. Auffallend seien die niedrigen Fallzahlen des Winterdurums, einer Weizenart für die Nudelherstellung.
Die Sommergerste habe mit hohem Vollgerstenanteil und niedrigen Einweißwerten zufriedenstellen können, wie Stefan Fröber, Kreisgeschäftsführer des Bauernverbands Main-Tauber, ergänzt. Dagegen habe die Wintergerste nur niedrige Hektolitergewichte erreicht, ein Parameter, der sich auf den Ertrag auswirke. Der schwankende Ölgehalt beim Raps sei im Grunde unterdurchschnittlich ausgefallen. Starke Schwankungen habe es auch beim Eiweißgehalt des Weizens gegeben, wobei die Hektolitergewichte zufriedenstellend seien. Außerdem habe die feuchte Witterung nicht nur zu vermehrtem Pilzbefall geführt, sondern auch den Erntebeginn im Juli erschwert.
Zusammenfassend ergebe sich im Kreis ein „umgekehrtes Bild“ zur Ernte 2020. Damals sei man mit guten Ergebnissen überrascht worden, nachdem man mit einer unterdurchschnittlichen Ernte gerechnet habe. „In diesem Jahr ließ die feuchtere und kühlere Witterung im Frühjahr auf eine gute Ernte hoffen“, berichtet Fröber. „Am Ende wurde man leider enttäuscht.“
In der Region um Creglingen sei die Ernte durchschnittlich ausgefallen, berichtet Wilfried Kleinschrodt, Geschäftsführer der BAG Raiffeisen Creglingen, gegenüber den Fränkischen Nachrichten. „Wir hatten mehr erwartet, da es dieses Jahr gut Regen gab – aber es fehlten die Sonnenstunden.“ Dies habe sich negativ auf das Hektolitergewicht ausgewirkt. Zudem habe der Durumweizen unter Schwarzfleckigkeit gelitten, was die Qualität beeinträchtigt habe.
Vorteile der geringeren Böden
Allerdings habe der viele Niederschlag durchaus auch Positives zur Folge, hätten die minderwertigeren Böden wie Sand und Muschelkalk dieses Jahr doch sehr ordentliche Erträge eingebracht. Im Vorjahr sei die Ernte jedoch trotz des zu trockenen Wetters – vor allem in Bezug auf die Hektolitergewichte – besser ausgefallen.
Im Bereich der BAGeno Bad Mergentheim sei man mit der Ernte zufrieden. „Wir rechneten zwar mit einer deutlich besseren Ernte als die vergangenen Jahre, sind aber nun auf einem durchschnittlichen Niveau gelandet“, erzählt Geschäftsführer Florian Reinhard. „Bezüglich der Qualitäten sind wir dieses Jahr noch mal mit einem blauen Auge davongekommen.“
So wären Qualitätsparameter wie beispielsweise die Fallzahlen gerade hinsichtlich Weizen und Dinkel noch in Ordnung, wohingegen die Eiweißwerte und Hektolitergewichte schlechter ausgefallen seien. Im Vergleich zum Vorjahr sei man vor allem mit der Gerste zufrieden, da diese im letzten Jahr unter Frost an Qualität verloren hatte.
Mehr Futtergetreide
Außerdem habe das Unternehmen einen Zuwachs an Futtergetreiden wie Triticale verzeichnet. Dies hänge mit den schlechten Voraussetzungen der Schweinebetriebe zusammen.
Viele Landwirte regten die niedrigen Schweine- und Ferkelpreise zur Aufgabe ihres Betriebs an. Daher sei in diesem Jahr deutlich mehr Futtergetreide bei der BAGeno angeliefert worden, das die Landwirte selbst angebaut hatten, für das sie nun aber keine eigene Verwendung mehr fänden.
Im Allgemeinen war der Niederschlag in diesem Jahr sowohl die Ursache für die hohen Erwartungen als auch der Grund für die zum Teil ernüchternden Ergebnisse, wobei einige Landwirte – je nach Bodenbeschaffenheit und Kultur – eine zufriedenstellende Getreideernte eingefahren haben.
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