Odenwald-Tauber. Vor möglicherweise fatalen Auswirkungen auf die Kinowirtschaft bundesweit, warnt der HDF Kino, die zentrale Interessensgemeinschaft der Kinobetreiber in Deutschland. Und auch Sven Döding („Movies“ Bad Mergentheim), David Derr („Badischer Hof“ Tauberbischofsheim), Wolfgang Gebauer („Roxy“ Wertheim und „Schloss-Theater“ Miltenberg) sowie Nenad Tomasinjak („Löwenlichtspiele“ Walldürn) machen sich große Sorgen.
„Der erneute vierwöchige Teil-Lockdown, von dem auch die Kinos betroffen sind, wird weitere Häuser die Existenz kosten. Wir werden dieses Kinojahr mit Verlusten von circa einer Milliarde Euro (inklusive Concessions) abschließen. Das ist nicht zu verkraften“, sagte Christine Berg vom Vorstand HDF KINO nach den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch.
Weiter hieß es vom HDF: „Wir haben überhaupt kein Verständnis mehr für das ständige Auf und Ab der ergriffenen Maßnahmen. Seit sechs Monaten arbeiten wir Kinos mit detaillierten Sicherheitskonzepten, großen Räumen, modernen Belüftungsanlagen und ohnehin nur 25 Prozent Auslastungsmöglichkeit. Es gibt weltweit keinen einzigen bekannten Covid-Fall im Kino. Die Kinos übernehmen eine große Verantwortung für ihre Besucher und dennoch nützt ihnen das überhaupt nichts. Wir sind fassungslos.“ Mit den politischen Beschlüssen vom Mittwoch werde eine Branche, die seit über 125 Jahren überwiegend in der Hand von Familienbetrieben liege, in den Ruin getrieben. Finanzielle Staatshilfen seien dringend nötig, um ein großes Kinosterben zu verhindern, so der HDF Kino.
Sven Döding ist der Betreiber des Bad Mergentheimer „Movies“. Er sagt auf Anfrage unserer Zeitung: „Der erneute Lockdown trifft uns sehr hart“, gerade habe man sich mit etwas Hoffnung auf die Filmstarts im November und Dezember vorbereitet (wir berichteten).
Döding hofft sehr, dass die staatliche Unterstützung wie angekündigt kommt und unkompliziert zu erhalten ist. Das wäre sehr beruhigend. Die Rede ist von 75 Prozent des letztjährigen November-Umsatzes. „Dann kämen auch wir mit der Situation klar“, so der Kino-Chef. Er meint aber auch, dass zu befürchten sei, „dass es da noch Einschränkungen gibt“. Auch nach dem ersten Lockdown im Frühjahr hätte man sich schon mehr Hilfen erhofft.
Das ganze Jahr geschlossen?
„Wir gehen davon aus, dass wir unser Bad Mergentheimer Kino dieses Jahr nicht mehr aufmachen“, sagt Döding bedrückt und verweist auf die Corona-Fallzahlen, die wohl auch im Dezember wieder ansteigen würden, wenn erneut alles öffnen dürfte. Dass die Kinos selbst keine Hotspots seien, betont auch Döding und meint, dass er nun noch bis Sonntag Programm biete und dann den Schlüssel rumdrehe und abwarten werde. Sein Restaurant „Elements“, neben dem Kino in der Mergentheimer Mall, will Döding wieder mittels Abhol- und Lieferservice tageweise ab Montag erreichbar lassen, um wenigstens ein paar Einnahmen erzielen zu können, aber auch hier wartet er noch die weiteren Vorgaben der Politik ab.
Auf Hilfe vom Staat baut auch David Derr, der Inhaber des Hotels „Badischer Hof“ in Tauberbischofsheim. Vor der Corona-Krise war sein Kinosaal sechs Mal pro Woche geöffnet. Bedingt durch Corona war die vorerst letzte Vorstellung im August. Dass im Kino sehr viel Platz sei, mit all den Abstandsregeln, führt auch Derr an und reagiert entsprechend mit etwas Unverständnis auf den Lockdown für die Kinos, „denn nicht alles was die Politik hier macht, ist nachvollziehbar“. Die Kasse im Kino sei vergleichbar mit einer Kasse im Supermarkt. Hier wie da würden Abstands- und Hygieneregeln eingehalten und im Saal selbst sei mehr Platz für die Gäste als in so manchen Regalreihen. Sein Kino sei vorher kostendeckend gelaufen, erklärt Derr, aber auch nur ein weiteres Standbein neben dem Hotel- und Gastronomiebetrieb. Momentan seien noch ein paar Geschäftsreisende im Haus und für Speisen biete man wieder einen Abhol- und Lieferservice an. Bezüglich der angekündigten Staatshilfen wolle er sich erst einmal schlau machen, schließt Derr seine Stellungnahme.
Das Aus kommen sehen
Wolfgang Gebauer, Inhaber des Wertheimer „Roxy“ und des Miltenberger „Schloss-Theaters“ hat das erneute Aus kommen sehen. „Was soll ich denn machen? Ich muss es hinnehmen und damit ist für mich das Thema erledigt, denn ich kann daran nichts ändern.“ Im März sei er tatsächlich sehr sauer über die Schließung der Kinos gewesen. Inzwischen aber kenne er „das Spiel“ und redet von einer gewissen „Hornhaut“, die er nach vielen Jahren Tätigkeit in der knallharten Branche entwickelt habe. Auf finanzielle Unterstützung baut Gebauer noch nicht, sondern will erst einmal abwarten, wie es sich in der Realität darstellt. Ein Ausgleich durch ein Autokino kann es zu dieser Jahreszeit nicht geben. Auch wenn der betrieb des Autokinos in Wertheim laut Gebauer sehr erfolgreich war, habe es ihm Verluste eingebracht, weil er deswegen keine Coronahilfe bekam. Große Filmstarts sind inzwischen wieder auf Eis gelegt. Laut Gebauer arbeite Warner Bros. derzeit jedoch noch wie üblich. Bei diesem Kinoriesen gehe man davon aus, dass im Dezember alles wieder „normal läuft“ und Blockbuster-Fortsetzungen wie der lange ersehente James Bond (auf April verschoben) oder „Top Gun“ endlich laufen können. „Wenn man das Geschäft 40 Jahre betreibt und einen dann so ein Stürmchen aus der Bahn wirft, dann hat man doch was falsch gemacht“, resümiert Wolfgang Gebauer.
Nenad Tomasinjak, Betreiber der „Löwenlichtspiele“ in Walldürn, hofft ebenfalls, dass die angekündigte staatliche Hilfe schnell und unkompliziert kommt. „Dann ist das eine gute Sache und eine echte Hilfe.“ Auf die Frage, ob sein Kino in diesem Jahr noch einmal öffnet, antwortet er: „Ich befürchte nicht, hoffe aber dass wir im Dezember wieder öffnen dürfen.“ Die Entscheidung, die Kinos zu schließen, kann er nicht ganz nachvollziehen, denn die waren keine Pandemietreiber. „Wir haben einfach keine starke Lobby“, bedauert er. .„Das Kino in Walldürn wird es weiter geben“, gibt Nenad Tomasinjak ein klares Bekenntnis zum Standort ab. Und er hat schon konkrete Pläne für die Zeit nach der Pandemie.
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