Main-Tauber-Kreis. Zweifache Vergewaltigung, sexueller Missbrauch eines Kindes ohne Körperkontakt, Verbreitung eines Pornografie-Bilds: Diese Taten standen jetzt zur Anklage vor dem Mosbacher Landgericht. Richterin Dr. Barbara Scheuble hatte den Fall zu verhandeln, der seinen Ursprung im Main-Tauber-Kreis hat. Und als Täter einen Mann (Jahrgang 1979), der lange Zeit sein Leben nicht mehr im Griff hatte: Alkohol, Drogen, erhebliches Chaos in seinen Beziehungen.
Der Komplex Kindesmissbrauch wurde am Ende des Prozesstags vorläufig eingestellt, die Strafe liegt bei einem Jahr und neun Monaten Gefängnis und einer vierjährigen Bewährungszeit. Die relative Milde erklärt sich aus der Kooperation des Täters, günstigen Prognosen und einem Täter-Opfer-Ausgleich, den der Mann mit initiiert hat.
Öffentlichkeit wird immer wieder ausgeschlossen
Es ist ein Prozess, der es dem Berichterstatter nicht eben leicht macht: Schon bei der Verlesung der Anklageschrift durch die Staatsanwaltschaft wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Hintergrund dieses Antrags: Das Opfer war zur Tatzeit eine noch minderjährige Jugendliche. Die junge Frau ist bis heute durch die Vorfälle belastet, man befürchtete eine Retraumatisierung, wenn sie ihre Erlebnisse öffentlich hätte schildern müssen. Und immer wieder, wenn es um die Umstände in diesem Haupt-Fall ging, wurde das Publikum erneut aus dem Gerichtssaal verwiesen. Bekannt ist darüber deshalb fast nichts.
Vom Gericht genannt wurden aber die Tatorte Tauberbischofsheim, Külsheim und Wertheim. Was sich dort abgespielt hat, lässt sich teils nur indirekt vage erschließen. Im Jahr 2020 habe der Mann eine damals 17-Jährige zweimal vergewaltigt, also gegen deren Willen Geschlechtsverkehr mit ihr gehabt. Weiter soll er sich im Folgejahr vor einem Kleinkind sexuell befriedigt haben. Die Tat konnte aber nicht gerichtsfest nachgewiesen werden.
Schließlich hatte der Mann wohl ein Handyfoto gefertigt, auf dem zu sehen war, wie er sich durch eine Freundin oral befriedigen lässt. Das Bild hatte er mutmaßlich ohne Aufforderung an eine weitere Bekannte geschickt, um sie eifersüchtig zu machen. Weil die Frau sich aber an den Vorgang vor Gericht nicht mehr erinnern will, bleibt auch diese Tat letztlich (bezogen auf die Zeugenaussage) im Dunkel. Insgesamt räumte der Angeklagte aber im Prozess die Vorwürfe ein, auch wenn er Erinnerungslücken geltend machte.
Immer wieder Mix aus Alkohol und harten Drogen
Hintergrund für die relative Unwissenheit: Der Mann hatte sich schon als Zeitsoldat bei der Bundeswehr in eine Abhängigkeit von Alkohol und Drogen-Mix – von Cannabis- bis hin zu Amphetamin- und Heroinkonsum – hineinmanövriert. Diese Phase extremer Lebensverhältnisse habe er aber hinter sich gelassen, zwei Therapieperioden habe es gegeben. Mittlerweile lebt er nicht mehr im Main-Tauber-Kreis, hat an seinem neuen Wohnort feste Arbeit als Produktionsmitarbeiter gefunden Er wolle die kriminelle Vergangenheit hinter sich lassen. Ihm sei auch daran gelegen, Schaden wieder gut zu machen. Bezüglich der Vergewaltigungen, die wohl in einem Beziehungszusammenhang stattfanden, bot der Mann eine finanzielle Kompensation an. Im Gerichtssaal zeigte sich der Angeklagte reuig und entschuldigte sich.
Kontakt- und Näherungsverbot ausgesprochen
Das Gericht sprach, bezogen auf die Vergewaltigung, ein Kontakt- und Näherungsverbot zur von den Vergewaltigungen betroffenen Frau aus. Treffe er per Zufall auf seine frühere Bekannte, müsse er umgehend einen Abstand von einhundert Metern suchen, hieß es.
Seine Frauenbekanntschaften, die weniger Beziehungen als Sexualkontakte waren, hatte der Mann u.a. in Würzburger Diskotheken angebahnt. Dabei sei es in der Regel auch zu einvernehmlichem Drogenkonsum gekommen. Im konkret angeklagten Fall hatte der Mann eine Gelegenheitsbeziehung eifersüchtig machen wollen, seine aktuelle Bekanntschaft wohl mit einer Nötigungshaltung beim Oralverkehr fotografiert und das Foto dann verschickt. Trotz Vorhalte einer früheren Aussage bei der Polizei konnte sich die als Zeugin geladene Foto-Empfängerin aber an den Sachverhalt vor Gericht nicht mehr erinnern. Dennoch räumte der Angeklagte insgesamt ein, dass er beispielsweise das „Nein“ von Sexualpartnerinnen wohl teils nicht als solches wahrgenommen habe.
Im Vorstrafenregister des Angeklagten finden sich eine Reihe von Einträgen: Fahren ohne Führerschein, Beleidigung, Erschleichen von Leistungen. In diesem Zusammenhang war er bereits vom Amtsgericht Tauberbischofsheim verurteilt worden.
Für seine Taten voll verantwortlich
Der ärztlich-forensische Gutachter kam zum Schluss, dass der Angeklagte unter Drogen eine gewisse Enthemmung erfahren habe. Es gebe aber keine Hinweise darauf, dass es zu einem Verlust der Steuerungsfähigkeit gekommen sei. Demnach ist der Mann für seine Taten voll verantwortlich.
Positiv wertete die Gerichts-Vorsitzende Barbara Scheuble, dass der Mann an der Aufklärung der Taten aktiv mitgearbeitet habe. Durch das (nicht öffentliche) Geständnis habe er dem Opfer detaillierte Aussagen aus dem Intimbereich erspart. Auch das Versenden des Porno-Fotos habe er eingeräumt. Festgelegt wurde, dass er mit einer monatlichen Summe am Täter-Opfer-Ausgleich arbeiten müsse. Ein erneutes Fehlverhalten bedeute „Knast“, so die Richterin klar. Sie hoffe, dass sein mittlerweile längeres, straffreies Leben weiter Bestand habe. Alle Beteiligten erklärten Verzicht auf Rechtsmittel. Das Urteil auf die Haftstrafe zur Bewährung ist damit rechtskräftig.
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