Rund 80 Prozent aller Nutzer von Mobiltelefonen drücken auch auf dem Klo auf dem kleinen Flachbildschirm herum – Altersgruppe 18 bis 29. Bei den 30- bis 50-Jährigen ist es im Schnitt jeder Zweite. Das kam vor ein paar Tagen als bunte Nachricht im Radio.
Und weil offenbar Frauen bevorzugt die Gesäßtasche zum Verstauen des Handys verwenden, plumpsen bei ihnen deutlich mehr Geräte in die Toilette. Hose hoch oder runter, man kann es sich (glaube ich) halbwegs vorstellen. Der Deutsche gilt ja als Top-Hygieniker. Ob man „danach“ auch mal mit Reinigungsmittel übers Handy wischen sollte?
Gleiches Gerät, andere Baustelle: In der Öffentlichkeit laut zu telefonieren gilt zwar in puncto Benimm als unschicklich, aber jeder kennt es: Nerviges Gequatsche nebenan im Bus, Terminabsprachen mitten in der Fußgängerzone – die Handymänner und - frauen scheren sich oft keinen Deut um ihre Mitmenschen. Ob man’s wissen will oder nicht: Man wird mitinformiert.
Vorgestern früh mein persönlicher Knüller an der Mergentheimer Klosterkirche: Mal funktioniert die Ampel, mal auch nicht. Ich bin geduldig und warte. Von der Tankstelle her plötzlich ein filmreifes Geschrei. Vielleicht Ärger oder Verzweiflung über den Bezinpreis? Weit gefehlt: Es war eine Handynutzerin mittleren Alters, die in den Apparat brüllte wie ein Fischkutter-Kapitän beim Anlegemanöver. Selbst beim Näherkommen keinerlei Anpassen an die soziale Gegebenheit: Mit mir standen noch mehrere Leute am Straßenrand und mussten die trommelfellquälende Seite des Funk-Disputs mithören.
Ist schon klar: Wer in den „sozialen Medien“ sein Privatleben öffentlich breittritt, der scheut auch andere Kanäle nicht. Der passive Einblick über Facebook und Insta: Es sind Angebote. Man muss sich die schlimmen Egotrips ja nicht angucken: die schnute-machenden Yogahosen-Mädels, die braungebrannten Gipfel-Poser und immer die ganz Besten-Schönsten an den tollsten weißen Stränden.
Ansonsten gilt fürs Telefonieren: Privates sollte privat bleiben. Sag’ ich jetzt mal einfach so. Bisschen Oldschool-Anstand halt.
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