Politbarometer

Rote Karte für die Regierung beim Klimaschutz

Die Deutschen sind unzufrieden mit der Ampel-Koalition, wie die Umfrage der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen ergeben hat. Wo den Menschen sonst der Schuh drückt

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Walter Serif
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Mannheim. Die Ampel dümpelt auch im aktuellen Politbarometer der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen vor sich hin. Wenn die Deutschen bereits am Sonntag wieder über die Zusammensetzung des Bundestags entscheiden müssten, hätten die Regierungspartner SPD, Grüne und FDP unverändert keine Mehrheit. Reichen würde es nur für Schwarz-Grün, nicht aber für ein schwarz-rotes Bündnis.

In dieses Bild passt, dass die Wählerinnen und Wähler die Arbeit der Bundesregierung nicht groß feiern. Gerade mal 53 Prozent – im Dezember waren es 56 – meinen, dass die Koalition einen guten Job macht. „Das ist im Durchschnitt der vergangenen Jahre ein bescheidener Wert. Allerdings zeichnet sich eine gewisse Erholung für die Ampel ab, weil die Menschen die ökonomischen Perspektiven nicht mehr so pessimistisch sehen“, sagt Matthias Jung von der Forschungsgruppe.

Lambrecht raus, Faeser rein

Die Koalition profitiert aber auch von der gleichzeitigen Schwäche der Unionsparteien, denn nur 21 Prozent der Befragten meinen, dass die CDU und die CSU es besser machen würden, wenn sie an der Regierung wären. Knapp ein Viertel glaubt sogar, dass es mit der Union schlechter laufen würde. Und für fast die Hälfte der Deutschen würde ein Regierungswechsel keinen großen Unterschied machen. „Die Ampel lebt davon, dass sich keine Alternative zu ihr anbietet, die Regierung kann sich deshalb mit ihren eigenen Problemen beschäftigen“, sagt Jung.

Und warum ist das Vertrauen in die Unionsparteien so gering? „Das liegt in erster Linie an der CDU, die sich, seitdem Angela Merkel ihren Rückzug vom Parteivorsitz angekündigt hat, praktisch in einen Prozess der Selbstbeschädigung begeben hat“, sagt Jung. Die Wahl Friedrich Merz’ zum CDU-Chef sieht er als eine „systematische Umpositionierung“, die Konsequenzen hat. „Die CDU nach Merkel rückt in der Wählerbeurteilung mehr Richtung rechts. Das schmälert die Chancen der Union auf das große Wählerreservoir in der Mitte im Hinblick auf eine Regierungsübernahme und der Auswahl eines Koalitionspartners, lautet Jungs Analyse, die bei der CDU/CSU die Alarmglocken schrillen lassen müsste.

Bewegung gibt es in den Top Ten der populärsten Politikerinnen und Politikern. Erstmals in die Rangliste hat es Innenministerin Nancy Faeser (SPD) geschafft, die ja bei der Fußball-WM in Katar mit ihrer „One Love“-Binde Schlagzeilen produzierte. Sie steigt auf der Skala von plus fünf bis minus fünf mit einem Wert von minus 0,1 ein. Das reicht für Platz sechs. Rausgefallen ist Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD). Die Befragten geben ihr aber noch einen hinterher: 60 Prozent meinen, sie möge doch endlich zurücktreten. An der Spitze der Liste gibt es einen Plätzetausch. Wirtschaftsminister Robert Habeck liegt jetzt vor Außenministerin Annalena Baerbock. Auf dem dritten Rang bleibt Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit schwachen plus 0,5.

Dass die Bundesregierung zu wenig für den Klimaschutz tut, haben ihr die Verfassungsrichter in Karlsruhe ja schon mit ihrem spektakulären Urteil bescheinigt. Diese Position vertreten auch die Befragten: Eine Mehrheit von fast 60 Prozent sieht nach wie vor Handlungsbedarf. Aber: Während es bei den Grünen-Anhängern 92 Prozent sind, meinen 56 Prozent im AfD-Lager, dass es mit dem Klimaschutz übertrieben wird.

Gleichwohl befürworten 60 Prozent der Deutschen den Beschluss der Koalition, klimaschädliche Kohlekraftwerke zur Sicherung der Stromversorgung wieder stärker zu nutzen. Negativ ist die Haltung allerdings zur Ausweitung von Abbaugebieten für Braunkohle, die nach der Räumung von Lützerath erfolgen soll. 50 Prozent finden das falsch.

Auch bei der Frage der Lieferung von Panzern in die Ukraine gibt es ein interessantes Meinungsbild. 59 Prozent begrüßen das grüne Licht für die Marder-Schützerpanzer. „Das ist oft so, dass die Befragten nach langwierigen Entscheidungen diese dann unterstützen“, sagt Jung. Beim Leopard 2 zögert dagegen Kanzler Scholz noch. 46 Prozent der Befragten raten ihm: Lassen Sie es sein! 42 Prozent meinen: Geben Sie sich einen Ruck! Dazu sagt Jung: „Wenn die Führung sich nicht einig ist, kann die Politik die Meinungen verändern und nicht umgekehrt.“ Soll heißen: Wenn Scholz sein Veto aufgibt, wird dies die Mehrheit dann auch begrüßen. Mal abwarten.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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