Großbritannien

Bewerber-Karussell dreht sich

Der frühere Finanzminister Rishi Sunak gilt als Favorit im Kampf um den Tory-Vorsitz

Von 
Susanne Ebner
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Rishi Sunak ist der bisher prominenteste Bewerber. © Justin Tallis/PA Wire/dpa

London. Der frühere Finanzminister Rishi Sunak war der Erste, der am Freitag seine Kandidatur für das Amt des konservativen Parteichefs bekannt gab, mit einem Video. In dem knapp dreiminütigen Clip berichtet er über seine Eltern, die aus Ostafrika nach Großbritannien kamen und ihren Kindern durch „harte Arbeit“ eine bessere Zukunft ermöglichten. Mit seinem braven Seitenscheitel präsentiert er sich als Gegenteil von Boris Johnson. Sunak gilt als Favorit, bislang.

Nachdem wochenlang darüber spekuliert wurde, wie lange sich Johnson noch halten kann, stehen nun Wochen bevor, in denen über seine Nachfolge spekuliert wird. Der 58-Jährige kündigte seinen Rücktritt an, nachdem mehr als 50 Minister, Abgeordnete und Mitarbeiter des Kabinetts hinwarfen – aus Protest gegen seinen Führungsstil. Bis das Amt des Parteiführers neu besetzt ist, will Johnson Premierminister bleiben.

Neben Sunak haben bislang zehn weitere konservative Abgeordnete ihren Hut für den Parteivorsitz in den Ring geworfen. Darunter Außenministerin Liz Truss, Finanzminister Nadhim Zahawi und Verkehrsminister Grant Shapps sowie der ehemalige Gesundheitsminister Sajid Javid. Als aussichtsreicher Anwärter gilt auch der ehemalige Außen- und Gesundheitsminister Jeremy Hunt. Außenhandel-Staatssekretärin Penny Mordaunt gilt als mögliche Kompromisskandidatin. Manche nutzen das Rennen außerdem, um ihren Namen ins Spiel zu bringen, wie der eher unbekannte Abgeordnete Rehman Chishti.

Die Partei drückt bei der Suche nach einer Nachfolge zudem aufs Tempo. Bis zur parlamentarischen Sommerpause am 21. Juli sollen nur noch zwei Kandidaten übrig sein. Danach entscheiden die Parteimitglieder, wer als Nächstes in die Downing Street ziehen soll, vermutlich Anfang September. Der Nachfolger muss im Lager der Brexit-Hardliner sowie in jenem der Tory-Abgeordneten aus den ehemaligen Industriegebieten in Nordengland Unterstützung erhalten.

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Guter Ruf in Teilen der Partei

Sunak hat sich seinen guten Ruf in Teilen der Partei während der Pandemie erarbeitet. So führte er unter anderem das beliebte Programm „Eat out to help out“ ein. Zuvor nicht in der ersten Reihe, wirkte er in seinem Amt als Finanzminister verlässlich und kompetent. Überdies arbeitete er schon damals an seiner Person als Marke durch die Präsenz in sozialen Medien. Zweifel an seiner Integrität kamen zuletzt wegen seines Reichtums auf – und weil seine Frau Steuern vermieden hatte.

Obwohl der Startschuss für das Rennen erst vor wenigen Tagen gefallen ist, ist jetzt schon klar, um welches Thema der Wahlkampf kreisen wird, wie der Politologe und Historiker Vernon Bogdanor vom Kings College London bestätigte: Steuersenkungen. Als Thema ins Spiel gebracht hatte es Sunak selbst. Er sagte, dass eine Senkung der Abgaben nicht möglich sei. Man solle den Menschen diesbezüglich keine „Märchen erzählen“.

Das jedoch sehen viele Kandidaten anders, darunter Javid sowie Hunt. Beide versprachen eine Senkung der Körperschaftssteuer. Experten geben zu bedenken, dass diese jedoch wohl durch Lohnkürzungen im öffentlichen Sektor oder die Aufnahme von Krediten finanziert werden müssten. Der Kampf um die Nachfolge in der Partei,er ist voll entbrannt.

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