Gelnhausen. „Hier ist Ihr Essen“, säuselt der Roboter. „Bitte nehmen Sie die Speisen aus Ablage eins.“ Der Gast im Restaurant des Flugplatzes Gelnhausen greift zum Teller, auf dem Fleisch, Soße und Kartoffelbrei dampfen. „Drücken Sie zur Bestätigung auf den Bildschirm“, fordert der sprechende Servierwagen den Mann auf und wünscht zum Abschluss artig „guten Appetit“. Das Gesicht auf dem Monitor mit großen Glupschaugen und einem roten Kussmund lächelt.
„Ich bin ein fleißiger Kellner. Ich bediene Sie gerne“, sagt der Roboter. Selbstbewusstsein und die richtige Arbeitseinstellung hat der rollende Kellner offenkundig. Der Job ist erledigt. Eine klassische Melodie dudelnd rollt Roboter „Peanut“ zurück zu seinem Stammplatz. An der Theke wartet er, ob Wirtin Veronika Döll neue Aufträge für ihn hat, etwa Kaffeetassen auszufahren oder benutztes Geschirr abzuholen.
„Wenn ich alleine an der Theke stehe oder im Service bin, ist der Robi eine wertvolle Hilfe“, lobt Döll. „Der allgemeine Personalmangel in der Gastronomie ist auch bei uns ein großes Thema.“ Ende Oktober hat sie ihren Helfer für insgesamt vier Wochen kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen. Organisiert wird das Projekt von der Marketingagentur Spessart Tourismus mit Unterstützung des Main-Kinzig-Kreises und der Industrie- und Handelskammer Hanau.
„Wir sprechen viel mit der Hotellerie und der Gastronomie in der Region, da ist der Fachkräftemangel ein großes Thema“, berichtet Bernhard Mosbacher, Geschäftsführer von Spessart Tourismus. Deshalb sei man auf die Idee gekommen, den Einsatz von Servicerobotern zu testen. Es gehe darum auszuprobieren, ob der Einsatz von Servicerobotern den Gastronomiebetriebe helfe, was letztlich auch den Tourismus stärke.
Wissenschaftliche Begleitung
Auf zwei Jahre ist das Projekt insgesamt angelegt. Die Gaststätte am Rand des Flugfelds ist die zweite Station – und ideal geeignet, weil sie ebenerdig und stufenlos ist und einen Holzboden besitzt, auf dem „Peanut“ (deutsch: Erdnuss) problemlos rollen kann. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von der Hochschule Heilbronn.
Das Interesse an dem Projekt sei groß, erklärt Mosbacher. Sieben Betriebe seien bereits fest angemeldet. „Nach dem Einsatz in Gelnhausen geht das nahtlos weiter. Wir wollen die Roboter auch in verschiedenen Bereichen testen“, sagt er. „Zunächst war der Test in einem Hotel, jetzt hier im Flughafenrestaurant, dann kommt noch ein Imbiss dran und eine Reha-Klinik. Und gerade dort sehe ich ein Riesenpotenzial.“
Zur Verfügung gestellt wird „Peanut“ von der Firma BZB Bürozentrum in Gelnhausen. „Wir haben versucht, den Roboter bewusst niedlich zu gestalten“, erklärt Geschäftsführer Marc Ihl. Das solle helfen, bei den Gästen Sympathien für den voll automatisierten Servierwagen zu wecken und eventuelle Ängste abzubauen. Neben „Peanut“ gehören noch „Schorsch“ und ein weiterer, bislang noch namenloser Roboter zum Programm.
„Schorsch“, sozusagen der kleine Neffe von „Peanut“ und von einem anderen Hersteller gebaut, war bei dem ersten Test in einem Hotel im Einsatz. Bei „Schorsch“ könne man einen Text eintippen, und er lese ihn dann vor, berichtet Ihl. Das funktioniere sogar auf Hessisch, fügt er hinzu. „Beispielsweise: Ei gude, wie? Dei Esse is da!“ Solche sprachlichen Feinheiten hat „Peanut“ nicht drauf, er hat feste Phrasen einprogrammiert. „Schorsch“ sei bei seinem Einsatz in dem Hotel bei einer Kindergeburtstagsfeier der Hit gewesen, berichtet Ihl. „Er hat ein Geburtstagsständchen gesungen, das ist super angekommen.“
Auch im Flugplatzrestaurant liebten die Kinder Roboter „Peanut“, erzählt die Wirtin. „Sie rennen gerne hinterher, weil er immer ausweicht und sie das total witzig finden. Die wollen sich am liebsten drauf setzen.“ Sie sei aber auch verblüfft gewesen, dass ihre älteren Gäste über 70 sehr positiv auf den Roboter reagiert hätten. Es habe natürlich auch Skeptiker gegeben, die dachten, dass durch den Serviceroboter das Persönliche auf der Strecke bleibe. „Aber ich bin ja immer persönlich bei den Gästen und nehme die Bestellungen auf.“ Das kann der Roboter nämlich nicht, genauso wenig wie Bier einschenken.
Miete oder Kauf möglich
„Schorsch“, „Peanut“ und ihr namenloser Geselle kosten Ihl zufolge 12 000 bis 14 000 Euro, wenn man sie kaufen will. „Wir bieten sie aber auch zur Miete an zu Sätzen zwischen 450 und 520 Euro im Monat“, berichtet der Geschäftsführer.
Nach Angaben des Branchenverbandes Dehoga ist die Hotellerie und Gastronomie in Hessen „in einem hohen Maß offen“ für automatisierte Anwendungen, um dem Personal- und Fachkräftemangel zu begegnen. Im Service könnten durch den Einsatz solcher Roboter Laufwege verkürzt oder schwere Lasten auf den technischen Helfer übertragen werden. „Grundsätzlich ist der Einsatz dort, wo er gut funktioniert, sinnvoll“, erklärt Steffen Ackermann, Vizepräsident des Hotel- und Gastronomieverbandes Dehoga Hessen. Den persönlichen Kontakt zu den Gästen könne er aber nicht ersetzen. Der sei „wesentlicher Bestandteil des Gastronomieerlebnisses“. lhe
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