Wertheim. Bezirkskantor Carsten Wiedemann-Hohl kennt Andreas Hantke noch aus seiner Zeit als Praktikant in der Christuskirche in München. Dort war Hantke lange Jahre Kirchenmusikdirektor und bildete mehrere begabte Musiker aus. Er war 45 Jahre lang als hauptberuflicher Kirchenmusiker tätig und schrieb unzählige Musikwerke für unterschiedliche Besetzungen, vor allem aber Lieder und Musicals für Kinderchor. Er ist Gründer und Leiter des renommierten „Kantatenchor München“.
Auch nach seinem Ruhestand konzertiert er weiterhin mit Chören, Ensembles und als Organist im „Babel-Duo“. Sein musikalischer Partner ist Thomas Roth. Roth studierte Jazz-Saxophon an der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ in Weimar mit Bestnote ab und zog danach in den Großraum München, wo er mit renommierten Jazz-Orchestern auftrat und auftritt.
Das Babel-Duo ist ein Überbleibsel des von Andreas Hantke geschriebenen Musicals „Babel blamabel“, bei der beide zusammen mit Schlagzeug und E-Bass das „Babel-Quartett“ bildeten. Seit acht Jahren gestaltet das Duo zudem in unregelmäßigen Abständen Konzerte, vor allem im Münchner Raum, aber auch darüber hinaus. Und so kamen sie nach Wertheim in die Stiftskirche mit einem breitgefächerten Programm.
Trotz des frostigen Wetters außerhalb der Kirche gelang es den beiden, die Menschen im Herz zu berühren und so warm zu halten. Vor allem für Saxofonist Thomas Roth war es eine Herausforderung, den richtigen Ton zu treffen, die Temperaturen machten seinem Instrument schwer zu schaffen. „Tja mein Lieber, das ist in der Kirche öfter so“, versuchte Andreas Hantke ihn zu trösten. Als Organist ist er „Mantelkirchen“ gewohnt und hatte sich eine Rückenheizung mitgebracht, in Form eines beheizten Paravents. Trotzdem gaben beide ihr Bestes, um das Publikum zu unterhalten. Dabei reichte das Repertoire von klassischer Kirchenmusik, neu interpretiert, bis hin zu Jazz-Rhythmen, bei der die Orgel zu Höchstleistungen getrieben wurde. Die Königin der Instrumente und das sinnige Jazz-Instrument passten perfekt zueinander, was nur wenige in der Kirche vermutet hatten.
Melodisch und getragen
Schon der Beginn mit Eugène Bozzas (1905 –1991) „Aria“ zeigte die Richtung auf. Sehr melodisch und getragen kam das Stück daher und untermauerte die These, dass eine Orgel auch als Begleitinstrument sein kann. Doch das Saxofon von Thomas Roth spielte sich nicht in den Vordergrund, sondern passte sich gut in die Gesamtatmosphäre ein.
Wie Tango auf der Orgel klingen kann, zeigten die Stücke „Oblivion“ und „Café 1930“ des argentinischen Begründers des „Tango Nuevo“ Astor Piazolla (1921 –1992). Er wäre sicher stolz auf das Arrangement gewesen, das Andreas Hantke und Thomas Roth spielten. Gleiches gilt für die „Romanze“ von Ludwig van Beethoven (1170 – 1827) oder Johann Sebastian Bachs (1685 – 1750)„Air“, ein Klassiker der Orgelliteratur, die durch die Hinzunahme des Saxophons noch an Wirkung gewann. Zu Gehör kam auch die Eigenkomposition von Andreas Hantke „Sax Seasons“, welches die vier Jahreszeiten als Thema hatte.
Immer wieder kam es zu Improvisationen einzelner Stücke, wie dem bekannten Kirchenlied „Befiehl du meine Wege“ von Paul Gerhardt (Text) und Bartholomäus Gesius (Melodie).
Jazzig wurde es dann bei „Naima“ von John Coltrane (1926-1967) und noch mal sehr gefühlvoll bei Ennio Morricones Filmmusik zu „Gabriels Oboe“, welches Thomas Roth mit dem Sopran-Saxofon unnachahmlich vortrug, immer begleitet von Organist Andreas Hantke.
Logisch, dass der Beifall nicht enden wollte und eine Zugabe gefordert wurde, die bereitwillig gewährt wurde. Doch dann war wirklich Schluss und nicht nur die beiden Musiker mussten sich mit einem Heißgetränk aufwärmen.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/wertheim_artikel,-wertheim-wohlklang-in-eisiger-atmosphaere-_arid,2199042.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/wertheim.html