Wirtschaft

Wertheimer Firma Adaptronic will weiter wachsen

Das Unternehmen Adaptronic – spezialisiert auf Prüftechnologie – besteht seit 30 Jahren. Gründer Peter Müller geht von Bord. Adaptronic ist jetzt Teil eines Schweizer Konzerns.

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Gerd Weimer
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Andreas Kriegler (links) übernimmt bei Adaptronic die Geschäftsleitung. Gründer Peter Müller (rechts) zieht sich zurück. © Gerd Weimer

Reinhardshof. Zwei Meilensteine stehen in diesem Jahr bei dem Wertheimer Unternehmen Adaptronic Prüftechnik an: Die Firma wird 30 Jahre alt und Peter Müller verabschiedet sich Ende August endgültig als Geschäftsführer. Seine Gesellschaftsanteile hat er schon Anfang vergangenen Jahres an die Schweizer Schleuniger Gruppe übertragen, die wenig später mit der Schweizer Komax-Gruppe fusionierte.

Hintergrund: Adaptronic Prüftechnik

Die Adaptronic Prüftechnik GmbH entstand aus einer Sparte der früheren ATG in Reicholzheim. Peter Müller führte 30 Jahre lang das Unternehmen und war Hauptgesellschafter mit etwas mehr als 80 Prozent der Anteile.

2017 veräußerte er ein erstes Paket (60 Prozent) seiner Anteile an die Schleuniger-Gruppe, fünf Jahre später den Rest.

2022 erwirtschaftete Adaptronic rund 25 Millionen Euro Umsatz.

Über das Jahresergebnis machen Peter Müller und Andreas Kriegler keine Angaben. 2021 waren es laut dem im Bundesanzeiger veröffentlichten Geschäftsbericht fast 900 000 Euro. Die Eigenkapitalquote liegt bei rund 60 Prozent, was weit über dem Branchendurchschnitt liegt.

Adaptronic entwickelt, produziert und vertreibt elektrische Prüfsysteme und Adaptionslösungen für Verdrahtungen, elektrische und mechatronische Komponenten und Systeme. Ebenso werden die zugehörigen Applikations- und Serviceleistungen angeboten.

Eines der vielen Anwendungsbeispiele ist die Prüfung von Ladekabeln für elektrisch betriebene Autos. Adaptronic-Produkte sind zum Beispiel auch in der Luft- und Raumfahrtindustrie, der Bahntechnik, Medizintechnik und bei der Automatisierung von Produktionsunternehmen im Einsatz. wei

Alleiniger Geschäftsführer wird ab September Andreas Kriegler, der nun die Aufgabe hat, das Wertheimer Unternehmen in die Strategie des Mutterkonzerns zu integrieren. Kriegler versichert, dass die Marke Adaptronic erhalten bleibt. In der Komax-Gruppe böten sich weitere Wachstumsperspektiven, weil sie weltweit sehr gut aufgestellt sei.

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Mit Wachstum kennt sich Adaptronic aus. Als Peter Müller das Ruder vor 30 Jahren übernimmt, stehen 24 Leute auf der Gehaltsliste. Das Unternehmen war zuvor Teil der Reicholzheimer ATG, die Anfang der 1993 ins Trudeln geriet. Peter Müller – noch nicht einmal 30 Jahre alt, erstellt Sanierungspläne für die zwei Unternehmen, die aus der Konkursmasse hervorgingen – einen für die Sparte der Leiterplattenprüftechnologie, den anderen für jenen Teil, der sich um den Verdrahtungstest kümmerte, wie er im FN-Gespräch erzählt.

Gründungsbasis Konkursmasse

Mit den Sanierungsplänen liefert er dem Insolvenzverwalter Blaupausen für den Fortbestand der Firmen und den Erhalt von Arbeitsplätzen. Deren Zahl wächst anschließend stetig. Heute sind bei Adaptronic etwa 220 Mitarbeiter beschäftigt, 40 davon am Standort Wiedensahl (Niedersachsen).

Für Wertheim ist es ein Glücksfall, dass Peter Müller seine Karriere in jungen Jahren bei der Deutschen Bank abbricht. Dort hat er nach seinem kaufmännischen Studium an der Fachhochschule in Würzburg ein Trainee-Programm absolviert. Danach, so war es laut Müller abgesprochen, soll eine Laufbahn im englischsprachigen Ausland folgen. Doch die Bank braucht ihn in Würzburg und will ihn dort halten.

Müller ruft in Reicholzheim bei der ATG an und fragt nach, ob er dort, wo er eines von etlichen Praktika absolviert hatte, anfangen könne. Die Zusage kommt prompt, Müllers Kündigung bei der Deutschen Bank ebenso. Ab 1989 unterstützt er als Assistent den kaufmännischen Geschäftsführer.

Mit Müllers Sanierungsplan für die ATG-Geschäftsbereiche rückt er 1992 dann selbst an die Spitze beider Technologieunternehmen. Nach einer Übergangszeit von etwa drei Jahren leitet er dann – wie abgesprochen – nur noch Adaptronic. ATG und Adaptronic gehen getrennte Wege.

Technisches Hintergrundwissen hat er sich schon als Junge selbst angeeignet. Der Vater ist Siemens-Ingenieur, bereits im Vorschulalter beschäftigt sich der kleine Peter mit elektronischen Bauteilen. Ein Studium der Elektrotechnik tritt er aber nicht an – seine Mathe-Leistungen in der Schule hätten zu wenig Erfolg versprochen, räumt Müller ein. Das fehlende technisch-akademische Lametta hindert ihn nicht daran, mit der Adaptronic eine Erfolgsgeschichte zu schreiben.

Das Unternehmen zieht nach ein paar Jahren in die Räume des Dörlesberger Ernsthofs um und wächst auf 75 Mitarbeiter, die dann 2017 in den Neubau im Industriegebiet auf dem Reinhardshof einziehen. Nach sechs Jahren sind es nun 220 Beschäftigte insgesamt.

Platz für weiteres Wachstum ist vorhanden. Auf dem Gelände könne man die Produktionskapazitäten verdoppeln, so Müller. Falls notwendig steht noch ein Nachbargrundstück bereit, für das man sich eine Kaufoption gesichert hat.

Vier Kompetenzteams

Die Grundlage für das starke Wachstum liegt laut Müller generell in der stark steigenden Verwendung von Elektronik und Elektrotechnik. Die auf vier Marktbereiche spezialisierten Kompetenzteams hätten sehr viel Know-how aufgebaut. Schlüssel für den Erfolg sei letztlich, „dass wir im Dialog mit dem Kunden Innovationen entwickeln“.

Der Dialog

Das Adaptronic-Team wisse sehr genau über die Anforderungen von gesetzlicher Seite Bescheid, kenne die Bedürfnisse der Industrie und könne dem Kunden „eine optimale Lösung“ zusammenstellen. „Wir waren nie der billigste Anbieter, auch nie der schnellste, aber wir haben sehr gut zugehört und letztendlich gute Lösungen für die Kunden umgesetzt. Das hat sich herumgesprochen“, erklärt Müller.

Der 60-Jährige hat den Betriebsübergang sorgsam vorbereitet. Die Schleuniger-Gruppe, die mittlerweile Teil des Komax-Konzerns ist, gilt als kompetenter Spezialist. Nachfolger Andreas Kriegler ist Maschinenbauingenieur und führte schon mehrere mittelständische Unternehmen. Er war zuletzt bei Schleuniger in leitender Vertriebsposition tätig. Die Übergabe der Geschäftsführung erfolgte fließend.

Die Adaptronic-Marke werde künftig weltweit noch stärker präsent sein. Der global aufgestellte Komax-Konzern wolle das Geschäft der Adaptronic „substanziell und zügig“ weiter internationalisieren. „Die Alleinstellungsmerkmale in der Hochspannungsprüfung bei der E-Mobilität sollen deutlich stärker in die Welt getragen werden“, blickt Kriegler in die Zukunft. Ziel sei es, in diesem Wachstumsfeld möglichst große Marktanteile zu erlangen.

Internationalisierung

Dafür sollen Struktur, Organisation und Prozesse so aufgestellt werden, dass die nächsten Wachstumsstufen gut zu bewältigen sind. Binnen fünf Jahren will die Komax-Gruppe laut Kriegler „deutlich über eine Milliarde Schweizer Franken Umsatz erzielen“. Momentan sind es rund 750 Millionen Franken. Ein „realistisches Szenario“ für die Adaptronic sei es, ihr Geschäft bis 2028 nahezu zu verdoppeln.

Die Komax-Gruppe böte auf den künftigen Wachstumsmärkten in Nord- und Mittelamerika und in Asien auch die Möglichkeit, in Wertheim produzierte Kernbaugruppen in den Zielmärkten nahe am Kunden zusammenzubauen.

Eine 100-prozentige Wertschöpfung in der Main-Tauber-Stadt gestalte sich unter anderem wegen des Fachkräftemangels schwierig. Potenzielle Kunden benötigten Lösungen, die schnell geliefert werden können.

Redaktion Reporter Wertheim

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