„Lange Nacht in der Stiftskirche“

Wertheim: Leibliche und geistliche Genüsse vielfacher Art

Bei der "Langen Nacht" gab es in der Wertheimer Sutiftskirche einen besondere Gottesdienst und ein Gespräch über das Jubiläum des Bonhoeffer-Gymnasiums.

Von 
Birger-Daniel Grein
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Für schöne musikalische Momente in der langen Nacht in der Stiftskirche sorgte unter anderem der Jugendchor. © Birger-Daniel Grein

Wertheim. Die „Lange Nacht“ in der besonders illuminierten Stiftskirche bot am Freitag leibliche und geistliche Genüsse vielfältiger Art. Es gab besondere Einblicke in die Reformationsgeschichte, Musik und persönliche Berichte zu 650 Jahre Lateinschule Wertheim und das heutige Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium (DBG). Auch für das leibliche Wohl war bestens gesorgt, denn die Besucher waren zu alkoholfreien Cocktails, warmen Getränken, Waffeln und mehr eingeladen.

Dekanin Wibke Klomp sagte, man wolle einladen am Abend über die Frage „Was bedeutet Glaube für dich?“ nachdenken. Neben dem Programm gab es verschiedene individuelle Angebote. So konnte man sich in den Programmpausen in der Sakristei einzeln oder als Paar segnen lassen. Auf der Empore gab es ein Quiz zur Kirchengeschichte, außerdem konnte man erfahren, was die biblische Geschichte der Sturmstillung mit unserem heutigen Leben zu tun hat.

In der Kapelle stand eine Auswahl verschiedener Bibelübersetzungen bereit, darunter auch solche in Englisch, Hebräisch und Jiddisch. Außerdem gab es dort ein Plakat, auf dem man seinen Lieblingsbibelvers notieren konnte. Zudem gab es Glückskekse mit Bibelversen. Bestaunt werden konnte zudem die Fahnenausstellung des gebürtigen Wertheimers Lothar Weis. Die Motive zeigen Ausschnitte aus dem Weltgeschehen und sind ein Aufruf zu einem Leben miteinander und in Frieden.

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Vorbereitet und umgesetzt hatte die Nacht die komplette Dienstgruppe der evangelischen Kirchengemeinde Wertheim, die bei der Durchführung von einigen Ehrenamtlichen unterstützt wurden. Auch das DBG wirkte mit. So gestaltete beispielsweise dessen Kunstlehrer Andreas Jost in einem Kunstprojekt den Altarbereich für die besondere Veranstaltung, und die Jazzmusik gegen Ende kam von Schülern des Gymnasiums zusammen mit Lehrer Ulf Hannig und dem bekannten Wertheimer Musiklehrer Eberhard Feucht, ehemaliger Lehrer an der Schule.

Reformationsgeschichte

Die Nacht begann mit einem besonderen Gottesdienst des Pfarrers Manfred Kuhn und dem Musiker und Kabarettisten Armin Töpel. In diesem betrachteten sie die wechselvolle Reformationsgeschichte am Beispiel des weitgehend unbekannten Schicksals von Johannes Sylvanus, einen reichsweit einflussreicher Theologe.

Er wurde vor 450 Jahren auf dem Heidelberger Marktplatz wegen Ketzerei und Gotteslästerung hingerichtet. Für diesen besonderen Einblick wählte man bewusst das Format der Liturgie mit Liedern der Gemeinde aus dem Gesangbuch. Der Pfarrer und der Kabarettist touren mit diesem außergewöhnlichen Gottesdienst durch die Kirchengemeinden. Wertheim war die 18. Station, jedoch die erste in unserer Region.

Töpel berichtete im Gespräch mit den FN, der Inhalt basiere auf der Doktorarbeit von Kuhn. Er sei damals auf Töpel zugekommen mit der Frage, ob man das Thema gemeinsam in eine breitere Öffentlichkeit bringen könne. Der Kabarettist berichtete weiter, seine Bühnenzeit begann in der Jugendarbeit in einer Kirchengemeinde. Die Kirche war und sei auch heute wichtig für ihn.

Mit seinen Texten in Kurpfälzer Mundart holte er mit Humor die Geschichte ins Hier und Jetzt, während Kuhn die historischen Hintergründe lieferte. Dies war unterhaltsam, wurde aber zugleich dem Ernst des Themas gerecht. Das Berichtete habe auch Bedeutung für unsere Region, so Töpel. Johannes Sylvanus war eine Zeit lang bischöflicher Prediger in Würzburg.

Bei der langen Nacht der Kultur gaben im Gespräch mit (von links) Dekanin Wibke Klomp unter anderem Melissa Hasenfuß, Renate Gassert und Reinhard Lieb persönliche Einblicke in die Jubiläumsschule Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium © Birger-Daniel Grein

Persönliche Einblicke in das Früher und Heute des DBG gab es auf dem blauen Sofa vor dem Altar. Dort sprachen unter anderem Schulleiter Reinhard Lieb, die ehemalige Schülersprecherin Melissa Hasenfuß sowie Ehrenbürgerin Renate Gassert über ihre Erlebnisse in der Schule. Renate Gassert kam 1949 aufs Wertheimer Gymnasium und machte dort 1958 ihr Abitur. Zum Jubiläum der Lateinschule sagte Klomp, die auch die Interviews führte, man sei stolz auf die Schulgeschichte. „In Wertheim gab es nicht nur Reformation, sondern auch Bildung von Anfang an.“

Gassert erinnerte sich, um damals auf dem Gymnasium aufgenommen zu werden, habe man eine Prüfung ablegen müssen. „Wir waren richtig stolz dort hinzugehen.“ Sie seien 43 Kinder in der Klasse gewesen, davon 15 Mädchen.

Hasenfuß wurde zu ihrem Abitur dieses Jahr mit einem Preis für ihr besonderes Engagement für die Schulgemeinschaft ausgezeichnet. Sie sagte, engagiere man sich, könne man Schule mitgestalten. Die Mitarbeit in der SMV sei schön.

„Schule gab Geborgenheit“

Gassert berichtete, Schule sei für sie ein schöner Ort gewesen. Sie habe Geborgenheit gegeben in der Zeit der Umbruchstimmung nach dem Krieg. Lieb ging darauf ein, dass man als Lehrer und Schulleitung gute Entwicklungen bei den Schülern anstoßen könne. Es sei schön, wenn die Schulzeit auch deren Persönlichkeitsentwicklung anstoße. In der zweiten Runde des blauen Sofas kamen die beiden DBG-Religionslehrerinnen Ute Schumacher und Susanne Walz dazu.

Sie sprachen über die Bedeutung des Reliunterrichts und die Fragen der Schüler darin. Lieb stellte zudem am Abend das Jahresmotto der Schule vor. Bei diesen handelt es sich immer um Zitate des Namensgebers der Schule.

Musikalisch begeisterten am Abend auch der Jugendchor der Stiftskirche, die Stiftsbläser und der Flötenkreis. Außerdem erfüllte Orgelmusik von Carsten Wiedemann-Hohl die Kirche.

Die Nacht kam bei den Gästen in der sehr gut gefüllten Stiftskirche gut an. Walter Hund sagte, er sei abwechslungsreich. „Es ist ein gelungener und interessanter Abend.“ Er freute sich zudem Töpels Dialekt zu hören, den man auch in seiner alten Heimat Mannheim spreche.

Rainer Dreikorn war als Helfer an der Cocktailbar aktiv. „Die Gäste sind gut drauf, ihnen gefällt der Abend“, so sein Eindruck. „Die Leute haben Spaß und wir auch“. Zufrieden war auch Wibke Klomp: „Ich finde es heute richtig schön.“ Es sei ein Kommen und Gehen und man habe attraktive Inhalte geboten.

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