Justiz

Wertheim: Kokain-Prozess am Landgericht Mosbach

Eine junge Frau steht seit Dienstag in Mosbach vor Gericht. Es geht um Handel mit einer großen Menge Kokain. Die Polizei hatte die Angeklagte auf dem Autohof in Bettingen erwischt.

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Gerd Weimer
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Strafprozess in Mosbach: Im Auto der Angeklagten (rechts) hatte die Polizei zwei Kilogramm Kokain entdeckt. © Gerd Weimer

Wertheim/Mosbach. Eine Kokain-Dealerin? Das Erscheinungsbild der Angeklagten lässt nicht erahnen, wegen welchen Delikts sie vor Gericht steht. Sie entspricht keinesfalls den herkömmlichen Klischees. Dezent gekleidet, eher unscheinbar, sitzt sie neben ihrem Verteidiger, beantwortet höflich die zunächst nur formalen Fragen. Doch der Vorwurf der Anklage wiegt schwer: Handeltreiben mit Betäubungsmitteln.

Richterin Barbara Scheuble erkundigt sich am Dienstag zunächst nach dem Befinden der 27 Jahren alten Frau aus dem Rhein-Main-Gebiet, die seit Juli dieses Jahres in Untersuchungshaft sitzt. „Ach, heute war ziemlich viel los“, seufzt sie. Die Richterin sagt, sie könne das nachvollziehen und verweist auf die Zuschauer im Gerichtssaal: „Sie haben hier aber Unterstützung durch Ihre Familie“. Ein halbes Dutzend Angehörige waren erschienen, um die Angeklagte wiederzusehen. Es flossen Tränen. Offenbar waren die Besuchsmöglichkeiten in der Justizvollzugsanstalt eingeschränkt.

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Nachdem die Polizei die Angeklagte mit zwei Kilogramm Kokain am Autohof in Bettingen erwischt hatte, war in der entsprechenden Pressemeldung zunächst von einer „Drogenkurierin“ die Rede. Man konnte also meinen, sie habe im Auftrag von Leuten aus dem kriminellen Milieu Rauschgift transportiert. Dann wäre sie „nur“ Mittäterin oder Gehilfin.

Doch der Vorwurf geht darüber hinaus, wie Staatsanwältin Gloria Kaiser vortrug: Die Angeklagte habe sich spätestens Anfang Juli dazu entschlossen, einen „schwunghaften Handel mit Kokaingemisch zu betreiben“.

Dafür habe sie Betäubungsmittel bei bislang nicht identifizierten Hintermännern erworben, um es gewinnbringend an Abnehmer im Bereich Stuttgart, Ulm und München weiterzuverkaufen. Damit habe sie beabsichtigt, sich eine fortdauernde Einnahmequelle „von einiger Dauer und einigem Umfang“ zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts zu erschließen.

Professionelles Versteck unter dem Beifahrersitz

Dass dies strafbar ist, sei der Angeklagten „gleichgültig“ gewesen. Im Strafrecht wird die Floskel „von einiger Dauer und einigem Umfang“ zur Beschreibung der Gewerbsmäßigkeit benutzt. Es geht laut Anklage also nicht nur um den schieren Transport des Rauschgifts, sondern um gewerbsmäßigen Handel mit den schwerwiegenden Folgen, sollte das Urteil entsprechend fallen.

Anfang Juli sei die junge Frau am Nachmittag auf dem Maxi-Autohof an der A 3 von der Polizei einer Kontrolle unterzogen worden, da ihr Pkw wegen der Verwendung für Rauschgiftgeschäfte zur Fahndung ausgeschrieben war.

Im Auto habe sich ein professionell mit Magnetschalter ausgestatteter Schacht unterhalb des Beifahrersitzes befunden. In dem Versteck hätten die Polizeibeamten zwei Päckchen mit jeweils rund einem Kilogramm Kokain entdeckt. Der Wirkstoffgehalt des Rauschgifts betrug laut den Laborergebnissen rund 84 Prozent.

Die Angeklagte habe die Droge „wissentlich“ mit sich geführt und plante demnach, zumindest einen Teil des Kokains zu veräußern, um damit Gewinn zu erzielen. Der Vorwurf laute daher „Handel mit unerlaubten Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“. Die Polizeibeamten haben laut Anklage auch Bargeld in Höhe von 1650 Euro entdeckt, zusätzlich zwei Mobiltelefone.

Wie Richterin Barbara Scheuble erklärte, habe der Verteidiger vor der Verhandlung mit ihr telefoniert und ein Gespräch angeregt. Möglicherweise könne man dadurch auf Zeugenaussagen verzichten, so der Frankfurter Anwalt Ferhat Tikbas. Es könnte also auf einen sogenannten „Deal“, in der juristischen Fachsprache „Verständigung“, hinauslaufen. Dabei einigt sich das Gericht mit den Beteiligten über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens.

Das Gespräch soll nun am Freitag vor der Vernehmung der Zeugen stattfinden. Barbara Scheuble wies den Anwalt darauf hin, „dass ein Geständnis strafmildernd wirkt“.

Den „wunderschön geschriebenen“ brieflichen Wunsch der Angeklagten, ihre Großmutter besuchen zu dürfen, lehnte die Richterin wegen der Schwere der Vorwürfe ab, stellte aber in Aussicht, eine Besuchserlaubnis für das Gefängnis zu erteilen. Letztlich durfte sich die Frau noch ein paar Minuten mit den anwesenden Angehörigen treffen – unter Aufsicht der Justizbeamten. Es flossen erneut einige Tränen.

Redaktion Reporter Wertheim

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