Wertheim. Rainer Kurtz, Chef des Familienunternehmens Kurtz Ersa, hat den ehemaligen Flakturm auf dem Wertheimer Wartberg erworben – als Privatmann. Nach Informationen der Fränkischen Nachrichten ist ein Kaufvertrag abgeschlossen worden. Die entsprechende Auflassung im Grundbuch ist demnach allerdings noch nicht erfolgt und somit der Wechsel des Eigentums auch nicht endgültig vollzogen. Die bisherige Eigentümerin, Sarah Grair und ihr Mann Itsak, hatten in den vergangenen Jahren immer wieder versucht, das Anwesen zu verkaufen – erfolglos.
Mit eigenen Plänen für die weitere Nutzung blitzte Itsak Grair bei der Stadt als Genehmigungsbehörde ab. „Alles, was ich vorgeschlagen habe, wurde von der Stadtverwaltung abgelehnt. Ich hatte zahlreiche interessierte Investoren an der Hand, die zusammen mit mir eine neue Verwendung ermöglicht hätten“, beklagt er auf Anfrage der Fränkischen Nachrichten.
Erfolglose Verkaufsbemühungen
Das Gebäude befindet sich unterdessen in einem desolaten Zustand. Der Zahn der Zeit nagte. Die Fassade bröckelt. Das Dach drohte im vergangenen Jahr einzustürzen. Grair musste nach Aufforderung der Baubehörde, Teile der Dachverkleidung entfernen, um Sicherheit herzustellen.
Was der neue Eigentümer mit dem Gelände vorhat, bleibt unterdessen im Dunkeln. Rainer Kurtz wollte sich dazu gegenüber den Fränkischen Nachrichten nicht äußern, stellte aber klar, dass das Geschäft nicht in Zusammenhang mit dem Konzern Kurtz Ersa steht.
Kein aktuelles Baurecht
Laut Auskunft der Stadtverwaltung gibt es für das Gelände kein aktuelles Baurecht für ein geändertes Vorhaben. „Ein Bebauungsplan existiert nicht“, so Rathaussprecherin Angela Steffan. Der neue Eigentümer könne dort die bisherige Nutzung des Gebäudes weiterführen. Wünsche er eine Änderung, müsse die Stadtverwaltung zunächst entsprechendes Planungsrecht schaffen. Der Gemeinderat würde letztendlich darüber entscheiden, sagte sie.
Es ist also vollkommen offen, wie es mit dem Gebäude und dem Gelände weitergeht. Auch, ob der Turm überhaupt erhalten bleibt. Besondere Herausforderung: Es fehlt ein zweiter Fluchtweg. Der könnte nur über eine Außentreppe geschaffen werden – ein aufwendiges Unterfangen.
Der Turm, der zum Stadtbild Wertheims gehört, hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Die Wehrmacht errichtete ihn im Zweiten Weltkrieg zum Schutz des Fliegerhorsts auf dem Reinhardshof.
Nach Kriegsende ging es in den Besitz der Kreuzwertheimer Lutz-Brauerei über. In den 50-er Jahren entstand unter deren Regie ein Café mit Panoramaausblick. Es entwickelte sich zum beliebten Ausflugslokal.
Ausflugslokal und Nachtclub
Nachdem die Brauerei den Turm in den 70-er Jahren verkauft hatte, diente es als Nachtclub – für Nachtschwärmer war es nach Besuch von Kneipen und Diskotheken der letzte Zufluchtsort, um das ein oder andere Getränk zu sich zu nehmen. In dem Etablissement waren auch Prostituierte tätig, was dem „Turm-Cabaret“ mitunter einen zweifelhaften Ruf einbrachte. Vor allem bei den in den nahe gelegenen Peden Barracks stationierten US-Soldaten war der Turm beliebt. Nach deren Abzug 1992 flaute das Geschäft allmählich ab.
Strafprozess
Zuletzt machte ein Prozess gegen einen Betreiber Schlagzeilen. Er wurde Anfang der 2000-er Jahre wegen wegen Menschenhandel, Prostitution und Geldfälschung mit einer Haftstrafe von sieben Jahren belegt. Anschließend schloss das Lokal, steht seither leer und zerfällt.
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