Wertheim. „Bislang, aber das kann jeder erahnen, ist es ganz schlimm“, sagt Christiane Förster mit Blick auf das Tourismusjahr 2021. Förster ist die Geschäftsführerin der Tourismus Wertheim GmbH (TWG) und hat die aktuellen Zahlen vor sich liegen. „Schlimm deshalb, weil im Gegensatz zum vergangenen Jahr die Buchungen noch nicht einmal angelaufen sind, sondern durch den zweiten Lockdown, in dem wir seit November stecken, gar nicht stattgefunden haben.“ Ein wenig Resignation schwingt bei dieser Antwort in ihrer Stimme mit.
Hoffnung habe sie für dieses Jahr dennoch, gibt Förster zu. „Sobald es irgendeine Möglichkeit für die Menschen geben wird, dass sie wieder reisen können – und sei es ’nur’ im eigenen Land – werden sie es tun.“ Städte und Regionen, die etwas zu bieten haben, werden dann sehr gut besucht sein, ist sich die Tourismusexpertin ganz sicher.
Augenfällige Zunahme
Als Beispiel für diesen Trend führt sie die Ankunfts- und Übernachtungszahlen von September 2020 zu September 2019 im Vergleich an. Vor Ausbruch der Pandemie wurden im September 2019 insgesamt 18 153 Übernachtungen in Wertheim und den dazugehörigen Ortschaften gezählt. Im Corona-Jahr 2020 lagen die Übernachtungen im gleichen Monat bei 18 445. Nicht mitgezählt sind in dieser Statistik die Übernachtungen, die durch die Polizeihochschule zustande kommen. „Das spiegelt doch wider, wie sehr die Menschen reisen und die schönen Regionen erkunden wollen“, wertet sie das Ergebnis.
Hintergrund: Entwicklung der Ankünfte, Übernachtungen und Schiffsanlandungen in Wertheim
Im Jahr 2018 verzeichnete Wertheim 100 388 Gäste-Ankünfte. Im Jahr 2019 waren es 97 993 und im Corona-Jahr 2020 noch 54 694.
Die Übernachtungen im Jahr 2018 werden auf 212 072 beziffert. Für 2019 sind 243 047 und im Jahr 2020 nur noch 136 231 Übernachtungen verbucht. Berücksichtigt werden dabei alle gewerblichen Beherbergungsbetriebe in Wertheim und den Ortschaften ab zehn Betten.
Die Aufenthaltsdauer stieg in den vergangenen Jahren ständig an und lag 2019 und 2020 bei durchschnittlich 2,5 Tagen. (Quelle: Statistisches Landesamt)
Insgesamt 475 Schiffe gingen im Jahr 2019 in Wertheim vor Anker (Anlandungen). Sie brachten damit rund 80 750 Touristen in die Stadt und die Region. Für 2020 hatten sich vor Ausbruch der Pandemie 500 Schiffe angemeldet. Wirklich vor Anker lagen im vergangenen Jahr 93.
Für 2021 hatten trotz Pandemie diverse Reedereien 451 Schiffe zur Anlandung angemeldet. Bislang sind davon 311 noch nicht storniert. Die Geschäftsführerin der Tourismus Wertheim GmbH, Christiane Förster, geht davon aus, dass die Zahl der Stornierungen noch deutlich höher ausfallen wird. Sie vermutet, dass internationale Schiffsreiseveranstalter wie Viking, der einen sehr großen Anteil in diesem Marktsegment hat, am Ende des Jahres den überwiegenden Anteil der für 2021 geplanten Schiffsreisen in Deutschland storniert haben werden. hei
Aus diesem Grund widmen sich alle Mitarbeiter der TWG verstärkt Themen wie „Radfahren“ oder „Wandern“. „In diesen Bereich haben wir wirklich vieles zu bieten und damit beste Voraussetzungen, um am Markt bestehen zu können.“, sagt Förster. Und so werden im Moment verstärkt Anstrengungen, beispielsweise im Bereich der Ausschilderung und Erfassung der Wanderwege, unternommen. „Wir haben die Zeit genutzt, um ein Wander-Tourenportal mit all den Wegen in der Region Wertheim aufzubauen“, erklärt Förster.
Auch wenn diese Aufgabe noch lange nicht abgeschlossen ist, sind daraus zwei neue Produkte entstanden. So wird es in Kürze eine Wanderkarte speziell für die Region mit neun Touren geben. Als Symbol für eine fest gefügte Region will die Geschäftsführerin die erscheinende Wanderbroschüre durch die Region sehen, in denen neben Angeboten in Wertheim die der Gemeinden Külsheim, Kreuzwertheim und Freudenberg erfasst sind.
Ein großer Anziehungspunkt sei der Fünf-Sterne-Radweg „Liebliches Taubertal - der Klassiker“ für dessen Vermarktung durch den Tourismusverband „Liebliches Taubertal“ Förster nur lobende Worte übrig hat. Die rund um Wertheim ausgeschilderten E-Biketouren und der Main-Radweg, als weiteres Zugpferd, locken zusätzlich sehr viele Gäste an.
Mit großem Interesse verfolgt Christiane Förster die Lockerungsstrategien der Bundesregierung des Landes Baden-Württemberg. Weil in Kürze (voraussichtlich ab 21. Mai) touristische Reisen wieder möglich sein könnten, blickt sie etwas hoffnungsvoller auf die kommenden Sommermonate. „Die Lust ist da, die Leute wollen raus und deswegen wird es auch hier in der Region spürbar viele Gäste und Besucher geben, ganz sicher.“ Positiv bemerkbar machen wird sich laut Förster auch das neue Hotel am Almosenberg.
Einen weiteren Hoffnungsschimmer bewirkte die Anfrage eines Busreise-Planers aus Österreich nach einem Workshop. Und so wird, (bei entsprechenden Inzidenzzahlen) voraussichtlich am 1. Juli auf der Wertheimer Burg, eine Messe für Busreiseunternehmen stattfinden.
Auch diese Reisebranche ist durch die Pandemie stark in Mitleidenschaft gezogen. Denn seit einem Jahr stehen die Busse auf dem Hof. Laut Förster kamen im vergangenen Jahr so gut wie keine Reisebusse nach Wertheim. „Diese Unternehmen brennen jetzt darauf, kleinere Städte anzufahren, die etwas zu bieten haben, statt der großen Metropolen.“ Als Ursache dafür sieht Förster ein in Kleinstädten kalkulierbareres und überschaubareres Risiko an.
Mit historischer Altstadt, Wein- und Waldregion, zwei Flüssen, vielen Cafés und der Burg habe Wertheim damit beste Voraussetzungen zum gern angesteuerten Ziel der Busreisen zu werden. Anmeldungen gibt es noch nicht.
Nicht ganz so zuversichtlich ist die Geschäftsführerin der TWG in Sachen Schiffsreisen. „Es mag sein, dass von deutschen oder europäischen Reedereien Schiffe in Wertheim anlegen werden, aber Touristen aus Amerika oder Asien werden wir in diesem Jahr wohl nicht von Bord gehen sehen.“ Ein Indiz dafür sind die Anmeldungen, die bereits im vergangenen Jahr für 2021 getätigt wurden und inzwischen wieder storniert wurden (siehe Hintergrund). Laut Christiane Försters Unterlagen würde am 21. Mai das erste Schiff in Wertheim anlegen. „Das ist eher unwahrscheinlich“, meint die Geschäftsführerin. Sie rechnet frühestens ab Juli damit, dass Touristen von Bord gehen, um bei einer Stadtführung Wertheim zu erkunden.
Beim Blick auf das Tourismusjahr 2021 habe sie nun „keine so großen Bauchschmerzen“ mehr. „Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg. Die Anzahl der geimpften Menschen nimmt ständig zu. Und das ist in meinen Augen ein wesentlicher Bestandteil für die Lockerungen. Deswegen sieht meiner Meinung nach die Zukunft deutlich positiver aus, als es die Vergangenheit war.“
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