Theodora-Brand-Tierheim - Seit Beginn der Pandemie hat die Einrichtung mit zahlreichen Schwierigkeiten zu kämpfen

Tierheim Wertheim: Kasimirs Schicksal ist kein Einzelfall

Von 
Heike Barowski
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Wahrscheinlich stammt der Rassekater aus dem Ausland. Er wurde in einem Karton vor dem Tierheim ausgesetzt, befreite sich daraus und konnte erst etliche Tage später völlig verwahrlost und abgemagert wieder aufgegriffen werden. Jetzt hat er im Tierheim Theodora Brand ein neues Zuhause gefunden. © Monika Eggerer

Wertheim. Das Betreiben eines Tierheims ist schon ohne Pandemie eine Herausforderung. Doch seit Corona grassiert, mussten sich die Leiterin des Theodora-Brand-Tierheims, die Mitarbeiter und freiwilligen Helfer zahlreichen Problemen stellen.

Teures Heizöl,, zahlreiche Tiere, die abgegeben werden, Quarantänemaßnahmen und keine neuen Helfer – das Tierheim Theordora Brand in Wertheim steht in der Pandemie vor zahlreichen Herausforderungen, wie ihre Leiterin Monika Eggerer im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten berichtet.

Eines der herausragenden Probleme ist eine regelrechte Tierschwemme, wie Moni Eggerer erzählt. So „boomte“ während des ersten Lockdowns und der Kurzarbeit der Handel mit Tieren. Kehrte dann der arbeitsreiche Alltag wieder ein, wurde den neuen Hunde- oder Katzenhaltern klar, dass sie eigentlich keine Zeit für ein Tier haben. In einen Karton verfrachtet, eine Decke dazu gestopft und ein Stückchen Kauknochen beigelegt – und schon endete das Tier direkt vor der Tür des Theodora-Brand-Tierheims.

Einfach ausgesetzt

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Moni Eggerer kann jede Menge solcher Schicksale aufzählen, die sich so in den letzten Monaten zugetragen haben. Dabei haben die Tiere noch Glück, wenn sie rechtzeitig gefunden werden. Denn, so berichtet Eggerer, büxen die Tiere öfter aus. Zurück bleibt der leere Karton am Eingang des Tierheims. Oft werden die Tiere durch Zufall nach Wochen völlig abgemagert irgendwo aufgegriffen – so verlief beispielsweise das Schicksal des Rassekaters Kasimir. „Ich bin so froh, dass wir ihn gefunden haben“, freut sich die Leiterin der Einrichtung. Doch nun heißt es erst einmal Kasimir aufpäppeln, genauestens untersuchen und impfen lassen. Der Kater bedankt sich mit ganz vielen Schmuseeinheiten.

Und Kasimirs Schicksal ist in Wertheim kein Einzelfall. Wie Monika Eggerer berichtet, haben alle Tierheime in der weiteren Umgebung enorme Platzprobleme. Die engagierte Tierschützerin ist sich ganz sicher, dass der Gipfel der Tierabgaben noch nicht erreicht ist. „Da kommt noch was Großes auf uns zu“, sagt sie.

Auf der anderen Seite berichtet die Leiterin der Einrichtung davon, dass zu Beginn der Kurzarbeit das Telefon im Tierheim überhaupt nicht still stand. Alle wollten ein Haustier. „Es war ein echtes Drama“, beschreibt sie die permanenten Nachfragen. Vom Welpen bis zum alten Hund hätte sie alles vermitteln können. Die Menschen kamen mit Aussagen wie: „Wir haben jetzt viel frei und wollen mal ausprobieren, wie es ist, einen Hund zu haben.“ Für so eine Einstellung hat Eggerer absolut kein Verständnis.

Weil seit Ausbruch der Pandemie niemand mehr so ohne weiteres ins Tierheim kommen kann, laufen auch die Vermittlungen der Tiere jetzt anders ab. Vieles wird im Vorfeld am Telefon in mehreren langen Gesprächen geklärt und erst dann – wenn Tier und Besitzer auch zusammen passen – dürfen sie sich treffen. „Das läuft wesentlich effizienter und für die Tiere stressfreier ab, weil nicht alle Nase lang jemand kommt und sie begutachtet.“

Natürlich dürfen die neuen Besitzer, genauso wie der feste Helferstamm, nur mit Impf- oder Genesenennachweis oder einem aktuellen PCR-Test das Gelände betreten. „Würde sich einer von uns anstecken, wäre das eine Katastrophe“, sagt Eggerer. Aus diesem Grund haben sich alle Mitarbeiter und Helfer so weit es möglich war „fernab von jeglichen Festen gehalten“, so Eggerer.

Auch wenn es immer wieder neue Interessenten gab, die gern das Gassigehen oder den Katzendienst übernehmen würden, so musste man ihnen leider aufgrund der Pandemielage eine Absage erteilen. Eggerer: „Ich hab mich sozusagen mit meinen Tieren freiwillig in Quarantäne begeben“. Mit viel Auslauf für die Tiere und zusätzlichen Schmuse- und Streicheleinheiten versuchen sie und ihr Team das Beste aus der Situation zu machen.

Doch als wären die Umstände nicht schon schlimm genug, musste sich das Team unter anderem von der sieben Jahre alten Hündin Adele und dem elf Jahre alten Pflegehund Rocky schweren Herzens trennen. Während die Leiterin darüber spricht, versagt ihr fast die Stimme. Das Thema Krebsleiden ist eben nicht nur bei Menschen allgegenwärtig.

Verzichten musste das Tierheim in Folge der selbst auferlegten Quarantäne auf notwendige Handwerkerarbeiten. „Wir bräuchten dringend eine Treppe zur Wiese“, lautet einer der bescheidenen Wünsche. Doch der muss aus mehreren Gründen warten. Denn Geld ist auch in diesem Jahr knapp. 5000 Liter Heizöl müssen bezahlt werden. Dafür hat das Tierheim wieder die Aktion „Heizöl statt Böller“ ins Leben gerufen. Sie brachte in den vergangenen Jahren zumindest eine Erleichterung für die knappe Kasse des Tierheims.

Futterspendebox

Einen kleinen Lichtblick in dieser schwierigen Zeit erlebt das Heim etwa alle 14 Tage, wenn ein Tierheimmitarbeiter die Futterspendenbox im Wertheimer Kaufland leert. „Das ist echt toll, wie viel gespendet wird. Uns wird damit wirklich wahnsinnig geholfen“, die Freude ist Eggerer anzumerken.

Kraft schöpfen sie und ihr Team übrigens genau aus den vielen großen und kleinen Spenden, die ihnen signalisieren, dass sie nicht vergessen sind. „Kraft geben uns vor allem auch die Tiere, die da sind und unsere Hilfe brauchen“, sagt die Tierheimleiterin.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

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