Winzergenossenschaft

Statt Reicholzheimer Wein kommt nun eventuell irischer Whisky rein

Demontage der Tanks im ehemaligen Lager hat begonnen

Von 
Heike Barowski
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Nachdem die Winzergenossenschaft Reicholzheim in der GWF aufgegangen ist und die Kelterstation geschlossen wurde, werden die Tanks im Gärkeller nicht mehr benötigt. Jetzt hat ein Unternehmen die Behälter aufgekauft.

Reicholzheim. Immer wieder fährt das kleine Staplerfahrzeug in der Kilianstraße hin und her – vom Loch in der Kellerwand bis hin zum Vorplatz zwischen ehemaliger Kelter und dem großen Lagergebäude. Am „Haken“ hat er gerade einen der kleinen Tanks, der früher mit rund 1400 Liter Wein gefüllt war.

Ein paar Tage vor Weihnachten hatten die Arbeiten im Lager der Winzergenossenschaft in Reicholzheim mit dem Freilegen der Wand und dem Durchbruch in den Keller begonnen. Die Arbeiten werden im Auftrag der Firma Eurolux durchgeführt, die sämtliche Tanks aufgekauft hat.

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Das Unternehmen sitzt in Karlstadt und hat sich auf den Ankauf, die Aufbereitung und den Wiederverkauf beispielsweise solcher Behälter oder Zubehör von Brauereien, Brennereien und Molkereien spezialisiert.

Kelter am Standort aufgegeben

Nachdem die Winzergenossenschaft in Reichholzheim in die GWF (Winzergemeinschaft Franken) vor Jahren überführt wurde, werden die Trauben auch nicht mehr in Reicholzheim gekeltert und weiterverarbeitet.

Mitte 2021 hatte die GWF alle elf dezentralen Kelterstationen geschlossen. Andreas Oehm, der Vorstandsvorsitzende der GWF, hatte diese Zentralisierung gegenüber den Fränkischen Nachrichten vor einigen Monaten als „gewaltigen Vorteil“ bezeichnet. „Die GWF übernimmt die komplette Logistikkette zur Unterstützung der vor Ort tätigen Winzer“, so Oehm. Für den einzelnen Bewirtschafter bedeute diese Neuaufstellung in seinen Augen eine Erleichterung, weil man häufig kürzere Wege habe. Niemand müsse natürlich nach Repperndorf fahren. Stattdessen werden in der Region Annahme-Stationen in Külsheim, Königheim und Dertingen betrieben. Aus diesem Grund werden nun auch die Tanks im Reicholzheimer Lager nicht mehr gebraucht. Folgerichtig hat die GWF, der das Gebäude gehört, die Stahlkollosse an das Unternehmen Eurolux verkauft. Seit einigen Tagen erfolgt der Ausbau. Dafür wurden Stapler extra mit einem Kran in die Grube gehoben.

„Die Tanks werden von uns nach dem Ausbau und Abtransport gereinigt und wieder verkauft“, sagt Ursula Keller-Münzer von Eurolux. So müsse beispielsweise in vielen Stahl-Fässern der Weinstein entfernt werden. Auch Dichtungen werden erneuert. „Wenn der Kunde die Tanks umgebaut haben möchte, macht unsere Werkstatt das auch“, erklärt die Firmenmitarbeiterin. So werden unter anderem Kühlplatten entfernt, neue Armaturen montiert oder andere Füße angebaut. „Weil die Stahlbehälter wieder genutzt werden können, ist das doch eine total gute Sache. Auf diese Weise wird Material gespart. Warum soll man einen Tank, der wirklich noch in einem guten Zustand ist, verschrotten?“, fragt die Management-Assistentin.

Auf der Homepage des Unternehmens sind neben 213 neuen aus diesem Grund auch 519 gebrauchte Stahlbehälter zu finden. Vom 60 Liter kleinen Lagertank bis zum 300 000 Liter fassenden Tank aus V2A-Stahl wird alles angeboten.

Über 40 Tanks

In Reicholzheim gilt es nun weit mehr als 40 Tanks auszubauen und abzutransportieren. Die kleinsten davon fassen etwa 300 Liter und die größten etwa 40 000 Liter. Allein von den sehr großen kubischen Tanks gibt es in Reicholzheim 17 Stück – auch diese gilt es aus dem Keller zu holen. „Diese haben Übergröße und man kann sie deshalb nur mit einer erteilten Genehmigung abtransportieren lassen.“ Die 17 riesigen Tanks werden auf neun Lkw verladen, pro Tieflader jeweils zwei Stück. Keller-Münzer rechnet damit, dass dies, erst nachdem alle Genehmigungen dafür vorliegen, etwa Mitte Januar sein wird, bis sie Reicholzheim verlassen werden. Die kleineren Behälter dagegen werden sofort verladen und nach Karlstadt gebracht.

Mit Schwierigkeiten bei dem Vorhaben in Reicholzheim rechnet Ursula Keller-Münzer nicht. „Wir arbeiten mit Spezialisten, die solche Arbeiten seit Jahren machen“, sagt sie. Auch den Umfang des Aufkaufs und die dadurch anfallenden Arbeiten bezeichnet Keller-Münzer als „völlig im Rahmen“.

Die verkauften Tanks bleiben überwiegend in Deutschland, gehen aber auch nach Österreich, in die Schweiz und nach ganz Europa. „Wir haben aber auch schon nach Guatemala Tanks geliefert.“ Nicht alle Behälter kommen jedoch wieder bei der Weinherstellung zum Einsatz. „Wir haben einen großen Kunden in Irland, der lagert Whisky und Gin darin.“ Andere Abnehmer würden die Tanks für die Lagerung von Fruchtsaft, Fischsuppe, Algenfiltrat oder zum Auffangen von Wasser verwenden. Zum Kundenkreis zählen Brauereien, Molkereien, „im Prinzip der ganze Lebensmittelsektor“, erklärt Ursula Keller-Münzer.

Im Moment sind die Arbeiten in der Kilianstraße unterbrochen. Weitergehen wird der Ausbau und Abtransport der Gärtanks ab 9. Januar. Dann ist auch wieder mit Behinderungen in der Kilianstraße zu rechnen.

Kein Nahversorger

Was allerdings mit dem Gebäude selbst passieren wird, steht derzeit noch in den Sternen, sagt Ortsvorsteher Sebastian Sturm gegenüber den Fränkischen Nachrichten. Die ursprüngliche Idee, dort einen Nahversorger anzusiedeln, wurde jedoch verworfen. Wie Sturm erklärt. wären die über 400 Quadratmeter Verkaufsfläche für den rund 1300 Einwohner zählenden Ort deutlich zu groß gewesen. Sicher ist, dass die GWF das Gebäude verkaufen will.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

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