Wertheim. Zum zweiten Mal hat die Stadt Wertheim im Vorfeld des Tags der Arbeit am 1. Mai Betriebsräte und Arbeitnehmervertreter zu einem Stehempfang ins Rathaus ein. Früher habe es diese Empfänge schon mal gegeben, erklärte Oberbürgermeister Markus Herrera Torres, sodass man eigentlich von einer Wiederbelebung nach einer Pause sprechen könne. Waren es bei der Premiere noch rund 30 Teilnehmer, hatte sich deren Anzahl in diesem Jahr auf rund 70 Vertreterinnen und Vertreter der Betriebe vergrößert.
„Dieser Empfang ist ein Zeichen unserer Anerkennung und Wertschätzung“, betonte der Rathaus-Chef zu beginn. Um dies zu verdeutlichen, waren auch einige Fraktionsvorsitzende aus dem Gemeinderat vor Ort.
Mit 13 300 sozialpflichtig Beschäftigten sei Wertheim Spitzenreiter im Main-Tauber-Kreis, betonte Herrera Torrez. „Sie sind das Rückgrat der guten wirtschaftlichen Entwicklung unserer Stadt.“
Zwiespalt
Dass dabei für ihn der Zwiespalt zwischen Solidarität mit den Arbeitnehmern und seiner Rolle als Arbeitgeber nicht immer einfach ist, zeigte der OB an einigen Beispielen auf. Einerseits freue er sich, dass mit dem neuen Tarifabschluss im öffentlichen Dienst Angestellte dem „Gespenst der Inflation“ trotzen können. Andererseits müsse die Kommune schauen, wie sie die höheren Gelder für städtische Angestellte finanziere. Wichtig sei, dass „Tarifabschlüsse nicht so komplex werden, dass sie niemand versteht.“
Weiter betonte der Redner: „Wir leben in einer anspruchsvollen Zeit.“ Da müsse die Sozialpartnerschaft aller Beteiligten funktionieren. „Es kommt auf ein gutes Miteinander in den Betrieben an, auch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.“ Hierzu zitierte Herrera Torrez das diesjährige Motto der DGB-Kundgebung zum 1. Mai: „Ungebrochen solidarisch – weil wir gemeinsam mehr erreichen.“
Dies konkretisierte die Gastrednerin, DGB-Regionalgeschäftsführerin Silke Ortlieb aus Heilbronn. Man habe häufig das Gefühl, wenn in den Medien von Wirtschaft gesprochen werde, gehe es nur um die Arbeitgeber. Dabei seien die Arbeitnehmer die Motoren.
In diesem Zusammenhang dankte sie den Betriebsrätinnen und -räten für ihren Einsatz neben ihrem eigentlichen Arbeitspensum. Der Gewerkschaftsbund bearbeite aktuell eine große Themenpalette. „Man hat das Gefühl, die Welt ist in der Dauerkrise.“
Ortlieb zeigte die Erfolge gewerkschaftlicher Lobby-Arbeit bei Themen wie Energiepreisbremse, Bürgergeld oder der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf. Die Gewerkschaften würden gesellschaftliche Thematiken begleiten, etwa das Schweigen der Waffen im Ukraine-Krieg, oder öffentliche Investitionen im Bereich der Klima- und Energiewende fordern.
„Es gibt keinen Standortvorteil ohne Standorttreue“, betonte die Rednerin. Die Qualifizierung und Weiterbildung der Mitarbeiter sei in dieser schnelllebigen Zeit entscheidend. Denn diese müssten den Wandel mitgestalten. Dazu seien sichere Löhne und faire Arbeitsbedingungen notwendig.
In diesem Zusammenhang bedauerte die Gewerkschafterin, dass immer mehr Firmen sich aus der Tarifbindung ausklinken würden. Ihr Appell: „Lassen Sie uns auf der Welt gemeinsam vorwärts gehen“.
Dann ging es nach draußen auf die Terrasse vor dem Arkadensaal, wo Getränke und Essen auf die Betriebsräte warteten. „Das ist der wichtigste Teil des Abends. So kommen wir ins Gespräch“, betonte Herrera Torrez.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/wertheim_artikel,-wertheim-stadt-wertheim-zollt-arbeitnehmern-ihren-respekt-_arid,2078354.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/wertheim.html