Serie FitNess

Selbstversuch: 30 Tage ohne Zucker

Schokoriegel, Gummibärchen oder Knabberzeug – Redakteurin Katharina Buchholz ist für Süßigkeiten immer zu haben. Für ein Experiment schwört sie der Zucker-Versuchung ab.

Von 
Katharina Buchholz
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Schokoküsse, süße Aufstriche und Co. sind für Redakteurin Katharina Buchholz im nächsten Monat tabu. © Buchholz

Odenwald-Tauber. Montagmorgen, 26. Februar, im Topf auf dem Herd blubbert feiner Grießbrei für die Pausenbox meines Sohnes. Ich rühre das Gemisch aus Milch und Grieß mit dem Schneebesen, dann gebe ich einen Teelöffel Honig dazu. Ganz automatisch wandert das Löffelchen danach in meinem Mund. Stopp! Ich ziehe den Löffel aus dem Mund und räume ihn weit weg in die Spülmaschine. Der kleine Löffel Brei ist mein erster Fehltritt in einem Experiment, das weniger als eine Stunde alt ist.

Vier Wochen möchte ich im Rahmen der FN-Serie „FitNess“ auf zugesetzten Zucker verzichten. Ich möchte herausfinden, was das mit mir macht. Wie der Verzicht sich auf meinen Körper und mein Wohlbefinden auswirkt. Werde ich Entzugserscheinungen haben? Wird mir das Zuckerfasten schwerfallen? Wie kompliziert wird die Umsetzung sein?

Meine mentalen Vorbereitungen für das Experiment starten einige Wochen zuvor: Ich lese beim Einkaufen Zutatenlisten, um herauszufinden, welche Dinge für mich tabu sein werden. Ich mache mir Gedanken darüber, wie ich meinen Hunger nach Süßem befriedigen kann. Ich hole mir die Hilfe einer Fachfrau: Ute Derleder ist Diplom-Ökotrophologin und zertifizierte Ernährungsberaterin. Sie berät bei der AOK Heilbronn-Franken Versicherte rund um das Thema Ernährung und kennt die Tücken des Zuckers.

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Von
Maren Greß
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„Zucker kann süchtig machen“, sagt sie und trifft bei mir genau ins Schwarze. Meine Geschmacksknospen sind das Süße gewöhnt und mein Belohnungszentrum giert nach zuckriger Bestätigung. „Wenn man Zucker isst, schüttet der Körper das Glückshormon Dopamin aus. Das macht glücklich“, ordnet Derleder ein.

Beruhigend ist für mich zu hören, dass ich mit meiner Vorliebe für Süßes nicht allein bin. Dass die Deutschen zu viel Zucker essen, darüber sind sich alle Experten einig : Im Mittel sind es 90 Gramm pro Tag.

„Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, höchstens zehn Prozent des Gesamtenergiebedarfs aus freiem Zucker zu decken. Bei einem Kalorienbedarf von 2000 Kilokalorien sind 20 Gramm – fünf Stücke Würfelzucker – optimal. Ein Portionsbeutel Ketchup enthält bereits 1,5 Würfel, ein Becher Fruchtjoghurt acht Würfel Zucker“, sagt Derleder. Unter freiem Zucker versteht man neben Haushaltszucker, der unseren Lebensmitteln beigesetzt wird, auch natürlichen Zucker, der in Honig, Fruchtsäften und Fruchtsaftkonzentrat enthalten ist. Dass dieser Zucker für den Körper leicht zu verwerten ist, macht ihn in der Masse problematisch.

„Gehirn und all unsere Zellen brauchen Glukose als Energielieferant. Dieser Traubenzucker ist Bestandteil aller Kohlenhydrate“, betont Derleder. Natürlicherweise brauche der Körper lediglich diese Kohlehydrate, die beispielsweise in Kartoffeln, Gemüse, Obst, Getreide oder Reis enthalten sind, um seinen Bedarf zu decken.

Erst durch die Industrialisierung unserer Ernährung gewann isolierter Zucker immer mehr an Einfluss. So versteckt die Industrie das weiße Gold nicht nur in zahlreichen Lebensmitteln, sondern macht es uns auch schwer, Zucker als solchen auf Zutatenlisten auszumachen. Ich bin gespannt, ob mir das in den nächsten Wochen gelingen wird. Eine Sache habe ich bereits abgeklärt: Der Bäcker meines Vertrauens verwendet für mein Lieblingsbrot und die Brötchen keinen Zucker.

Ernährungsexpertin Ute Derleder verspricht: Entzugserscheinungen legen sich schnell

Ute Derleder bereitet mich jedoch auf typische Entzugserscheinungen vor: „Sie könnten hibbelig sein, Kopfschmerzen haben oder sich schwach fühlen“, nennt sie einige Beispiele. Nach spätestens zwei bis drei Tagen sollte ich es dann geschafft haben, verspricht sie mir. Voraussetzung dafür ist, dass ich meinem Körper möglichst umfassend den Zucker vorenthalte – auch große Mengen Obst-, Trockenobst oder Smoothies sowie alternative Süßungsmittel sollte ich weglassen.

Damit durchkreuzt Ute Derleder meine Pläne für einen Snack am Abend: Ich hatte mir nämlich ausgemalt, mit einem Teller voller Blutorangenschnitze vor dem Fernseher zu sitzen. „Da peitschen Sie ihren Blutzuckerspiegel genauso hoch wie mit Gummibärchen“, warnt sie mich. Für mein Ziel, herauszufinden, wie sich mein Körper ohne Zuckerkick fühlt, ist diese Idee kontraproduktiv.

Vielmehr empfiehlt Derleder in mich hineinzuhören, was ich in diesen Momenten wirklich brauche. „Viele essen, weil sie eigentlich müde sind. Das Gehirn signalisiert, dass es neue Energie braucht, um weiter wach zu bleiben und wir greifen zu Snacks.“ Ich fühle mich ertappt. Auch die Variante, dass der Körper eigentlich Durst meldet, aber man selbst Hunger versteht, ist mir nicht fremd.

Warum zu viel Zucker ungesund ist

Übermäßiger Zuckerkonsum verursacht Karies.

Zu viel Süßes macht träge, müde, schlapp und antriebslos und kann depressiv machen..

Zucker begünstigt Übergewicht und er blockiert die Fettverbrennung. Durch Übergewicht erhöht sich das Risiko, an Krebs zu erkranken.

Stetiger maßloser Zuckerkonsum lässt den Blutzuckerspiegel und die Insulinausschüttung ansteigen. Daraus kann sich der Diabetes Typ 2 entwickeln. Dieser erhöht wiederum das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte.

Wer langfristig sehr viel Zucker zu sich nimmt, riskiert zudem eine Fettleber. aok/kabu

Tipp: Blutzuckerspiegel im Gleichgewicht halten

Um dem Heißhunger vorzubeugen, rät mir die Expertin, vorbereitet zu sein: „Schneiden Sie sich Gemüse in eine Dose und essen Sie Nüsse.“ Ich erfahre, dass ich es meinem Körper leichter mache, wenn ich mich regelmäßig und ausgewogen ernähre mit Lebensmitteln, die vom Körper langsam verstoffwechselt werden. Beispielsweise könnte ich meinen Tag mit einem Haferflockenmüsli mit Obst beginnen. Dabei liefert das Obst schnelle Energie, die Kohlenhydrate in den Haferflocken lassen den Blutzuckerspiegel dagegen nur langsam steigen.

An diesem Punkt des Gesprächs wird mir klar, dass der Zuckerverzicht schwieriger wird als gedacht. Denn für ein gutes Frühstück nehme ich mir während der Arbeitswoche wenig Zeit. Meinen Bedarf decke ich mit dem Marmeladenbrot, das die Kinder von ihrem Frühstück übrig lassen oder mit einem Apfelschnitz, der nicht mehr in die Pausenbrotbox passt. Kein Wunder, dass mein Körper wenig später am Schreibtisch nach Zucker schreit.

Während ich diesen Text schreibe, knurrt übrigens mein Magen. Jetzt rächt sich, dass ich trotz der dringenden Empfehlung wieder nicht richtig gefrühstückt habe. Normalerweise würde ich nun einen der Muffins essen, die in der Küche liegen. Aber ich bleibe stark und hole mir eine Karotte.

Ob ich auch  in den 29 verbleibenden Tagen des Experiments standhaft geblieben bin, erfahren Sie in einem Monat.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

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