Amtsgericht Wertheim

Schläge gegen demente Frau

2000 Euro Strafe wegen Körperverletzung

Von 
goe
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Wertheim. Im Strafbefehl gegen einen 85-jährigen Rentner aus Wertheim lautete der Vorwurf „Körperverletzung in vier Fällen“. Er habe sich gegen seine 89-jährige demente Freundin zu einer Ohrfeige und zum Schlagen auf den Oberschenkel hinreißen lassen beziehungsweise ihr zwei Mal den Toilettengang verweigert, was zum Einnässen führte. Der Angeklagte legte Einspruch ein.

Nach zwei Verhandlungsterminen und Anhörung von fünf Zeugen eines Altenpflegedienstes verurteilte das Amtsgericht Wertheim den Rentner wegen Körperverletzung in zwei Fällen zur Strafe von 50 Tagessätzen je 40 Euro. Bezüglich der Verweigerungen des Toilettengangs erging aus verschiedenen Gründen Freispruch. Im Strafbefehl waren 80 Tagessätze bestimmt.

Der verwitwete Angeklagte hatte die Frau vor vielen Jahren kennengelernt, und im November 2014 erteilte sie ihm „Bevollmächtigung“. Als sie dement wurde, zog der Mann zur ständigen Betreuung in ihre Wohnung, blieb aber Mieter der eigenen Wohnung.

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Veröffentlicht
Von
Alfons Göpfert
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Die Straftaten ereigneten sich im Zeitraum Oktober 2022 bis Januar 2023. Die Bevollmächtigung wurde entzogen, dann aber wieder erteilt, weil die Frau „an dem Mann hängt“ und ohne ihn die vertraute Umgebung verlassen und ins Heim müsste.

Der Beschuldigte bestritt die Vorwürfe: „Ich schlage doch nicht meine Freundin, die ich gern habe“ – und räumte nur ein, er habe manchmal die Geduld verloren. Die Pflegedienstkräfte berichteten jedoch von seinen derben Beleidigungen gegen die pflegebedürftige Frau und schilderten ihn als mit der Situation überfordert. Bei den Schlägen auf den Oberschenkel sei es darum gegangen, dass die Frau ihre Tabletten einnimmt. Toilettengänge habe der Angeklagte nur abgelehnt, nicht durch „sich in den Weg stellen“ verhindert. Als mögliche Motive wurden angesprochen, die Frau war erst kurz zuvor, oder, weil der Pflegedienst einen Toilettengang mit 20 Euro berechnet.

Nach Einschätzung einer Pflegekraft ist die jetzige Situation „in etwa gleich“. Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf den Vorwurf der Beleidigung, da es sich um ein Antragsdelikt handelt, und die demente Frau nicht als Zeugin gehört werden kann. Der Verteidiger bat darum, den 24 Stunden Einsatz des Mandanten für die Frau zu berücksichtigen.

Die Freisprüche bezüglich der Verweigerungen des Toilettengangs und dadurch verursachtem Einnässen, „Körperverletzung“, erfolgten, weil in einem Fall im Vorwurf die „konkrete Tatzeit“ fehlte. Im anderen sah die Richterin den Vorsatz als nicht erwiesen. Aber, auch wenn man etwas freiwillig tue, dürfe man nicht beleidigen, demütigen, verletzten. Im vorliegenden Fall sei jedoch häusliche Pflege besser als ein Heim. – Nach längere Beratung mit dem Mandanten ließ der Verteidiger wissen, dass er gegen das Urteil keine Berufung einlegt. goe

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