Wertheim. Es ist einer der attraktivsten Arbeitsplätze in der Stadt – zumindest wenn es um die Aussicht geht. Alexander Franke steht auf einer Gerüstplattform, die direkt an den Achteckturm der Wertheimer Burg gebaut wurde. Von hier aus kann man prima über das Maintal Richtung Bestenheid und Kreuzwertheim blicken.
Mit einem Stukkateureisen kratzt er das bröselige Material aus der Spalte zwischen zwei Steinen. Es sind die Überreste einer Zementmischung, die vor Jahrzehnten auf das Mauerwerk geschmiert wurde. „Diese Zementkruste nehmen wir runter“, erklärt Franke.
Normaler Zement taugt nicht
Der Zement, der als kostengünstiger Schutz vor Niederschlag aufgebracht wurde, erfüllt seinen Zweck nicht – zumindest nach einiger Zeit. „Das Problem ist, dass er aufreißt und sich darunter die Feuchtigkeit sammelt“, sagt der gelernte Maurer, der sich sein Wissen über Jahre bei dem auf Restaurierung spezialisierten Unternehmen Nüthen (Erfurt) angeeignet hat.
„Kann das Wasser nicht entweichen, dann zersetzt es den Stein. Er wird über die Zeit regelrecht gesprengt. Es macht ihn kaputt“, schildert Franke, was dem Gemäuer der Wertheimer Burg über Jahrzehnte zusetzte.
Der Zahn der Zeit nagt am Wahrzeichen der Stadt. Immer wieder muss der Kämmerer tief in die Tasche greifen, um sicherzustellen, dass die Burg erhalten bleibt. Für die derzeit laufenden Maßnahmen sind 880 000 Euro vorgesehen. Es gibt Zuschüsse. Rund 220 000 Euro sind bereits zugesichert.
Ausschlaggebend für die Sanierung, mit der vor etwa vier Wochen begonnen wurde, war ein Stein, der sich aus dem Gemäuer gelöst hatte, erklärt David Pustowit.
Der Architekt ist bei der Stadtverwaltung zuständig für die Arbeiten auf der Burg. „Mörtel, Fugen und mehr waren nicht mehr in Ordnung“, erklärt Pustowit. Seither ist der Bereich um den Pallas und den Kapellenbau gesperrt. Zu groß war die Gefahr.
Es folgte eine Kartierung, um alle Schäden zu dokumentieren. Zusammen mit dem Landesamt für Denkmalpflege entwickelte man ein Sanierungskonzept. Das wird jetzt umgesetzt. Insgesamt sind es drei Baustellen auf der Burg: Es geht neben der Fassade von Palas und Kapellenbau um das Gewölbe darunter und die Burgmauer zur Mainseite.
Mauersicherung
Messungen hatten ergeben, dass sich die Mauer bewegt. Ein Alarmzeichen. Mittlerweile sind dort Anker hineingebohrt worden, um die Zugkraft zu testen. „Damit wir sicher sein können“, so David Pustowit. „Es sollte eigentlich passen. Alles wurde schon durchgerechnet“, sagt er. Wenn es glatt läuft, werden die weiteren Zuganker angebracht. Die werden dann mit einer großen Schraubenmutter auf einer Stahlplatte festgedreht. Noch in diesem Jahr werden die Arbeiten voraussichtlich abgeschlossen sein.
Zurück zur Baustelle am Palas: Auf einer Zwischenebene hat Alexander Franke zusammen mit seinem Kollegen Marcel Burkantat, der ursprünglich ausgebildeter Möbeltischler ist, in einem Zelt ein kleines Labor eingerichtet. Hier entstehen die Kalkmörtelmischungen, die weit bessere Eigenschaft besitzen als der Zement, der seinen Zweck schließlich nicht erfüllte. Auch fehlerhafte Steine werden begutachtet und entsprechende „Ersatzteile“ besorgt. Es ist zuweilen eine sehr detaillierte Arbeit, gleichsam ein Puzzle, bei dem verschiedenes Stein- und Ziegelmaterial für das große Ganze zusammengefügt wird.
Sind Dehnungsfugen zu füllen, wird dem Mörtel Dachshaar zugefügt, das dem Material Flexibilität verleiht. „Geeigneter Mörtel lässt das Wasser durch, und die Steine arbeiten nicht gegeneinander, wie es beim Zement der Fall ist“, erklärt Alexander Franke. „Die Baustoffe harmonieren miteinander. Es gibt weniger Verschleiß.“
Zahn der Zeit nagt
Die beiden Kollegen Alexander Franke und Marcel Burkantat haben Spaß an ihrer Arbeit: „Jede Baustelle ist anders“, sagt Franke. „Besser als Betonbauer“, ergänzt Burkantat mit Verweis auf die abwechslungsreiche Tätigkeit, die sehr viel Know-how erfordert.
Auch David Pustowit ist davon angetan, dass man ihm als erste größere Aufgabe die Sanierungsarbeiten an der Burg anvertraut hat. „Das darf nicht jeder“, sagt der gebürtige Bad Mergentheimer, der in Königheim zu Hause ist. Man kann davon ausgehen, dass die Wertheimer Burg noch genügend Projekte dieser Art bereithalten wird. Der Zahn der Zeit nagt stetig weiter.
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