Mit der Einführung eines Ortsbonus bei der Vergabe von Bauplätzen setzen sich die Ortsvorsteher durch. Der Ausschuss für Verwaltung und Finanzen stimmte einem Kompromiss zu.
Wertheim. „Wir sind hier ein bisschen auf dem Basar“, kalauerte Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez am Montag bei der Sitzung des Ausschusses für Verwaltung und Finanzen. Es ging um die Vergaberichtlinie für Bauplätze, wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt. Das Thema ist in den vergangenen Wochen intensiv diskutiert worden (wir berichteten).
OB Herrera Torrez wollte eigentlich alle Wertheimer gleichbehandelt wissen. Die Ortsvorsteher hingegen bestanden darauf, dass Ortsansässige bevorzugt werden. Bei der Ausschusssitzung im März konnten sie damit eine Mehrheit auf ihre Seite ziehen, so dass die Verwaltung in der Zwischenzeit einen Kompromiss erarbeitete, der nun erneut diskutiert wurde. Zudem lagen zwei Anträge der SPD-Fraktion auf dem Tisch.
Gewichtung nicht stark genug
Die überarbeitete Verwaltungsvorlage sah vor, dass man mit einem sogenannten Ortsbonus, der die Wohnzeiten in einer Ortschaft bemisst, 20 von insgesamt 200 möglichen Punkten erreichen kann. Die Gesamtpunktzahl soll letztlich darüber entscheiden, wer einen Bauplatz bekommt.
Bei der Diskussion wurde schnell klar, dass zumindest einigen Ortsvorstehern die vorgesehene Gewichtung nicht stark genug war. Eberhard Roth (Mondfeld) führte beispielhaft einen Bundeswehroffizier an, der zwar in Mondfeld wohne und ehrenamtlich engagiert sei, aber wegen seiner Berufswahl nie in Wertheim habe arbeiten können. Jetzt wolle er heiraten und „sein Nest bauen“. Weil er aber nie in der Main-Tauber-Stadt gearbeitet habe, würde er trotz seiner „20 Pünktchen“aus dem Ortsbonus von anderen ausgestochen.
Das Thema steht insbesondere wegen der Situation in Mondfeld auf der Agenda, weil hier die Nachfrage nach Bauplätzen das Angebot enorm übersteigt. Wie Hubert Burger von der Abteilung Liegenschaften erläuterte, hat sich an der Situation auch durch die stark gestiegenen Zinsen und Baukosten nichts geändert: „Für die 14 Bauplätze bleiben 28 Interessenten im Rennen.“
In der Debatte wurden weitere Beispiele aufgezählt, die zu gefühlten Ungerechtigkeiten führen könnten. So bemängelte Songrit Breuninger (Freie Bürger), dass es etliche Wertheimer gebe, die im benachbarten Bayern erwerbstätig sind. Die könnten, obwohl möglicherweise schon jahrelang ortsansässig, keine Punkte in der Kategorie „Arbeitsverhältnisse“ sammeln.
Den Anträgen der SPD-Fraktion lag die Sorge zu Grunde, Arbeitnehmer könnten benachteiligt werden, wenn sie Karriere in einem Unternehmen machen, das nicht nur in Werrtheim aktiv ist. Zudem wünschten die Sozialdemokraten einen „gestaffelten Ortsbonus“, der Leute berücksichtigt, die aus einem Stadtteil oder Ort kommen, in dem keine Ausweisung von Neubaugebieten mehr möglich ist, wie etwa in Bestenheid. OB Markus Herrera Torrez meinte, damit würde man die Angelegenheit „noch schwieriger“ machen. Hubert Burger ergänzte: „Das bläht die Bürokratie auf“.
Auf jeden Fall Unzufriedenheit
OB Markus Herrera Torrez stellte klar, dass – ganz gleich wie die Regelungen schlussendlich ausgestaltet werden – Interessenten nicht berücksichtigt werden und deshalb Unzufriedenheit entstehe. Es sei mitunter eine Gratwanderung, aber man müsse die Kriterien klar definieren.
Stefan Kempf (Bürgerliste) nannte die Kriterien „abenteuerlich“ und bemängelte, beim Punkt „Familienverhältnisse“ könne es zu Täuschungsversuchen kommen. Interessenten könnten behaupten, die Großeltern würden mit ins neue Haus einziehen, dies aber dann doch nicht umsetzen.
Axel Wältz (CDU) machte schließlich den Vorschlag, die Gewichtung des Ortsbonus etwas zu erhöhen und im Gegensatz die zu erreichenden Punkte für die Wohnzeiten in Wertheim etwas zu senken. Damit gerate das Verhältnis zwischen den örtlichen Kriterien und den persönlichen Kriterien nicht aus den Fugen, was die Angelegenheit anfechtbar machen würde. Denn, wie Hubert Burger ausführte, dürften die „örtlichen Kriterien nicht übergewichtet werden“.
Im Zweifel entscheidet Gericht
Laut Verwaltung hat man sich in der Angelegenheit sicherheitshalber externen juristischen Rat eingeholt, und glaubt, auf der sicheren Seite zu sein. Burger räumte aber auf Nachfrage von Johann Vogeltanz (Freie Bürger) ein, dass der Einspruch eines nicht berücksichtigten Interessenten aufschiebende Wirkung entfalten würde. Im Zweifel würde also doch ein Gericht entscheiden. Der Ausschuss empfahl schließlich ohne die Stimmen der SPD-Fraktion dem Gemeinderat, die leicht veränderten Vergaberichtlinien zu beschließen. Die Änderungsanträge der Sozialdemokraten wurden abgelehnt.
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