Bilanz - Tourismusgesellschaft Wertheim kämpft mit deutlichen Umsatzrückgängen / Fehlende Einnahmen und Kurzarbeit prägten 2021

Nur 185 Schiffe gingen in Wertheim vor Anker

Weniger Touristen, weniger Stadtführungen, wegfallende Provisionserlöse – und auf der anderen Seite Kurzarbeit – die Tourismusgeseelschaft Wertheim stand auch in diesem Jahr vor einigen Herausforderungen.

Von 
Heike Barowski
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185 Schiffe lagen in Wertheim in diesem Jahr bis einschließlich November 2021 vor Anker. Zu Spitzenzeiten waren es über 600 pro Jahr. Die Übernachtungszahlen werden von 243 000 im Jahr 2019 auf nicht einmal 100 000 in diesem Jahr fallen. © Tourismus Wertheim GmbH

Wertheim. Während Christiane Förster in den Unterlagen blättert und kurz innehält, um die Zahlen in Augenschein zu nehmen, seufzt sie kurz hörbar. Die anhaltende Corona-Pandemie hat der Tourismus Wertheim GmbH (TWG), deren Geschäftsführerin sie ist, ein weiteres schweres Jahr beschert. Deutlich weniger Touristen, weniger Schiffsanlandungen, Stadtführungen und Übernachtungen schlagen zu Buche. Dazu kommen längere Schließungen wegen des Lockdowns und Kurzarbeit. Alles in allem keine einfachen Bedingungen für ein halbwegs erfolgreiches Tourismusjahr. Und doch gab es Lichtblicke, wie Förster erzählt.

„Die Saison 2021 hat verhaltener angefangen als im vergangenen Jahr. Eigentlich hatten wir alle auf eine dynamische und positive Entwicklung gegenüber 2020 gehofft, die aber nicht eingetroffen ist – zumindest nicht zu Beginn des Jahres.“

Die Ursachen für den sehr schleppenden Start der Saison sehen Christiane Förster und ihr Team in dem wettertechnisch sehr durchwachsenen Sommer. „Außerdem merken wir immer wieder eine sehr große Unsicherheit der Menschen durch die Pandemie. 2020 sind die Touristen lockerer damit umgegangen. Dieses Jahr gab es mehr Informationen, und die haben zur Zurückhaltung beigetragen“, so Förster. Als Beispiel führt sie die unterschiedlichen Corona-Regeln im Hotel- und Gaststättenbereich in den einzelnen Bundesländern an.

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Viele Übernachtungen im Sommer

„Nach diesem verhalten Start hat sich die Saison zahlenmäßig sogar recht gut entwickelt“, fügt sie an. So seien die Unterkünfte in der Kernstadt für Wochen ausgebucht gewesen. Deutliches Zeichen der guten Auslastung war in der Wertheimer Gastronomie zu beobachten. Plätze gab es oft nur nach vorheriger Reservierung.

Ende November sieht die Bilanz der TWG vor dem Hintergrund eines weiteren durch Coronaregeln bestimmten Jahres dennoch passabel aus.

Die Schiffsanlandungen

Ursprünglich hatten für das Jahr 2021 vorab 396 Schiffe an den eigenen Liegeplätzen ihre Anlandung angekündigt und 95 weitere Schiffe am Viking-Steiger. „Bislang haben wir 241 Stornierungen bei der TWG und 55 beim Viking-Anleger. Tatsächlich gingen somit 155 Schiffe bei den Schiffsanlegern der TWG und 30 bislang bei Viking vor Anker“, so Förster.

Zum Vergleich: Im Jahr 2015 lagen insgesamt 655 Schiffe in Wertheim vor Anker – der bislang erreichte Höchststand, 2020 waren es dann nur 93. Nicht zu vergessen: Die Schiffe sind pandemiebedingt maximal mit der Hälfte der Passagiere belegt.

Die Geschäftsführerin weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich aktuell die Lage wieder deutlich verschlechtert. „Aufgrund dieser Entwicklungen in der Corona-Pandemie bekommen wir derzeit jeden Tag wieder Stornierungen. So hatten wir ohne Viking-Anleger bislang für Dezember 19 Reservierungen, elf wurden bis jetzt schon storniert.“ Weil die USA offiziell wieder eine Reisewarnung für Deutschland herausgegeben hat, rechnet Förster mit etlichen weiteren Absagen. Allerdings waren in den vergangenen zwei Jahren sowieso kaum noch Gäste aus den Vereinigten Staaten oder Asien auf den Schiffen. Diese Art des Reisens wurde laut Förster hauptsächlich von Deutschen, Schweizern und Österreichern bevorzugt. Die ersten Gäste aus den USA trafen erst Mitte des Jahres ein.

709 statt 2200 Führungen

Bis Mitte November wurden 709 Stadtführungen über die TWG gebucht, die meisten von Reedereien für die Schiffsreisenden. Vor der Pandemie waren es im Schnitt rund 2200 Führungen jährlich. Im ersten Jahr der Pandemie mit Mehrfach-Lockdown fanden lediglich 293 Stadtführungen statt.

Die Übernachtungen hatten mit 243 047 im Jahr 2019 den bisherigen Höchststand erreicht. 2020 waren es pandemiebedingt noch 136 231 Übernachtungen und aktuell bis September nur 90 627. „Hervorzuheben ist, dass die August- und September-Werte über den Vorjahreswerten lagen“, weist Förster auf einen Trend hin. So zählte man bei der TWG im August und September insgesamt 3123 Übernachtungen mehr als im August und September 2020. „Normalerweise werden diese beiden Urlaubshauptmonate überwiegend für Reisen ins Ausland genutzt“, so Förster.

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Aufenthaltsdauer steigt leicht

Den Trend, Deutschland neu zu entdecken, untermauert auch die leicht gestiegene Aufenthaltsdauer in diesen beiden Monaten von 2,1 auf von 2,2 Tage. Spitzenreiter war übrigens der September 2021 mit 2,6. Wie diese Steigerung der Übernachtungszahlen zustande kommt, ist für Christiane Förster ganz klar: „Urlaub im eigenen Land zu machen, ist gerade angesagt. Die Menschen hatten aufgrund der vielen Ungewissheiten, Vorschriften, Reisebeschränkungen und -auflagen einfach Bedenken ins Ausland zu fahren.“

Eine weitere Entwicklung, die auch in der Stadt sichtbar wurde: Urlaub mit dem Wohnmobil oder Caravan. „Dies ist eine flexible und unabhängige Reisemöglichkeit. Die Menschen konnten kurzfristig auf jeweilige Veränderungen reagieren“, begründet Förster die neue Lust am mobilen Campen.

Insgesamt ist die Geschäftsführerin der TWG trotz der deutlich schlechteren Zahlen im Vergleich zu pandemiefreien Jahren mit dem Ergebnis 2021 noch zufrieden.

Stornierte Schiffsanlandungen und fehlende Busreisen, ausgebliebene Provisionserlöse der Gecko-Bahn, der weggebrochene Verkauf im FOC sorgten für Rückgänge bei den Einnahmen, die laut Förster definitiv nicht mehr durch Ausgabendisziplin kompensiert werden können. Den Rotstift musste Förster bereits zu Beginn der Pandemie ansetzen.

Dazu zählte auch das Mittel der Kurzarbeit, von der die Mitarbeiter gerade wieder betroffen sind. „Nicht weil wir keine Arbeit haben, sondern um Kosten zu sparen. Die Kurzarbeit ist sozusagen eine Einnahmemöglichkeit, die wir nutzen müssen“, sagt Förster. Dass sie kurz vor Weihnachten noch einmal ihr Team im großen Stil nach Hause schicken muss, ist für die Geschäftsführerin keine leichte Entscheidung gewesen.

Umso mehr setzt sie ihre Hoffnung auf das kommende Jahr und die Eindämmung der Pandemie. Noch geben die Schiffsanmeldungen für 2022 jedoch kaum Anlass zur Freude. Auch die Buchungen der Unterkünfte laufen zaghaft. „Vor Jahren haben Frühbucherrabatte und Boni gezogen. Das ist inzwischen kaum mehr der Fall. Urlaubsreiseplanung ist bislang sehr verhalten – auch weil keiner weiß, was die Zukunft bringt. Die Leute warten einfach ab.“

Nerv getroffen

Trotz Pandemie und sinkender Zahlen gab es für die TWG in diesem Jahr einen echten Erfolg zu verbuchen. „Mit dem Erstellen der Wanderkarte für Wertheim und der Broschüre mit Wanderrouten in der Region haben wir absolut einen Nerv getroffen. Die Wanderbroschüre wurde so gut nachgefragt, dass wir sie nur wenige Wochen nach Erscheinen nachdrucken mussten. Die Leute sind regelrecht zu uns geströmt , um Karte und Broschüre zu bekommen. Und das ist doch eine schöne Bestätigung unserer Arbeit“, sagt Christiane Förster. Die Freude über den Erfolg ist ihr dabei anzusehen.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

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