"Bronnbacher Archivalien" - Fall des Kaufmanns Kusel (Teil 2)

Lästerlied erregte die Gemüter

Von 
Robert Meier
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Wertheim. Der Fall des Kusel, um den es diesmal in der Reihe der "Bronnbacher Archivalien" geht. schlug in Wertheim hohe Wellen. Es tauchte sogar ein 69 Strophen vier Verse umfassendes Lästerlied auf ihn auf, ein so genanntes Pasquill.

Es begann mit den Worten: "Ein Hu Hasehuel Es ist kein solcher Schelm under / Israel als Kusel. Der Ehrendieb ist er genannt / zue Kitzingen ist er auch wohl bekannt. / Er hat lassen münzen da viel neues Geld / damit hat er betrogen die halb Welt".

Literarisch war das nicht unbedingt von hohem Niveau, aber allein der Umfang war doch beachtlich. Wer immer das Lied verfasst hatte, trug einen beträchtlichen Ärger über Kusel mit sich herum. Vielleicht hatte sein alter nachbarlicher Feind Löw die Hände im Spiel.

Das Lied wurde verboten. Als es im Haus des Löw trotzdem gesungen wurde, verhaftete man die Sänger. Unter ihnen: Salomon und Seligman aus Reistenhausen. Beide kamen bald wieder frei. Aber man kann sich vorstellen, wie der Gesang aus dem Haus des Löw in der Judengasse damals die Gemüter erregte.

Wie war es unterdessen der Magd Friedlein ergangen? Im Sommer 1628 war sie in Mainstockheim bei Schwester und Schwager Kusels untergebracht. Der traf sich nun mit ihrem Vater Salomon, erst in Würzburg, dann in Eibelstadt, um die Angelegenheit durch Entschädigungszahlungen zu regeln.

In Eibelstadt schlossen Kusel und Salomon einen Vertrag. Salomon bekam sofort 30 Gulden Abschlag, seine Tochter erhielt 50 Gulden und weitere 100 Gulden fest zugesagt für die nächste Herbstmesse. Vor einem Heidingsfelder Notar bezeugte die Magd dann noch einmal Kusels Unschuld. Vater sei ein Abraham aus Böhmen, "der sie offt beschlaffen" und ihr "versprochen, sie nimmer zu verlassen". Erst die Zahlungen, dann die entlastende Aussage: Diese Reihenfolge spricht für sich, was Kusels Vaterschaft betrifft.

Im September 1629 wurde erstmals auch Friedlein selbst auf der Wertheimer Burg zu den Vorgängen verhört. "Sie sei von Kusel geschwängert worden, sei im Sommer die Schwängerung bei der Nacht in des Kusels Kammer geschehen, sein Weib sei in Wiesbaden gewesen." Als sie schon im Bett liegt, ruft Kusel sie wegen eines Trunks herunter. Sie bringt das Getränk, er umfasst sie, wirft sie aufs Bett. Ihre Bitten, sie in Frieden zu lassen, haben keinen Erfolg. Das Ganze wiederholt sich vier oder fünf Mal, auch in ihrem Bett.

Friedlein schwört, niemals eine Abtreibung versucht zu haben. Auch der Kusel habe gesagt, wenn sie schwanger werde, solle sie dem Kind nichts tun im Mutterleib.

Kusel ließ sich die Verurteilung durch die Wertheimer Kanzlei übrigens nicht gefallen, sondern appellierte ohne zu zögern ans Reichskammergericht in Wetzlar. In Wertheim hatte er auch noch einmal einen großen Auftritt in dieser Angelegenheit. Im Juli des Jahres 1630 beschuldigte er Dr. Bünting auf der Kanzlei im Schloss in Anwesenheit des Grafen Wolfgang Ernst der Bestechlichkeit. Er habe ihm gegen Geld in der Schwängerungssache helfen wollen.

Bünting reagierte mit einer Diffamierungsklage. Das Reichskammergericht musste jedoch kein Urteil mehr fällen. Kusel starb im Frühjahr 1632.

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