Stipendium „Arts in Residence“

Künstlerin zeigt Wertheim aus ihrem Blickwinkel

Helene von Oldenburg arbeitet im Atelier von Johannes Schwab in der Main-Tauber-Stadt

Von 
bdg
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Über die Vielfalt an Darstellungen, die Helene von Oldenburg (rechts) für ihre Werke zu Wertheim im Rahmen des Stipendiums „Arts in Residence“ nutzt, freuen sich Johannes Schwab und Ina Nolte. © Birger-Daniel Grein

Wertheim. Nach einer längeren pandemiebedingten Zwangpause gibt es eine neue Auflage des Stipendiums „Artist in Residence“ im Atelier Schwab in der Schlossgasse. Gefördert wird es durch die Stadt Wertheim.

Im Rahmen des Stipendiums holt Künstler Johannes Schwab andere Künstlerinen und Künstler von außerhalb in die Main-Tauber-Stadt. Diese beschäftigen sich in seinem Atelier über eine längere Zeit hinweg mit dem Thema „Wertheim.“ Wie die Künstler das Thema umsetzen, bleibt völlig ihnen überlassen.

Schwab erklärte, der Blick der Künstler von außerhalb auf die Stadt sei auch für die Bürger wertvoll. Denn es erfolge der Blick auf ihr Lebensumfeld durch eine andere Brille. Mit dem Programm knüpfe man an eine Tradition von Künstlern an, die nach Wertheim kamen. Ein Beispiel dafür sei Otto Modersohn.

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Erste Künstlerin des Stipendiums „Artist in Residence“ war 2019 Sandra Trösch aus Wiesbaden. Schwab freute sich, dass es nun weitergehen kann. Er dankte der Stadt Wertheim, die das Projekt mit 2500 Euro unterstützt. Das Geld werde hauptsächlich für das Honorar des Stipendiaten verwendet. Schwab stellt seine Atelierräume zum Arbeiten sowie zum Wohnen während der Projektzeit bereit. Außerdem versuche er, wie er sagte, mit Material vor allem aus seinem Fundus zu unterstützen.

Dieses Jahr entschied sich Johannes Schwab für Helene von Oldenburg als Künstlerin für das Stipendium. Sie ist zugleich Kuratorin der aktuellen Ausstellung im Schlösschen im Hofgarten (wir berichteten). Dies passe zu den Zielen des Stipendiums, meinte Schwab. Man wolle damit auch Potenziale für weitere Lokalitäten in Wertheim schaffen. Mit den Ausstellungen der Künstler von „Artist in Residence“ möchte man auch Publikum an Kunst heranführen, das sonst nicht so kunstaffin sei.

Wie lange die Künstler in der Stadt arbeiten wollen, sei ihnen überlassen. Von Oldenburg werde etwa einen Monat in der Stadt sein. „Mir ist wichtig, dass durch die Präsenz in der Stadt Tiefe in den Arbeiten entsteht. Beim Gang durch die Stadt entstehe wirkliche Resonanz“, betonte Schwab.

Helene von Oldenburg lobte in einem Pressegespräch am Donnerstag die Zusammenarbeit in Wertheim. „Man braucht Freiraum, und den habe ich hier.“ Über ihre Werke sagte sie: „Meine Handschrift in der Kunst ist, ich habe keine und verweigere sie auch.“ Ihre Werke zu Wertheim entstehen aus einer Verbindung von aktuellen Fotos mit alten Postkarten. Die ältesten sind aus der Zeit um 1900. „Von Wertheim gibt es mehr von diesen als von anderen Städten“, stellte sie fest.

Mit Hilfe des Computers vergrößert die Künstlerin einzelne Figuren aus den Karten heraus und druckt sie groß aus. Da diese aufgrund der Vergrößerung unscharf werden, wirkten sie wie Schemen, manche sogar wie Engel. „Mein Projekt steht auch unter dem Titel ,Wertheimer Schemen’“, erklärte von Oldenburg. Die Figuren wirkten, als seien sie Gemälde.

Die aktuellen Fotos, Postkarten und Schemen will sie zu Gesamtwerken kombinieren. Dabei arbeit sie digital und analog. Weitere Bestandteile ihres Projekts sind Fotos, die sie auf Aquarellpapier mit einem Tintenstrahldrucker ausdruckt und dann mit Wasser und Farben bearbeitet. „Man soll sehen, dass es Fotos sind, aber auch gleichzeitig, dass es Malerei ist“, beschrieb sie die Besonderheiten. Dies sorge für einen Effekt, der spannend ist, da er fremdartig sei, ergänzte Schwab. Der Blick auf solche Bilder führe im besten Fall auch dazu, dass die Betrachter eine neue Perspektive auf die realen Gebäude bekommen. Auch hier gebe es wieder schemenhafte Elemente, auch da nicht alles genau zuzuordnen sei. Dies wiederum lade zu Gesprächen darüber ein, zeigten sich die beiden Künstler überzeugt.

Helene von Oldenburg hat in ihrer Kindheit die Ferien oft bei der Familie in Kreuzwertheim verbracht und war dabei auch in Wertheim. Da sie in einem kleinen Dorf auf dem Land in Schleswig-Holstein aufgewachsen ist, sei Wertheim für sie eine Stadt gewesen, berichtete sie. Dies habe sie geprägt. Bei ihrem jetzigen Aufenthalt in Wertheim habe sie sich als „Flachländlerin“ erst an die vielen Treppen und Steigungen gewöhnen müssen. „Es war in Wertheim immer eine tolle Zeit, das will ich in der Kunst wiederbeleben“, sagte sie.

Auf den Postkarten, mit denen sie arbeitet, habe sie in den Details neben Personen auch viele offene Fenster entdeckt und Häuser, die es heute nicht mehr gibt.

Die Künstlerin bietet Interessierten die Möglichkeit, ihr bei ihrer Arbeit im Atelier Schwab über die Schulter zu schauen. An den Sonntag, 21. und 28. April, gibt es dazu in der Schlossgasse 9 von 15 bis 17 Uhr das „offene Studio“. Gezeigt werden die Werke von Helene von Oldenburg zu Wertheim im Atelier von Johannes Schwab Ende Oktober oder im November.

Der Wertheimer betonte, er wolle das Konzept des Stipendiums künftig jährlich umsetzen, jeweils im Frühjahr. Neben bildenden Künstlern wolle er dabei auch Schaffende aus den Bereichen Literatur, Musik und Bildhauerei nach Wertheim holen.

Ina Nolte, Fachgebietsleiterin bei der Stadt Wertheim, lobte das Projekt. Es sei ein wichtiger Baustein des Ziels, ein Kulturnetzwerk in Wertheim aufzubauen. Zu diesem passe auch, dass Helen von Oldenburg Kuratorin der Ausstellung im Schlösschen ist und nun auch selbst künstlerisch in Wertheim wirke. Die Stadt unterstütze „Artist in Residence“ gerne und verfolge die Entwicklungen gespannt. bdg

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