Kreuzwertheim. Seit 25 Jahren unterstützt der Verein „Paul e.V. – Partnerschaft unterstützt Lebenslinien“ in Kreuzwertheim Projekte in Ghana. Das Vereinsjubiläum feierte man am Sonntag mit dem Ghanatag in der Dreschhalle. Neben einem Unterhaltungsprogramm mit viel Musik gab es Einblicke in die Arbeit des Vereins und die Projekte in Ghana. Außerdem wurden zahlreiche afrikanische Produkte aus Stoff, Kosmetik und mehr verkauft. Sehr beliebt war das authentische Mittagessen aus Ghana. Zubereitet wurde es von einer Mutter und ihrer Tochter, die aus Ghana stammen und in Regensburg leben. Alle Gewinne des Tages kommen der Förderung der Projekte zugute.
Im FN-Gespräch blickte Wolfgang Finger, Vorsitzender des Vereins, auf dessen Arbeit und die Entwicklung der geförderten Projekte in den letzten fünf Jahren zurück. Der Schwerpunkt der Förderung, etwa zwei Drittel der jährlichen Unterstützung, erhalten zwei Projekte im Norden von Ghana an der Grenze zur Sahelzone. Das Projekt „WOM Ghana“ richtet sich an Witwen und Waisen und ermöglicht Frauen eine Ausbildung und Kindern eine Schulbildung. Das Projekt Schulungszentrum „Fistrad“ ermöglicht jungen Erwachsenen, vor allem Frauen, eine Ausbildung, zum Beispiel zu Weberinnen und Schneiderinnen. Im Süden des Landes unterstützt der Verein zudem „CAS“, ein Straßenkinderprojekt in der Hauptstadt Accra.
Inflation in Ghana lag teils bei bis zu 50 Prozent
Finger berichtete, die Coronapandemie und die weltweiten Auswirkungen des Ukrainekriegs hätten arme Länder wie Ghana noch stärker getroffen als Deutschland. Die Energiekosten seien massiv gestiegen, ebenfalls die Preise für Grundnahrungsmittel. „Die Inflation lag teils bei bis zu 50 Prozent.“ Dies wirke sich auf die Spenden aus Deutschland aus. Diese hätten deutlich an Wert verloren, wenn sie nicht gleich ausgegeben werden konnten, sondern über Monate in der Landeswährung Ghanaischer Cedi auf den Konten der Projekte waren, bis sie verwendet wurden. Die Projekte hätten die Mittel auf eigenen Wunsch hin wie üblich komplett gegen Anfang des Jahres erhalten, sagte Finger.
Die Lage in Ghana sei heute wieder etwas besser, doch die Inflation weiterhin hoch. Dennoch konnten die Projekte Erfolge verbuchen. „Es ist schon etwas Besonderes, dass es unseren Verein und vor allem die drei Projekte in Ghana so lange gibt“, freute sich der Vorsitzende. Alle drei Projekte werden von gemeinnützigen Vereinen geführt. Bei WOM habe der Träger zudem eine Art gemeinnützige GmbH gegründet. Sie ermögliche mehr wirtschaftlichen Verkauf eigener Produkte und damit eine bessere Eigenfinanzierung der Arbeit. „Das läuft relativ erfolgreich.“ Hergestellt würden vor allem Kosmetikprodukte wie Sheabutter und schwarze Seife. Aber auch Stoffe zu weben und zu schneidern sei im Angebot. Die Kunden säßen vor allem in Ghana und den Nachbarländern, die alle relativ arm sind. Um zu bestehen, müsse man immer wieder neue Produkte entwickeln. Ein Export der Waren nach Europa sei wegen des großen Aufwands nicht möglich.
Beim Projekt Fistrad sei ein Computerraum eingerichtet worden, den die jungen Leute für ihre Ausbildung nutzen können. Dort steht eine Internetverbindung zur Verfügung, die unter Aufsicht der Lehrer genutzt werden kann. Diese sei aber nicht so gut und stabil. In einer Live-Schaltung via Videokonferenz berichtete Richard Alando, Leiter von Fistrad, beim Ghanatag, man müsse neue Schulbücher für die Bibliothek anschaffen, da der Bestand nicht mehr aktuell genug für die Lehrpläne sei.
Seit Bestehen des Vereins rund 700 .000 Euro gespendet
Bei WOM und Fistrad trägt man zu 30 bis 40 Prozent zu deren Jahresetat bei, erklärte Finger. Pro Jahr könne man zusammengenommen etwa 30 .000 bis 40. 000 Euro für alle drei Projekte spenden. „Seit Bestehen des Vereins waren es rund 700 .000 Euro insgesamt.“ Wichtig sei seinem Verein der direkte Kontakt und die Rückmeldung aus den Projekten vor Ort. Paul hat inzwischen etwa 25 Mitglieder und 60 Unterstützer, die regelmäßig spenden. Die Zahl der Unterstützer sei in den letzten fünf Jahren leicht gestiegen. Bei der Spendenentwicklung liege man zehn bis 20 Prozent unter den Werten der Zeit vor der Pandemie, erklärte Finger.
Beim Ghanatag berichtete Xaver Mayer von seinem Aufenthalt in Ghana. Im Rahmen seines ehrenamtlichen Engagements für den „Senior Expert Service“ kümmerte sich der pensionierte Rundfunktechniker im Frühjahr 2023 um die Radiostation von Fistrad. Er berichtete, dass an der Radiostation Maßnahmen für die Sicherheit von Technik und Personal angegangen werden müssen. Dazu gehöre Schutz vor Hitze und Staub der Geräte in den Räumen und die Schaffung einer Erdung und eines Blitzschutzes. Die Kosten für die Maßnahmen bezifferte er auf 8.000 bis 10. 000 Euro. Es sei ein Förderantrag bei der deutschen Botschaft in Ghana gestellt worden. Diese habe Bereitschaft signalisiert. Die verbindliche Förderzusage und -höhe stehen aber noch aus. Während seines fünfwöchigen Aufenthalts schulte Mayer das Team vor Ort in Themen rund um Technik und Moderation.
Aus Großbritannien zum Ghanatag angereist war Nick O‘Neal. Er gehört zu einer Organisation, die ebenfalls Fistrad unterstützt. Er berichtete über die Entstehung und Arbeit der Organisation in Großbritannien und warb für weitere Unterstützung der Projekte in Ghana.
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