Tauber-Odenwald. Im Ort läuten am Samstagmittag in der kleinen Kapelle die Glocken. Vor dem Kirchlein hat sich das ganze Dorf versammelt. Alle wollen das Brautpaar sehen – ihm gratulieren. Doch solch ein Ereignis wird im Ort immer seltener. Die Ursachen liegen auf der Hand: die Hochzeit muss inzwischen ein riesiges Instagram-taugliches Event sein. Die Reality-Stars Mike Heiter und Leyla Lahouar und vor Jahren Daniela Katzenberger und Lucas Cordalis haben es vorgemacht und ganz neue Maßstäbe gesetzt. Da reicht eine simple Dorfkirche eben nicht mehr aus.
Außerdem sinkt Zahl der Eheschließungen stetig. Das Statistische Bundesamt (destatis) gab an, dass im Jahr 2024 insgesamt 349.200 Ehen geschlossen wurden. Das waren 3,3 Prozent weniger als 2023. Auch in Baden-Württemberg ist dieser Trend zu beobachten. 2018 heirateten 58.417 Paare, 2023 waren es (nach einem Zwischenhoch 2022 durch Corona) nur noch 47.849 und 2024 rund 46.700 Paare.
Zahl der Eheschließungen sinkt
Doch wie sieht es im Main-Tauber-Kreis aus? Insgesamt stieg die Zahl der Eheschließungen von 616 im Jahr 2020 auf 624 im vergangenen Jahr. In Bad Mergentheim „trauten“ sich im Jahr 2022 insgesamt 101 Paare im Alten Rathaus oder im Residenzschloss, 2023 waren es 76 Paare, und 2024 traten 82 Paare vor den Traualtar. Ob im Barocksaal des Rathauses, auf der Burg, im Schlösschen oder im Kloster Bronnbach – in Wertheim wird gern geheiratet. „Insgesamt ist ein konstant steigender Trend zu Samstagstrauungen festzustellen. Nach 34 Prozent im Jahr 2022 ist der Anteil bis 2024 auf 50 Prozent gestiegen“, stellt der Standesbeamte Holger Rempt fest. 2022 gaben sich 150 Paare in Wertheim das Ja-Wort, 2023 waren es 131 und im vergangenen Jahr nur ein Pärchen weniger.
Im Neckar-Odenwald-Kreis gaben sich im Jahr 2020 587 Paare das Ja-Wort. 2024 waren es 592 Paare. In Buchen wurden 2022 insgesamt 87 Ehen geschlossen. Anschließend ging die Zahl leicht zurück. 2023 waren es 78 und im vergangenen Jahr 77 Eheschließungen. Als Location besonders beliebt ist das Trauzimmer im Buchener Rathaus. Außerdem wird das „Klösterle“ aktuell gern gebucht, ein denkmalgeschütztes Gebäude aus dem Jahr 1489. In Walldürn haben sich die Zahlen in den vergangenen drei Jahren ebenfalls nicht groß verändert. 2022 trauten sich 47 Paare. 2023 waren es 41 und ein Jahr darauf 49. Ein Jahr fällt allerdings aus dem Rahmen: „2019 wurden in Walldürn 81 Eheschließungen verzeichnet. Damit stellt dieses Jahr einen außergewöhnlichen Spitzenwert im Vergleich der letzten zehn Jahre dar“, sagt Sina Berberich von der Stadt Walldürn.
Wenn die Liebe geht
Ist die Liebe verglüht, erreichen Paare das „andere Ende der Fahnenstange“. So wurden 2024 in Baden-Württemberg 16.591 Ehen geschieden. 2023 waren es noch rund 800 Scheidungen weniger (15.761). Langfristig hat sich die Anzahl deutlich erhöht. Sie lag im Vergleich zu 1980 (12.899) um fast 30 Prozent höher. Der Höchststand der Scheidungen im „Ländle“ wurde laut Angaben des Statistischen Landesamtes mit 25.129 Scheidungen im Jahr 2004 erreicht.
Deutschlandweit zeichnet sich ein ähnlicher Trend ab. Mitte der 50er Jahre lag die Anzahl der Scheidungen zwischen 46.000 und 48.000. Im Jahr 1975 stieg die Zahl zum ersten Mal über 100.000er-Marke. Der Höchstwert wurde im Jahr 2003 erreicht. Damals wurden 213.975 Scheidungen bundesweit registriert. 2018 waren es 148.066 Scheidungen und im Jahr 2024 nur noch 129.337 Scheidungen.
So sieht es in der Region aus
Im Main-Tauber-Kreis fiel die Anzahl der Scheidungen von 207 im Jahr 2020 auf 204 im vergangenen Jahr. In Bad Mergentheim ist der Trend umgekehrt. Ließen sich 2022 13 Paare scheiden, waren es 2023 sogar 22 Paare und 2024 17 Paare. In Wertheim kann diese Anzahl der Scheidungen nicht beziffert werden. „Das Fachverfahren ermittelt nur einen Gesamtwert über die Anzahl der Auflösungen der Ehen. Diese Werte schließen allerdings auch die Auflösung der Ehe durch Tod ein“, heißt es.
Im Neckar-Odenwald-Kreis ist der Rückgang der Scheidungen noch deutlicher. Sie fiel von 246 im Jahr 2020 auf 212 im Jahr 2024. In Buchen war 2023 mit 38 Scheidungen das stärkste der vergangenen drei Jahre. 2022 ließen sich 29 Paare scheiden, 2024 waren es 27. In Walldürn sieht es ähnlich aus. 2022 lösten 38 Paare die Ehe auf. 24 waren es in 2023 und im vergangenen Jahr wurden 28 Ehen geschieden.
Vor ein paar Wochen kam der SWR in einer Sendung zum Schluss, dass immer mehr Ehen zerbrechen - und das tatsächlich im verflixten siebten Jahr. Klar ist, dass einer langjährigen Ehe, an der egal wie festgehalten wird, heute nicht mehr diese Bedeutung zukommt, wie in den vergangenen Jahrhunderten oder noch den 60er-Jahren. Als einer der Hauptgründe wird die finanzielle Unabhängigkeit der Frau angeführt.
Das verflixte siebte Jahr
Doch stimmt das mit dem „verflixten siebten Jahr“? Ein Blick in Statistik bestätigt dies. Die meisten Scheidungen erfolgen tatsächlich zwischen dem fünften und neunten Ehejahr. Nach fünf Jahren Ehe wurden in Deutschland die Scheidungspapiere von 7.018 Paaren unterschrieben. Nach sechs Jahren waren es 7.791 Scheidungen, nach sieben Jahren 7.296 und nach acht Jahren 7.039. Selbst nach 25 Jahren bestätigten 2.347 Paare ihre Scheidung. Aber es gibt auch die umgekehrten Fälle. So wurden insgesamt 7.659 Ehen nach nicht einmal zwei Jahren geschieden.
In Baden-Württemberg war 2024 eine Scheidung im achten Ehejahr am häufigsten (902). Am zweithäufigsten, mit 879, wurden Ehen im besagten „verflixten“ siebten Ehejahr geschieden, nach neun Ehejahren waren es 859. Dazu schreibt das statistische Landesamt: „Die Ehedauer ergibt sich statistisch aus der Differenz zwischen dem Jahr der Eheschließung und dem Jahr, in dem das Scheidungsurteil rechtskräftig wird. Da die Scheidung in den meisten Fällen erst nach einer einjährigen Trennungszeit ausgesprochen wird, sind Ehen faktisch nicht im achten, sondern bereits im siebten Ehejahr am häufigsten zerbrochen.“
Und auch das gibt es im „Ländle“: 335 Paare trennten sich 2014 im Jahr der Silberhochzeit und zwölf Paare im Jahr der Golden Hochzeit, also nach 50 Ehejahren. Damit steht fest: Im Durchschnitt hält eine Ehe in Baden-Württemberg etwa 16 Jahre.
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