Pro-Stimme »„Ewig Dein, ewig mein, ewig uns“«
Zugegeben, ich bin eine derjenigen, die sich im Jahr der Silberhochzeit, also nach 25 Jahren Ehe, hat scheiden lassen. Das war kein leichter Schritt. Aber die Liebe war weg und damit auch die Achtung vor dem und das Verständnis für den Partner.
Resigniert habe ich dennoch nicht. Ich habe immer noch an die große Liebe geglaubt, die wie im Märchen bis ans Lebensende halten kann. Meine Eltern sind dafür das beste Beispiel. Sie haben 1956 tatsächlich aus Liebe geheiratet. Immer wieder habe ich mir die Geschichte ihres Kennenlernens erzählen lassen. Denn trotz eines großen Missverständnisses gleich am ersten Abend fanden sie zueinander – bis an ihr Lebensende. Für mich ist dies ein klares Zeichen dafür, dass es sie gibt: die unendliche Liebe. Vielleicht habe ich mich aufgrund dieser Ansicht am 12. August 2016 noch einmal getraut – dieses Mal ohne Chichi und Tamtam – nur mit meinem Mann am Ostseestrand.
Schaue ich in die Statistik, erschreckt mich die hohe Scheidungsrate. Dennoch plädiere ich dafür, sich offiziell zueinander zu bekennen. Warum? Jedenfalls nicht wegen der großen Feier, den vielen Geschenken und dem Prinzessinnenkleid. Und schon gar nicht aus steuer- oder erbrechtlichen Gründen, auch wenn dies durchaus zu bedenken ist. Sondern einfach, weil ich der ganzen Welt voller Stolz zeigen will, wir gehören zusammen – bis an unser Lebensende. Die KI sagt dazu: Die Ehe schaffe eine stärkere emotionale Verbindung und gegenseitige Verlässlichkeit. Sie symbolisiere, dass man eine untrennbare Einheit bildet. Recht hat sie diesmal.
Kontra-Stimme »Liebe braucht keine rechtliche Form, um echt zu sein«
Meine Eltern haben sich scheiden lassen, als ich neun Jahre alt war. Seitdem ist das Konzept der Ehe und damit einhergehend das Versprechen der „Liebe fürs Leben“ für mich mehr Wunschdenken als alles andere. Die Ehe ist kein Garant für Stabilität, sondern oft Ursprung von Schmerz, Streit und Frustration. Beziehungen verändern sich und Menschen entwickeln sich über die Jahre weiter. Eine Unterschrift schützt da nicht vor dem Auseinanderleben.
Wenn die Ehe dann in die Brüche geht, folgt die Scheidung. Und damit kommen gegenseitige Schuldzuweisungen und der Streit um die Kinder, Unterhaltsansprüche oder die Anwaltskosten.
Für mich steht fest: Liebe braucht keine rechtliche Form, um echt oder tief zu sein. Ich glaube an Liebe, an Partnerschaft, an Verantwortung füreinander. Aber ich brauche keine Ehe, um das zu leben. Vielmehr wächst mit dem Eheversprechen womöglich der Druck, ja nicht zu scheitern.
Heutzutage bleiben viele glückliche Paare bewusst unverheiratet. Und es gibt viele Lebensentwürfe, wie Lebenspartnerschaften ohne Trauschein, Patchwork-Familien oder offene Beziehungen, die ebenso – oder besser – funktionieren als die traditionelle Ehe. Das Wichtigste ist doch, dass man sich mit Respekt begegnet und gemeinsam für eine gute Beziehung arbeitet.
Außerdem hat sich das Rollenbild über die Jahre geändert. Wo eine Frau früher einen Ehemann „brauchte“, der als Versorger das Geld nach Hause bringt, kann sie heute selbst arbeiten, Geld verdienen und Karriere machen.
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