Welthospiztag

Hospizhelfer sind da bis zum letzten Atemzug

Wenn ein Mensch sich auf den letzten Weg macht, ist das keine einfache Situation. Hospizarbeit hilft dabei, diese letzte Zeit für Sterbende und Angehörige angenehm wie möglich und würdevoll zu gestalten.

Von 
Katharina Buchholz
Lesedauer: 
Hospizbegleiter stellen sich ganz auf die Wünsche der Betreuten und ihrer Angehörigen ein. © dpa

Odenwald-Tauber/Wertheim. Den letzten großen Wunsch erfüllen oder viele letzte kleine: Die Mitarbeiter von Hospizdiensten begleiten Sterbende und ihre Angehörige auf dem letzten Weg.

Sabine Roth vom Malteser Hospiz- und Palliativdienst St. Veronika Wertheim bringt als Koordinatorin ehrenamtliche Hospizhelfer und Hilfesuchende zusammen.

Jedem Anfang liegt ein Zauber inne – ist das Hesse Zitat auch auf das Ende des Lebens übertragbar?

Roth: Ich glaube schon. In der Hospizarbeit (hospitium lateinisch = Gastfreundschaft / Herberge) geht es uns darum, die letzten Monate, Tage und Stunden unter dem Aspekt der Lebensqualität zu gestalten. Es wird auf das Rücksicht genommen, was dem Begleiteten wichtig ist und war. Wir sprechen immer davon, dass wir die „Seele streicheln“ möchten. Begleitete und Angehörige sollen die letzte Zeit miteinander in guter Erinnerung behalten können. Das Ehrenamt hat hier einen hohen Stellenwert, sie bringen Zeit mit und sind einfach da – oft bis zum letzten Atemzug. Vielleicht gibt es einen letzten Wunsch, der erfüllt werden will oder aber es soll die Ablenkung sein. Es kann aber auch das Gespräch über die Lebensbegrenzung, das Sterben, den Tod sein. Dies mit dem nahe stehenden Angehörigen zu tun, wenn man vielleicht sieht, wie sehr er selbst leidet, fällt dem Sterbenden nicht leicht. Da tut die Neutralität des Ehrenamtes gut.

Welche Rolle spielen dabei Hospiz- und Palliativarbeit?

Roth: Die Hospizarbeit hat die Lebensqualität und die Seele im Blick und soll einfach guttun. Wir möchten beide Seiten, Begleiteten und Angehörige, entlasten. Sie sollen sich auf das Wichtige konzentrieren können – das Abschiednehmen. Die Palliativarbeit richtet sich eher auf die medizinische Versorgung. Hier arbeiten wir eng mit den Hausärzten zusammen, die medikamentöse Abdeckung gut zu gestalten. Es sollen zum Ende mögliche Beschwerden gut in Griff zu bekommen sein. Wenn nötig, wird auch ein SAPV (spezialisiertes ambulantes palliatives Versorgungsteam) hinzugeschaltet, was der Hausarzt verordnen muss.

Wer kann die Betreuung in Anspruch nehmen?

Roth: Zum einen Menschen, die eine lebensverkürzende Diagnose erhalten haben. Aber auch Menschen, die sich aufgrund von Alter oder anderen körperlichen Gebrechen auf den letzten Weg begeben.

Wissenswertes zur Arbeit des Hospiz- und Palliativdiensts St.Veronika

Im Malteser Hospiz- und Palliativdienst St. Veronika betreuen zirka 60 ehrenamtliche Hospizbegleiter und Hospizbegleiterinnen zwischen 120 und 130 kranke oder sterbende Menschen. Fünf hauptamtliche Mitarbeiter übernehmen die Palliativbetreuung.

Wie lange die Menschen betreut werden ist unterschiedlich und reicht von wenigen Tagen bis zu Jahren.

Das Betreuungsgebiet des Hospiz- und Palliativdienst St. Veronika reicht von Wertheim bis Marktheidenfeld, Miltenberg, bis kurz vor Tauberbischofsheim und Hundheim.

Die Betreuung kostet Begleiteten nichts. Der Hospiz- und Palliativdienst St. Veronika finanziert sich über Spenden- und Fördergelder.

Werden aktuell noch Ehrenamtliche gesucht? „Dringend! Wir bekommen immer mehr Anfragen aus den Pflegeheimen in der Region und benötigen dafür zusätzliches Ehrenamt“, sagt Koordinatorin Sabine Roth. Neue Ehrenamtliche werden in einem Grund- und Aufbaukurs – beides sind neun Einheiten zu je drei Stunden – auf ihren Dienst vorbereitet. Zur Ausbildung gehört auch eine Praktikumsphase. Der nächste Kurs startet am 15. Januar 2024.

Wer sich als ehrenamtlicher Hospizbegleiter engagieren möchte, erhält per E-Mail an: Gabriele.Muempfer@malteser.org oder: sabine.roth@malteser.org sowie unter Telefon 09342/8593163 weitere Informationen. An die genannten Adressen können sich auch Hilfesuchende wenden.

Am 14. Oktober findet der Welthospiztag 2023 statt. Unter dem Dach des Deutschen Hospiz- und Palliativ-Verbands (DHPV) und dem Motto „Hospiz lässt mich noch mal“ informieren überall in Deutschland Hospiz- und Palliativdienste beziehungsweise -einrichtungen über Hospizarbeit und Palliativversorgung sowie über konkrete Unterstützungsangebote für schwerst kranke Menschen und ihre Angehörigen. kabu

Zu welchem Zeitpunkt kann oder sollte Hospiz- und Palliativarbeit einsetzen? Gibt es ein zu früh oder zu spät?

Roth: Schön wäre es, wenn wir schon bei der Stellung der Diagnose mit unserer Arbeit beginnen können, aber es gibt kein zu spät. Wir haben manchmal Begleitungen, die auch nur ein bis ein paar Tage gehen. In unserer Arbeit darf alles sein!

Wie laufen Treffen zwischen den Hospizbegleiterin und den Begleiteten ab?

Roth: Unsere Hospizbegleiter stellen sich vor Ort ganz auf die Wünsche der Betreuten und ihrer Angehörigen ein. Dies kann ein Gespräch, ein Spaziergang, das Vorlesen oder ein Spiel sein – alles was Ablenkung vom Kreisen der Gedanken schafft. Oft wünschen sich auch die Angehörigen eine Auszeit von der Wache und den Sorgen um den Betroffenen. In der Sterbephase ist es dann das Da-sein: das Kühlen der Stirn, die Hand halten, den Mund befeuchten, das Gebet – einfach Nähe spenden.

Wie werden die ehrenamtlichen Hospizbegleiter und Hospizbegleiterinnen selbst begleitet und unterstützt?

Roth: Wir bieten unseren Ehrenamtlichen einen Gruppenabend oder einen Gruppenbrunch. Der Schwerpunkt in den Gruppentreffen liegt im Austausch über die Begleitungen. Hier haben die Hospizbegleiter die Möglichkeit, in einem geschützten Rahmen darüber zu sprechen, wie es ihnen mit ihrem Menschen geht. Wir Hauptamtlichen erfahren, ob es noch Dinge gibt, die verändert oder organisiert werden müssen, zum Beispiel medikamentös. In der restlichen Zeit werden Informationen aus dem Dienst weitergegeben oder Termine besprochen. Der gemütliche Teil darf im Sinne der Wertschätzung bei uns nie fehlen.

Mehr zum Thema

Welthospiztag

Begleitung auf dem letzten Weg

Veröffentlicht
Mehr erfahren
Gemeinderat

Klimastabiler Mischwald das Ziel

Veröffentlicht
Mehr erfahren
Welthospiztag

Begleitung auf dem letzten Weg

Veröffentlicht
Mehr erfahren

Welche Grenzen sind den Hospizbegleitern gesetzt?

Roth: Ganz praktisch werden keine pflegerischen oder hauswirtschaftlichen Aufgaben übernommen. Mental kann es auch sein, dass ein Hospizbegleiter oder eine Hospizbegleiterin an seine oder ihre seelische Grenze kommt. Auch das darf sein. Es wird den Ehrenamtlichen regelmäßig die Möglichkeit zur Supervision angeboten (Anmerkung der Redaktion: Supervision ist eine Beratung durch eine externe Fachkraft).

Gibt es anfangs Berührungsängste vonseiten der Betreuten?

Roth: Die Worte „Hospiz“ und „Palliativ“ haben etwas Endliches. Die meisten bekommen einen Schreck und sagen: Jetzt muss ich sterben. Viele merken erst während unserer Arbeit, dass wir ihnen gut tun und sie entlasten.

Wie wirkt sich der Einsatz der Ehrenamtlichen auf die Betroffenen und ihre Angehörigen aus?

Roth: Häufig sehr positiv. Wir machen die Erfahrung, dass dieses „Umsorgen“ und zuhören so gut tut, dass ein Mensch wieder etwas an Lebenszeit gewinnt. Dinge, die keiner mehr für möglich gehalten hatte, können auf einmal wieder getan werden – zum Beispiel Spaziergänge. Ich möchte mit den Worten von Cicely Saunders – der Begründerin der Hospizarbeit schließen: Es gilt nicht dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben. Das drückt im Ganzen unseren Dienst aus.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten