Versammlung der evangelischen Gemeinde

Höhefelder gehen mit Landeskirche hart ins Gericht

  Heftige Kritik an Strukturprozess und Gebäudeklassifizierung bei der Gemeindeversammlung der evangelischen Gemeinde in Höhefeld geäußert. Wie geht die evangelische Gemeinde zukünftig mit sinkenden Mitgliederzahlen um?

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jej
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Für die Kirche in Höhefeld will die evangelische Landeskirche künftig nur noch substanzerhaltende Maßnahmen finanziell unterstützen. Dagegen formierte sich bei der Gemeindeversammlung Widerstand. © Jens-Eberhard Jahn

Höhefeld. Zur Gemeindeversammlung der evangelischen Gemeinde in Höhefeld kamen am Sonntag etwa 70 Protestanten in die Kirche. Unter Leitung von Ortsvorsteher Christian Stemmler informierte der Vorsitzende des Kirchengemeinderats (KGR), Georg Winkler, über den Strategieprozess der Evangelischen Landeskirche in Baden (EKiBa) und seine Auswirkungen vor Ort. So werden die Gemeinden Höhefeld, Dertingen, Kembach, Dietenhan, Lindelbach, Bettingen und Urphar ab 2024 einen Kooperationsraum bilden, der von Pfarrerin Ade und Pfarrer Ziegler betreut werden soll. Die Kirchenleitungen erhoffen sich von diesen Strukturen personelle und finanzielle Einsparungen.

Die EKiBa reagiert auf sinkende Mitgliederzahlen, schwindenden gesellschaftlichen Einfluss und nicht zuletzt schrumpfende Finanzmittel mit ihrem „Strategieprozess2032“. Der Ressourcenbedarf soll bis 2032 um 30 Prozent sinken. Auf der Homepage der Landeskirche heißt es: „Wir überlegen gemeinsam, wo wir Gutes weiterführen, wo wir Neues entdecken und wo wir Altes aufgeben möchten. Wir gestalten gemeinsam die Zukunft unserer Kirche.“ Doch Altes aufzugeben, trifft in Höhefeld auf Widerstand. Dieser richtet sich insbesondere gegen die Einteilung der kirchlichen Gebäude in die drei Ampelfarben. Nach dieser Klassifizierung sollen alle baulichen und betrieblichen Kosten der „grünen“ Gebäude weiterhin von der Landeskirche getragen werden. Die Farbe „Gelb“ bedeutet, dass nur substanzerhaltende Maßnahmen Unterstützung finden. Und um „rote“ Gebäude werden sich die jeweiligen Gemeinden künftig ohne landeskirchliche Mittel sorgen müssen.

Winkler meinte, die „Verampelung“ der Gebäude sei lächerlich und biete kaum Einsparungspotential für die EKiBa: „Die Entscheidungen des Kirchenbezirks Wertheim haben für uns hier in Höhefeld allerdings zur Folge, dass unser Gemeindehaus auf ‚Rot‘ und unsere Kirche auf ‚Gelb‘ gesetzt wurde.“ Immerhin sei man finanziell gut aufgestellt, beruhigte Winkler: „Wir haben in Höhefeld ein stabiles Maß an Rücklagen bilden können, welche uns auch dazu befähigen, zukünftig mit Augenmaß unsere beiden Gebäude am Leben zu erhalten.“

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Der KGR-Vorsitzende befürchtete jedoch, dass die Kirchenleitung in Karlsruhe darüber nachdenke, wie auf die Vermögen der einzelnen Gemeinden zugegriffen werden könne, und erklärte kämpferisch: „Wir müssen sehr zeitnah eigene Maßnahmen treffen, welche unser Kapital vor dem Zugriff der Landeskirche schützen. Jetzt ist Schluss! Unsere Akzeptanz und das Vertrauen in die Landeskirche ist zu Ende und wir werden diesen geplanten Strukturprozess hinsichtlich der Gebäudeklassifizierung nicht mittragen.“

Um die Gemeindegelder vor dem „Zugriff aus Karlsruhe“ zu schützen, könne ein Verein gegründet werden. Denn auch im künftigen Kooperationsraum dürfe das Geld nicht in einen gemeinsamen Topf kommen. Solidarität zwischen Gemeinden sei zwar wichtig. Es gehe aber zu weit, wenn sparsame, nachhaltig wirtschaftende Gemeinden die anderen mitfinanzieren müssten.

Winkler stellte seine Initiative gegen den“ Strategieprozess2032“ vor und warb nachdrücklich für die unter dem Motto „Rettet die Dorfkirche“ derzeit laufende Unterschriftenaktion. Er erinnerte an die drei Gespräche mit Dekanin Wibke Klomp und Vertretern des Bezirks- sowie des Oberkirchenrats und schlussfolgerte: „Wäre unsere Initiative nur heiße Luft und somit unwichtig, würden sich wohl kaum die Verantwortlichen so oft in so kurzer Zeit um uns bemühen. Wir haben für deutliche Unruhe gesorgt und man reagiert auf unsere Initiative. Im Vertrauen auf Gott werden wir unseren Widerstand weiter vorantreiben.“

Im Anschluss an Winklers Ausführungen wurden konkrete Fragen zur künftigen Zusammenarbeit im Kooperationsraum angesprochen. Eine Anwesende sprach die Position der sechs anderen betroffenen Gemeinden an. Winkler räumte ein, dass noch keine Gespräche zwischen den Kirchengemeinderäten stattgefunden hätten. Dies werde aber 2024 beginnen und brauche Zeit. Ein Anwesender appellierte unter Applaus an den Kirchengemeinderat: „Bleibt geschlossen im Widerstand gegen die Gebäudeampel und lasst euch nicht durch Beruhigungspillen aus Wertheim auseinanderdividieren.“

„Die Kirche im Dorf lassen“

Gegenüber den Fränkischen Nachrichten brachte Winkler sein Anliegen auf den Punkt: „Wir wollen die Kirche im Dorf lassen und ohne Luxus in gewohnter Weise kirchliches Leben ermöglichen. Wir haben eine schöne Kirche und das gibt geistlichen Halt.“

Die Leiterin des Kirchenbezirks Wertheim, Dekanin Klomp, möchte keine „Beruhigungsmittel“ an die Kritiker der Landeskirche verteilen. Gegenüber unserer Zeitung erklärte sie: „Mich freut es doch, wenn sich die Gemeinden für ihre Kirchen engagieren. Die Dichte der Kirchen in unserer eher dünn besiedelten Region ist ungewöhnlich hoch. Das erschwert deren Finanzierung. Wenn jetzt Fördervereine gegründet werden, wäre das ein tolles Ergebnis des Strukturwandels in der Kirche.“ jej

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