Wertheim. Die Firma Schuller hat ihren Sitz in Bestenheid und gehört zum Johns Manville Konzern. Neben Glaspellets produziert das Unternehmen Fasermatten für Filter, beispielsweise für Reinraumfilteranlagen. In diesem Produktbereich ist das Unternehmen absolut führend, hat 65 Prozent des weltweiten Marktanteils inne. Bisher werden am Standort Bestenheid drei Linien zur Herstellung von Glasfasermatten betrieben. Jetzt soll eine vierte dazukommen (wir berichteten).
Alexander Ückert ist Werkleiter bei Schuller. Er stellte am Montagabend dem Ausschuss für Bauwesen und Umwelt das Vorhaben vor. „Wir haben großes Vertrauen in die Marktentwicklung“, so Ückert. Bei Schuller sei man sich sicher, dass der Absatz von Filtermatten noch stark zunehmen werde und man bei Schuller deshalb die Produktionserweiterung benötige.
Zu den derzeit am Standort tätigen 642 Beschäftigten würden nach Errichtung der vierten Linie 25 weitere Mitarbeiter kommen. Ückert bezeichnete den Bau der Linie dementsprechend als „aktive Standortsicherung“. Die Investition für den Bau bezifferte der Werkleiter auf 20 Millionen Euro, wovon allein vier Millionen Euro in die Umwelttechnik fließen würden.
Wie Ückert weiter ausführte, soll die neue Linie in einem bestehenden Gebäude unterkommen. Der noch zu bauende Schornstein – inklusive Nass-Elektrofilter – wird eine Höhe von 37 Metern haben. Ihre Arbeit soll die vierte Linie dann im Oktober 2023 aufnehmen. Mit einer Vollauslastung rechne man bei Schuller erst etliche Jahre später.
Bereits Anfang des Jahres hatte das Unternehmen die notwendige immissionsschutzrechtliche Änderung beim Regierungspräsidium in Stuttgart (RP) beantragt. Noch bis 9. November können die Unterlagen eingesehen werden. Jeder Bürger kann dazu Stellung nehmen.
Stuttgart entscheidet
Entscheidungsgremium ist in diesem Fall das RP, machte Baudezernent Armin Dattler mehrfach klar. Und so ging es am Montagabend lediglich darum, die Ausschussmitglieder von dem Vorhaben in Kenntnis zu setzen.
Kim Lea Gutermuth stellte den Ausschussmitgliedern und den sehr zahlreich erschienenen Besuchern einige Umweltparameter vor. Gutermuth ist Gutachterin bei der von Schuller beauftragten Firma Müller-BBM Industry Solutens. Sie legte dar, dass bisher alle gesetzlich festgelegten Grenzwerte für den Ausstoß beispielsweise von Formaldehyd, Staub, Stickstoffoxid, Fluorwasserstoff unterschritten werden. Das Unternehmen habe sogar die Grenzwerte gesenkt. Auch wurde von ihr eine Ausbreitung der Stoffe anhand der Daten der Wetterstation Walldürn berechnet. Die Berechnung ergab ebenfalls keine Gefahr für die Bevölkerung.
„Standortsicherung klingt gut, aber man muss vor allem die Sorgen der Bürger verstehen, denn der Betrieb befindet sich in der Nähe von Wohnsiedlungen“, sagte Ingo Ortel (SPD) und erinnerte an die Geruchsbelästigung. Genau wie Ortel wollten viele Anwesende etwas über die Art der Meßwertermittlungen wissen. Diese werden von der Firma Schuller selbst und zertifizierten Instituten je nach Emissionsstoff zwischen vierteljährlich bis zum Drei-Jahres-Rhythmus vorgenommen, so Ückert.
Bei Abweichung werden die Werte an das RP gemeldet.
Die Frage nach den Auswirkungen einer massiven Nebellage, wie sie nahe des Mains häufig vorkomme, richtete Bernd Hartmannsgruber (CDU) an die beiden Fachleute. „Die Emissionsbeiträge sind so berechnet, dass sie auch bei einer kurzzeitigen stationären Verweilung weder der menschlichen Gesundheit noch dem Ökosystem schaden – wenn sie die Grenzwerte unterschreiten“, so Gutermuth. Wie schnell die Stoffe sich in einer Nebelsituation verflüchtigen, konnte die Gutachterin nicht sagen.
Viele Fragen drehten sich um die Höhe der Grenzwerte, die, laut Ückert, auf den maximalen Produktionsausstoß bezogen sind. „Akzeptanz schaffen Sie nur durch Transparenz“, mahnte Stadtrat Patrick Schönig (SPD).
Entsprechend fiel auch der Vorschlag des Wertheimer Oberbürgermeisters Markus Herrera Torrez aus. Er wandte sich an die anwesende Johns Manville- und Schuller-Führungsriege. Sein Vorschlag: Eine weitere Informationsveranstaltung mit betroffenen Bürgern in Bestenheid werde dazu dienen, die vom Unternehmen zitierte Integrität mit Transparenz zu untermauern.
Weitere Infoveranstaltung
Herrera Torrez regte an, die Sachlage auf einer Stadtteilbeiratssitzung in noch verständlicheren Worten nachvollziehbar vorzustellen.
Nachdem das Regierungspräsidium seine Entscheidung getroffen hat, wird es am 31. Januar 2023 ab 10 Uhr im Wertheimer Arkadensaal einen Erörterungstermin zur Sachlage geben, teilte Baudezernent Armin Dattler mit.
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