Pro Gebiet soll es nur acht Windräder geben. Nach monatelangen Diskussionen kann die Stadt Wertheim dem Regionalverband einen Vorschlag zum Umgang mit der Windenergie machen.
Wertheim. Der Wertheimer Gemeinderat möchte die Zahl der Windkraftanlagen auf Wertheimer Gebiet begrenzen. Bei seiner Sitzung am Montag beschloss das Gremium, dass auf den von der Stadtverwaltung vorgeschlagenen Flächen jeweils maximal acht Anlagen errichtet werden sollen.
Diese Deckelung wird in die Stellungnahme der Stadt an den Regionalverband aufgenommen. Dort wird letztlich entschieden, in welchen Gebieten die Windräder stehen können.
Der Sitzungssaal war voll – alle Stühle besetzt, was das große Interesse der Bürger an dem Thema widerspiegelte. Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez sagte zu Beginn, dass kaum eine Kommune in Baden-Württemberg das Thema Windkraft derart intensiv diskutiert habe wie Wertheim. Er hob die Transparenz bei der Vorgehensweise der Stadt hervor und wies daraufhin, dass man die Nutzung von fossilen Energieträgern letztlich beenden müsse, um den Klimawandel aufzuhalten.
Eineinhalb Stunden beschäftigte sich der Gemeinderat mit dem Thema. Wie berichtet, hatte die Stadtverwaltung mit Unterstützung der Strategiegruppe Windkraft, zu der unter anderem auch die Ortsvorsteher gehörten, Kriterien herausgearbeitet, anhand derer geeignete Flächen identifiziert wurden. Ausschlaggebend bei der Eingrenzung waren der Abstand zur Siedlungsfläche, die Windhöffigkeit und die Flächengröße. Sie sollte mindestens 50 Hektar betragen, damit die Windräder nicht zu stark verteilt werden und eine „Verspargelung“ der Landschaft entsteht.
Keine Einkreisung
Darüber hinaus sollten einzelne Ortschaften nicht eingekreist werden. Schließlich sollten die Gebiete im Eigentum der Stadt und solche bevorzugt werden, die vor Ort Unterstützung finden. Nach Berücksichtigung der Kriterien blieben unterm Strich dabei die Vorranggebiete in Dertingen, Höhefeld, Dörlesberg/Reicholzheim und dem Nassiger Schenkenwald übrig. Bei drei Versammlungen hatte die Bürgerschaft die Gelegenheit, sich zu den Vorschlägen zu äußern.
Das vom Land initiierte Forum Energiedialog, das die Veranstaltungen begleitete, kam danach zu der Einschätzung, dass die von der Stadtverwaltung vorgeschlagene Vorgehensweise, eine aktive Rolle gegenüber dem Regionalverband einzunehmen, „breite Zustimmung bei den insgesamt etwa 350 Bürgerinnen und Bürgern, die an den Veranstaltungen teilnahmen“, gefunden habe. „Auch der vergrößerte Siedlungsabstand fand überall Zustimmung“, hieß es.
Dieser vergrößerte Siedlungsabstand von 1250 Metern führt allerdings zu dem Dilemma, mit dem sich der Gemeinderat befassen musste: Wird er eingehalten, ist auf offenem Gelände kaum eine Fläche für die Windkraft zu finden, wie Stadtbaumeister Armin Dattler und Stefanie Leuchs vom Referat Stadtplanung und Umweltschutz deutlich machten. Es bleiben lediglich Areale im Wald, nämlich im Schenkenwald bei Nassig und auf drei Teilflächen südlich und südöstlich von Dörlesberg.
Unter anderem dies bereitet den Ortschaftsräten in Mondfeld und Grünenwört Sorgen. Sie verfassten im Vorfeld eigene Stellungnahmen. (siehe weiteren Bericht). Unter den Gemeinderatsmitgliedern waren vier, die entsprechende Bedenken äußerten und später nicht zustimmten. Brigitte Kohout (SPD) kritisierte die geplante Anzahl von bis zu 15 Anlagen für „vollkommen überzogen“ und berief sich bei ihrer kritischen Haltung in Bezug auf Windräder im Wald auf einen Professor Ibisch aus Eberswalde, der nachgewiesen habe, dass die für die Errichtung der Windkraftanlagen verdichteten Flächen „nachhaltig geschädigt“ werden und seine Kühlungsfunktion verliere. Brigitte Kohouts Fraktionskollege Patrick Schönig zog in Zweifel, dass es eine einheitliche wissenschaftliche Meinung zu dem Thema gibt. Wenn man über Professor Ibisch recherchiere, finde man auch ausreichend gegenteilige Positionen.
Auch in der Fraktion der Grünen gab es unterschiedliche Meinungen. Marlise Teicke berief sich ebenfalls auf die wichtige ökologische Bedeutung des Waldes für das Klima. Man dürfe dort keine Flächen opfern. Wenn doch, dann nur an Grenzstandorten. Sollten Bäume gerodet werden, müssten die Ausgleichsmaßnahmen überproportional im Verhältnis 1:5 ausfallen. Richard Diehm berief sich ebenfalls auf die klimatische Funktion des Waldes. Die erforderlichen Fundamente und Verdichtungen beeinflussten das Grundwasser. Quellen in Mondfeld und Grünenwört wären gefährdet.
„Blanker Populismus“
Es gebe Alternativen zu den vorgeschlagenen Flächen: Das Areal um die Mülldeponie im Heegwald würde schon zwei Prozent der Gemarkungsfläche ausmachen. Das würde schon ausreichen. Dass er dort einen Acker besitzt und persönlich von Windkrafterträgen profitieren würde (wir berichteten), erwähnte Diehm nicht.
Stefan Kempf (Bürgerliste) sprach sich ebenso gegen die Pläne aus: „Keine Windkraft im Wald“, sagte er. OB Markus Herrera Torrez warf ihm daraufhin vor: „Das ist der den blankeste Populismus, den ich hier in vier Jahren erlebt habe.“ Kempf selbst habe immer wieder hervorgehoben, dass er einen großen Abstand zur Wohnbebauung haben wolle. „Das passt nicht zusammen“, so Herrera Torrez.
Bürger beteiligen
Die Fraktionen von CDU und Freien Bürgern signalisierten, dass sie zwar grundsätzlich mit den Gebietsvorschlägen einverstanden sind, aber die Zahl von 15 Windrädern im Schenkenwald für zu hoch halten. Sowohl Songrit Breuninger (Freie Bürger) als auch Axel Wältz (CDU) waren dafür, sie zu begrenzen. Songrit Breuninger plädierte zudem dafür, dass man verstärkt eine Beteiligung der Bürger an den Erträgen überprüfen sollte. Axel Wältz brachte einen Bürgerstromtarif ins Gespräch, der auch Leuten helfen würde, die nicht selbst investieren können.
Nach der ausgiebigen Diskussion schlug OB Herrera Torrez vor, den Beschluss mit einer Höchstzahl an Anlagen von acht pro Gebiet in den Beschluss aufzunehmen. Weitere Vorranggebiete soll es nach dem Willen des Gemeinderats in Wertheim nicht geben. Der Vorschlag wird nun dem Regionalverband übermittelt, der letztlich entscheidet. Zudem bittet der Gemeinderat den Verband das Sondergebiet „Photovoltaik Klettenacker Bronnbach“ in Reicholzheim sowie das Solarpark-Projekt nördlich von Kembach in die Regionalplanung aufzunehmen.
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