Fragiles Konstrukt

Gerd Weimer zur Diskussion über die Vergaberichtlinie für Bauplätze

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Gerd Weimer
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Beide Seiten führen nachvollziehbare Argumente auf: Die Ortsvorsteher wollen Ortsansässige, vor allem junge Familien, bei der Vergabe von Bauplätzen bevorzugen. Schließlich sorgen vor allem sie dafür, das Leben in den Dörfern am Laufen zu halten und die Gemeinschaft zu stärken.

Der Oberbürgermeister führt ins Feld, er und der Gemeinderat seien für alle Einwohner der Großen Kreisstadt verantwortlich. Eine Ungleichbehandlung der Gesamtbürgerschaft komme deshalb nicht in Frage.

Das Ansinnen der Ortsvorsteher steht aber voraussichtlich auf wackeligen juristischen Beinen. Einschränkende Vergaberichtlinien bei Bauplätzen stehen ohnehin ständig auf dem rechtlichen Prüfstand, stellen sie doch im Grunde eine Benachteiligung von Auswärtigen dar. Das widerspricht dem Gleichheitsprinzip, welches das Fundament der Gesetzgebung ist.

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Ein Ortsbonus würde dem ohnehin schon fragilen Konstrukt der Vergaberichtlinie weitere rechtliche Unwägbarkeiten hinzufügen. Man mag argumentieren, dass dieses Risiko gering ist, weil es einen Kläger braucht, damit sich ein Richter mit der Angelegenheit befasst.

Doch das passiert schneller als mancher glaubt. Man stelle sich vor: Ein Grünenwörter kommt bei der Bauplatzvergabe in Mondfeld nicht zum Zuge, weil ein Mondfelder aufgrund seiner Herkunft mehr Punkte sammelt. Der Grünenwörter widerspricht der Entscheidung.

Mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht hätte er wahrscheinlich gute Chancen, denn dass ein Richter den Mikrokosmos Dorf als gültige Kategorie für eine Bevorzugung, also eine berechtigte Missachtung des Gleichheitsgrundsatzes innerhalb einer Gemeinde akzeptiert, darf bezweifelt werden.

Im Ergebnis käme es dann zu Verzögerungen. Wird der Instanzenweg ausgeschöpft, kann so ein Verfahren Jahre dauern. Am Ende stünde die Vergaberichtlinie komplett auf dem Spiel und die Gemeinde verlöre in der Zwischenzeit das, was sie unbedingt ausüben will, um Herr des Verfahrens zu bleiben: die Steuerungsmöglichkeit.

Redaktion Reporter Wertheim