Freizeitsport

FN-Mitarbeiter Sven Lehmann läuft erfolgreich den New-York-Marathon

Der wohl bekannteste Marathon der Neuzeit findet alljährlich im November in New York statt. Der Mitarbeiter der Fränkischen Nachrichten, Sven Lehmann, ergatterte eine Starterlaubnis und lief vor wenigen Tagen in 3:58 Std. mit

Von 
Heike Barowski
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Erst fließen Tränen – dann kommt die große Freude: Trotz schwieriger Vorbereitung und Verletzung absolviert Sven Lehmann den New-York-City-Marathon in unter vier Stunden und erreicht damit ein vor Jahren selbstgestecktes Ziel. © Sven Lehmann

New York/Hardheim. Für viele Marathonläufer sind die 42,195 Kilometer durch New York ein Muss. Eine Starterlaubnis für dieses Rennen zu erhalten, ist jedoch nicht ganz einfach. Sven Lehmann aus Hardheim hat es geschafft. Den Fränkischen Nachrichten erzählt der 56-Jährige von den Vorbereitungen, seinem Lauf durch Manhattan und Brooklyn, der Begeisterung der Menschen und seinen nächsten Zielen.

Deine Laufkarriere startete erst relativ spät.

Sven Lehmann: Das stimmt. Als ich im September 2001 nach einer Chemotherapie nach Hause kam, habe ich entschieden, wenn ich meine Krankheit überstehe, will ich irgendwann einmal den New-York-Marathon laufen. Ich machte eine imaginäre To-do-Liste. Darauf stand auch, den Ground Zero zu besuchen, um meinen Respekt zu erweisen. Der New-York-Besuch samt Marathon war der letzte Punkt auf dieser Liste. Damit ist auch klar, warum mir dieser Lauf so wichtig war. Obwohl ich nicht fit war, wollte ich dieses Rennen laufen – und wenn es auf allen Vieren hätte sein müssen.

Bis Du aktiv mit dem Laufen begonnen hast, dauerte es noch.

Lehmann: Ich habe immer wieder eine „Laufphase“ gehabt, bin immer mal wieder fünf Kilometer gejoggt, aber nie wirklich gelaufen. Erst nach meiner dritten Krebserkrankung 2018 nahm ich mir fest vor, grundlegend etwas zu ändern. Noch während der Reha habe ich im Kurpark in Bad Kissingen angefangen. Ich kaufte mir ein Laufband und nahm innerhalb kurzer Zeit 28 Kilogramm ab. Das Laufen war meine persönliche Reha. Im Mai 2019 lief ich meinen ersten Halbmarathon in Würzburg in 2:13 Stunden. 2020 wollte ich den ersten Marathon in Hamburg laufen, hatte aber einen Kreuzbandriss. Es kam immer etwas dazwischen. Den ersten Marathon bin ich erst im Oktober 2022 in Frankfurt gelaufen, mit 4:12 Stunden. 2023 hat mich dann das Virus ’Marathon’ so richtig gepackt und ich startete unter anderem beim Gletscher-Marathon in den Alpen, in 3:44 Stunden.

Wie oft trainierst Du pro Woche?

Lehmann: Zugegeben, ich bin nicht der Trainingsfleißigste. Ich trinke auch mal ein Bier und genieße gutes Essen. Ich arbeite bei den FN in der IT-Abteilung und bin für die Liegenschaften des Verlags zuständig. Da bleibt in der Woche nicht viel Zeit. Normalerweise laufe ich drei Mal pro Woche mindestens zehn Kilometer. Am Wochenende werden es dann schon mal 30 Kilometer.

Ein Ticket für diesen berühmten Marathon zu ergattern, ist nicht so einfach.

Lehmann: Es gibt mehrere Möglichkeiten. Entweder man qualifiziert sich über die Zeit bei einem Qualifizierungslauf oder bekommt ein Ticket über ein Losverfahren. Es geht auch über eine Spende an vorgegebene Hilfsorganisationen, die ein Kontingent an Tickets verlosen. Ich hatte mich vor zwei Jahren über das Losverfahren beworben, kam aber nicht zum Zuge. Letztes Jahr wandte ich mich an einen Marathonveranstalter, der über ein Kontingent verfügte. Die Zusage kam im Dezember 2023.

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Kannst Du etwas über die anfallenden Kosten sagen?

Lehmann: So ein Majors-Marathonlauf ist kein billiges Unterfangen. Die Kosten für Flug und Hotel liegen alle beim Läufer. Allein die Startgebühr für New York beträgt 495 Dollar.

Die Vorbereitungen für diesen Marathon liefen nicht so rund.

Lehmann: Eigentlich fange ich im Mai mit Wettkämpfen an. Dieses Jahr startete ich schon im Februar das erste Mal. Im März bin ich einen Halbmarathon in Kandel mit Bestzeit von 1:33 Stunden gelaufen. Aber im April ist meine Plantarfaszie angerissen. Eine orthopädische Klinik fertigte für mich einen Spezialschuh an, dadurch konnte ich – eigentlich verletzt – den Marathon in Prag laufen und eine Woche später dann für die Fränkischen Nachrichten in Osterburken antreten. Dabei habe ich mir einen Muskelbündelriss zugezogen. In dem Moment ist dann New York in weite Ferne gerückt. Ich sagte alle großen Wettkämpfe ab, bin nur bei kleinen Fünf-Kilometer-Läufen, wie in Igersheim, gestartet. Erst ein paar Tage vor dem Flug habe ich gemeinsam mit dem Orthopäden entschieden, dass ich nach New York fliegen kann. Ich habe mir gedacht: Solange ich den Marathon unter fünf Stunden laufe, ist es für mich in Ordnung. Aber ich habe nach zwei Kilometern schon gemerkt, es geht richtig gut.

© Sven Lehmann

Wie funktionierte die Organisation?

Lehmann: Am Donnerstag vor dem Lauf bekommt man auf einer Messe seine Unterlagen mit Beschreibung der Anreise zur Start-Area und seine Startnummer. Ein T-Shirt war auch dabei. Das alles ging nur in einem bestimmten Zeitfenster. Es hatten in diesem Jahr über 55 000 Läufer ein Ticket. Da ist eine straffe Organisation wichtig, alles ist gerastert und geclustert und hat mega geklappt.

Steigt die Nervosität am Tag vor dem Rennen?

Lehmann: Ich hatte wirklich Jetlag und schlecht geschlafen. Am Samstag war ich dann an der Strecke, hatte sogar das FN-Shirt an. Meine Rituale haben mich beruhigt.

Wie war Dein Gefühl am Startpunkt in Staten Island?

Lehmann: Ehrlich? Ich war überhaupt nicht nervös. Im Gegenteil, denn es war so beeindruckend. Ich war in der dritten Startwelle. Erst wird die Nationalhymne gesungen und dann läufst du mit den 15 000 Läufern deiner Startwelle vor zur Verrazano-Narrows-Bridge. Da hat man keine Zeit für Nervosität. Man kriegt vor Staunen den Mund nicht zu, weil alles so beeindruckend ist. Und dann steht man vor der Brücke und der Kanonenschuss ertönt.

Titelseite der New York Times am Montag: Das sportliche Großereignis ist Thema. Auf den folgenden Seiten werden alle Finisher genannt – natürlich auch Sven Lehmann. © Sven Lehmann

Du hast sogar unterwegs noch Videos gedreht.

Lehmann: Ich bin das Rennen ganz entspannt angegangenen. Und weil es wirklich gut lief, habe ich halt ein wenig gefilmt.

Mehrfach hast Du in den Videos das Wort „crazy“, also verrückt, benutzt. Was ist denn so crazy gewesen?

Lehmann: An der Strecke standen über zwei Millionen Zuschauer. Deren Euphorie, dieser Enthusiasmus, das kann man sich einfach nicht vorstellen. Diese Stimmung ist nur annähernd mit einem Rosenmontagsumzug in Köln zu vergleichen. Die Menschen stehen in Zehner-Reihen hintereinander, schreien und jubeln wie verrückt, feuern dich an, reichen dir Verpflegung – das war irre.

Du warst zum ersten Mal in New York. Bekommt man während des Laufs überhaupt etwas mit von der Stadt und seinen Menschen?

Lehmann: Ich ja. Ich wollte ja keinen Rekord laufen, sondern mit einem gemäßigten Tempo laufen, mit dem ich gut klarkomme. Und so konnte ich alles um mich herum wahrnehmen, was normalerweise bei einem Marathonlauf sonst nicht der Fall ist. Ich habe wirklich alle Eindrücke aufgesaugt und alles genossen.

Drei Tage vor dem Lauf bekommen die Starter ihre Unterlagen. © Sven Lehmann

Freunde und Bekannte konnten Deinen Lauf direkt verfolgen, per TV und über eine App, weil jeder Läufer einen GPS-Sender in der Startnummer bei sich trägt.

Lehmann: Manchmal gab es Übertragungsaussetzer. Da haben meine Bekannten und Freunde gleich Panik gehabt und dachten, ich laufe nicht mehr (lacht und winkt ab).

Bei Kilometer 29 allerdings hören die Filmchen auf.

Lehmann: Stimmt. Das war vor einer Brücke, also einem Anstieg. Dort wusste ich, wenn ich das Tempo halten kann, schaffe ich es unter vier Stunden. Da war dann mein persönlicher Ehrgeiz geweckt. Damit war aber auch klar, ich muss jetzt mit dem Filmen aufhören, weil mich das zu viel Kraft kostet.

Ist Dir ein Abschnitt besonders in Erinnerung geblieben?

Lehmann: Das Verrückteste war wirklich vom Startpunkt nach Brooklyn. Die Menschen waren so fanatisch. Beeindruckend war auch der Stadtteil, in dem die Amish People wohnen. Da ist plötzlich Totenstille. Da steht gar niemand am Straßenrand und jubelt laut. Das war wie in einer anderen Welt.

Gab es einen Moment, an dem Du ans Aufgeben gedacht hast?

Lehmann: Nein, nie.

Dichtes Gedränge vor dem Start der dritten Welle: Mit 56 012 Startern und 55 646 Finishern war es der bisher größte New-York-Marathon aller Zeiten. © Sven Lehmann

Nach 3:58:24 Stunden warst du im Ziel. Wie war das Gefühl?

Lehmann: Ich habe geheult. Der Jubel der Menschen und die Überreichung eines hochwertigen Ponchos und der Medaille: da kommt man sich wie ein Olympiasieger vor. Vor mir ist ein Läufer 30 Meter vor der Ziellinie kollabiert. Sofort war Sicherheitspersonal da. Die haben ihn zu zweit über die Ziellinie getragen. Da kriegt man schon Gänsehaut. Die Organisation und die Betreuung der enormen Massen: Das habe ich noch nie erlebt. Ich bin schon einige Marathons gelaufen, aber dieses selbstgesteckte Lebensziel zu erreichen, ist schon was anderes.

Und danach?

Lehmann: Mir ging es richtig gut, so gut, dass ich gleich das nächste Video drehen konnte. Ich bin in New York mit einem Durchschnittspuls von 135 gelaufen, der sonst auch mal bei 175 liegt. Abends gab es ein Bier. Am nächsten Tag habe ich dann noch eine Sightseeingtour durch die Stadt gemacht.

Zurück in Deutschland fällt man dann in ein Loch, weil der große Traum nun erfüllt ist?

Lehmann: Nein. Überhaupt nicht.

Also stehen die nächsten Ziele fest?

Lehmann: Den nächsten Marathon werde ich am 16. März in Rom laufen, dann den Gletscher-Marathon in Tirol und eventuell im Herbst in Berlin, Budapest oder Valencia. Ich habe ich mir vorgenommen, in so vielen Ländern wie möglich zu laufen.

Wie viele Laufschuhe besitzt Du?

Lehmann (lacht): Mindestens 20. Pro Jahr brauche ich etwa fünf Paar. In New York bin ich übrigens mit Schuhen mit Carboneinlage gelaufen.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

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