Ein falscher Polizist ging der Polizei 2021 in Wertheim ins Netz. Er hatte versucht, in Freudenberg eine Seniorin auszutricksen. Zusammen mit einem Mittäter stand er in Tauberbischofsheim vor Gericht.
Wertheim/Freudenberg/Tauberbischofsheim. Betrüger, die sich als Polizisten ausgeben, versuchen immer wieder, arglose, meist ältere Menschen um ihr Geld zu bringen. Sie täuschen vor, Verwandte in Not zu sein (Enkeltrick), oder warnen ihre Opfer, sie könnten Opfer eines Einbruchs werden. Deshalb müssten diese Bargeld und Wertsachen übergeben, damit man es sicher verwahren könne.
Echte Polizei angerufen
Tipps um Umgang mit angeblichen Amtspersonen
Grundsätzlich keine Unbekannten in die Wohnung lassen
Von angeblichen Amtspersonen, zum Beispiel Polizisten, den Dienstausweis verlangen.
Beim geringsten Zweifel bei der Behörde anrufen, von der die angebliche Amtsperson kommt. Dabei darauf achten, die Telefonnummer der Behörde selbst herauszusuchen oder diese durch die Telefonauskunft geben zu lassen.
Währenddessen muss die Person vor der abgesperrten Tür warten.
Die Polizei bittet niemals um Geldbeträge.
Am Telefon keine Details zu finanziellen Verhältnissen preisgeben.
Am Telefon nicht unter Druck setzen lassen. Einfach auflegen.
Niemals Geld an unbekannte Personen übergeben.
Hilfreich ist auch den Telefonbucheintrag zu ändern oder zu löschen. Wenn man den Vornamen abkürzt, zum Beispiel „E.“ statt „Elfriede“, fällt es den Betrügern schwerer, das Alter der potenziellen Opfer zu schätzen. wei
Ein Fall letzterer Art ereignete sich im November 2021 in Freudenberg. Wie damals berichtet, rief seinerzeit eine Senioren bei der Polizei an und teilte mit, dass sie wie von einem Polizeibeamten am Telefon aufgetragen, gerade ihr Geld vor die Haustüre gelegt habe.
Der „Polizeibeamte“ hätte ihr zuvor mitgeteilt, dass es in der Nachbarschaft in der Vergangenheit angeblich mehrere Einbrüche gegeben habe. Bei der Polizei schrillten daraufhin die Alarmglocken, und der Beamte am Telefon klärte die Dame über den Betrugsversuch auf.
Untersuchungshaft
Sie folgte der Aufforderung des echten Polizisten, das Geld wieder ins Haus zu bringen. Der Betrüger musste daraufhin unverrichteter Dinge von dannen ziehen. Die Polizei fahndete unterdessen nach ihm.
Es gelang ihr, den Mann mit seinem Auto in Wertheim anzuhalten und festzunehmen. Der 26-Jährige kam in Untersuchungshaft. Allerdings lediglich für 17 Tage.
Dies geht aus dem Urteil hervor, welches das Amtsgericht Tauberbischofsheim Mitte Juni fällte, und das den Fränkischen Nachrichten mittlerweile vorliegt. Die Freiheitsstrafe für den 26-Jährigen und einen weiteren Mann, der während der Tat mehrmals mit dem Abholer über Handy in Kontakt war, fiel relativ glimpflich aus: jeweils ein Jahr und drei Monate auf Bewährung.
Laut Urteil war auch noch ein dritter, „bisher unbekannter Täter“ beteiligt, „der im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den Angeklagten handelte“ und die Seniorin ebenso mehrmals telefonisch kontaktierte.
Der Richter bestätigte in seinem Verdikt im Wesentlichen den Tatablauf, wie er damals von Polizei und Staatsanwaltschaft in einer gemeinsamen Presseerklärung geschildert worden war.
Geld aus Trauerkarten
In dem Briefumschlag, den die Dame für kurze Zeit vor der Haustür deponiert hatte, befanden sich 5419 Euro. Die Senioren hatte das Geld noch in den Trauerkarten aufbewahrt, die sie anlässlich des Todes ihrer Mutter bekommen hatte. Der 26-jährige Angeklagte, der das Geld abholen wollte, klingelte an der Haustür der Dame, nachdem er festgestellt hatte, dass sich das Geld nicht an der vereinbarten Stelle befand. Von der richtigen Polizei mittlerweile gewarnt, weigerte sich die Seniorin, mit dem Betrüger zu sprechen, so dass er sein Vorhaben aufgab.
Wie es in dem Urteil heißt, hätten die beiden Angeklagten vor der Tat beschlossen, sich eine „Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen“, indem sie ältere Leute auf die beschriebene Art und Weise austricksen. Obwohl mindestens drei Täter beteiligt waren, ging das Amtsgericht Tauberbischofsheim nicht von einer Bande aus, so dass die Freiheitsstrafe nicht höher ausfiel. In Bezug auf eine „Bandenabrede“, welche die Angeklagten in der Verhandlung abstritten, habe man „keine weiteren Feststellungen“ treffen können.
Geständnisse
Der Richter berücksichtigte bei der Festsetzung des Strafmaßes auch die „glaubhaften Angaben“ der Angeklagten, „die durch die Aussagen der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen bestätigt wurden“. Die beiden Männer hätten bei der Verhandlung die Tat „vollumfänglich“ eingeräumt. Das Gericht wertete die Straftat letztlich als versuchten Betrug. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe habe man zur Bewährung aussetzen können, „da davon auszugehen war, dass die Verurteilung für sich genommen geeignet ist, die Angeklagten von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten und deswegen eine günstige Sozialprognose gestellt werden konnte“.
Man habe zwar erwägen müssen, „ob wegen der Häufung entsprechender Straftaten die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten war“. In Anbetracht der „eher dilettantischen Vorgehensweise der Angeklagten und des potenziellen Schadens“ sei dies aber nicht der Fall.
Fallzahl zuletzt gestiegen
Die Zahl der Fälle, in denen falsche Polizisten arglose Opfer um ihr Geld bringen wollen, ist im Main-Tauber-Kreis im vergangenen Jahr wieder gestiegen. 2022 verzeichnete die Polizei 86 solcher Straftaten. Im Jahr zuvor waren es lediglich 22.
Für 2018 weist die Statistik des Polizeipräsidiums Heilbronn 130 Fälle auf, 2019 waren es 67 und 2020 67.
„Allerdings dürfte die Dunkelziffer in diesem Deliktsfeld hoch sein“, meint das Polizeipräsidium. Dabei spielt offenbar Scham eine große Rolle.
Wer sich bewusst sei, dass er allein aufgrund seines Alters über ein größeres Maß an Lebenserfahrung verfüge, laufe eher Gefahr, sich zu schämen, wenn er Opfer eines Trickbetrugs oder -diebstahls geworden sei, sagte der frühere BKA-Chef und Vorsitzende Jörg Ziercke in einem Interview mit der dpa. wei
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