Wertheim. Skulpturen und Gemälde werden oft über viele Generationen in Familien vererbt. Deren Erhalt liegt den Besitzern dann sehr am Herzen. Erstmals bot das Grafschaftsmuseum Wertheim am Sonntag die Möglichkeit sich bei einem professionellen Restaurator Informationen und Erhaltungstipps für diese privaten Schätze zu holen.
Als Experte stand Georg Pracher vom Atelier AKR Pracher aus Würzburg bereit. Sein in der dritten Generation geführtes „Atelier für Konservierung und Restaurierung Pracher“, feiert dieses Jahr sein 75-jähriges Bestehen.
Thema der Erhaltung
Thomas Friedel vom Grafschaftsmuseum erklärte im Gespräch mit unserer Zeitung, sowohl das Museum im Schlösschen Hofgarten als auch das Grafschaftsmuseum arbeiten bei unterschiedlichen Dingen mit Pracher zusammen. Dabei gehe es nicht nur um die Restaurierung, sondern auch um viele weitere Erhaltungsthemen bis hin zur richtigen Klimatechnik für die Werke. „Wir wollen unterm Jahr ein zusätzliches Angebot machen, das unser Haus attraktiv macht“, erklärte Friedel zum neuen Angebot. „Alle Termine waren ausgebucht“, freute er sich. Man habe in Absprache mit Pracher sogar etwas mehr Termine angeboten als ursprünglich geplant. Außerdem habe man weitere Interessenten direkt an sein Atelier weitervermittelt. Pro Einschätzung standen 15 Minuten zur Verfügung, in der die Besitzer der Werke viele hilfreiche Informationen bekamen.
Zu den Nutzern des Angebots gehörten am Sonntag Jürgen Kratochwil aus Glasofen und seine Mutter Christa Kratochwil aus Buchen. Mitgebracht hatten sie ein Gemälde einer Familie sowie eine Jesusfigur. Beides wurde über Generationen in der Familie vererbt. Die Figur „Schmerzenmann“ stehe im Esszimmer erzählte Jürgen Kratochwil. Seine Mutter habe aufmerksam die Zeitung gelesen und sei so auf das Angebot des Museums aufmerksam geworden. „Wir finden das Angebot Weltklasse“, waren sich Mutter und Sohn einig. Sie erhofften sich von Pracher mehr Informationen über die Werke und Tipps zur möglichen fachgerechten Restaurierung und deren Kosten.
Gleich auf den ersten Blick ordnete Pracher das Gemälde mit Zierrahmen der frühen Biedermeierzeit zu. Zuerst betrachtete er die Rückseite. Diese sei für einen Restaurator besonders spannend, erklärte er. Anhand von Textilflecken erkannte er mindestens vier Restaurierungsereignisse bei denen Durchstöße auf der Leinwand repariert wurden. „Die Pflege des Werks stand im Vordergrund, das heißt es wurde wertgeschätzt.“ Den Besitzern gab er Tipps zur Veränderung der Aufhängung zum besseren Erhalt. Auch zur Einrahmung gab es Tipps. Zum Bild selbst stellte er fest, die Beschädigungen befänden sich Gott sei dank nicht in zentralen Bereichen. Der Fachmann gab Hinweise, wie die Besitzer eventuell herausbekommen könnten, wer das Bild gemalt hatte. Es sei ein tolles Bild, in einem nicht mehr so tollen Erhaltungszustand, resümierte er und ging dabei auch auf viele Details ein. Im restaurierten Zustand wäre das Bild einige tausend Euro Wert. Auf die Frage zu Restaurierungskosten des Bildes erklärte er, diese könnte man erst nach weiteren Untersuchungen abschätzen.
Zur Figur erklärte er, sie sei aus Lindenholz und vom Aussehen her wohl eine fränkische Arbeit. Eventuell komme sie aus der Zeit von Julius Echter. Ihre Farbigkeit sei nicht mehr ursprünglich. „Es ist eine tolle Figur.“ Er gab den Rat, die Jesusfigur einer fachmännischen Grundreinigung unterziehen zu lassen.
Nach der Ersteinschätzung zeigten sich die Besitzer der beiden Werke begeistert. „Ich fand es sehr interessant und fundiert“, sagte Christa Kratochwil. Ihr Sohn beschrieb Pracher als sehr nett.
Er freute sich, dass dieser auch auf Details eingegangen war. Auch überlege er sich, eine Restaurierung durch ihn machen zu lassen. Man habe ein Vertrauensgefühl gegenüber Pracher als Experten, stellte er abschließend fest.
Pracher berichtete, dass er bei seiner Arbeit die Erfahrung gemacht habe, dass für die Besitzer oft nicht der monetäre Wert der Kunst entscheidend ist, sondern eher der ideelle Wert. Letzterer sei auch ein zentrales Thema seiner Arbeit. Die Kunden wollen nämlich in der Regel die Werke für ihre Familie erhalten.
Ingeborg Gegenwarth aus Waldenhausen kam mit einem Gemälde zur Einschätzung, auf dem Rosen zu sehen sind.
Es stammt aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. „Es war ein Hochzeitsgeschenk an meine Mutter von ihrem Arbeitgeber“, berichtete sie. Es hänge schon länger an ihrer Wand zu Hause und sei verblasst.
Zustand verbessern
Sie wollte nun vom Fachman wissen, was man machen kann, um den Zustand zu verbessern und wie hoch die Kosten dafür sind. Danach wolle man in der Familie überlegen, ob man die Ausgaben tätige. Schließlich weiß sie noch nicht, ob die Kinder das Gemälde überhaupt wollen. Mitgebracht hatte sie ihren Neffen. „Damit er es sich mit anhört“, sagte sie. Sie habe das Angebot an einem Samstag in der Zeitung gelesen und am Montagvormittag schon früh angerufen. Da habe sie gerade noch einen Termin bekommen. „Ich bin glücklich, dass es hier in Wertheim angeboten wird und man nicht so weit fahren muss.“
Gleich vier Gemälde zur Einschätzung mitgebracht hatte Arno Reuter aus Rieneck. Er hatte schon länger vorgehabt, diese begutachten zu lassen und nutzte nun die Chance. Die Gemälde seien aus dem Familienfundus und seien auch alle aufgehängt.
Er wolle wissen, ob eine Restaurierung Sinn mache und ob er sie neu rahmenlassen soll. Aus welcher Zeit die Gemälde stammen, wusste er nicht. „Ich bin gespannt, was der Experte erzählt“, sagte er vor dem Termin.
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