Kaufmännische Schule

Die Menschen standen in Wertheim im Mittelpunkt

Von 
Birger-Daniel Grein
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Der Geist aus 100 Jahren kaufmännischer Schule zieht noch heute durch die Räume des Beruflichen Schulzentrums. Nicht nur durch die Erinnerung an alle, die dort wirkten, sondern ganz real, wie die Theater AG der Schule beim Jubiläumsfest verdeutlichte. © Birger-Daniel Grein

Bestenheid. Mit einem Jahr pandemiebedingter Verspätung feierte man im großen Kreis am Donnerstag den 100. Geburtstag der kaufmännischen Schule in Wertheim.

Die Feier fand in der Aula des Beruflichen Schulzentrums (BSZ) statt. Ihre Geschichte begann 1921 in der Wertheimer Mühlestraße, ab 1953 wurde in der Alten Steige unterrichtet und ab 1980 am Standort Bestenheid. Die Redner waren sich einig: die Schule wurde zum Erfolgsmodell. Die beruflichen Schulen stehen unter Trägerschaft des Landkreises. Florian Busch, erster Landesbeamte, gratulierte auch im Namen des Landrats zum Jubiläum. Er wünschte der Schule auf dem Weg in die Zukunft alles Gute. Die Gründung der Schule sei ein zukunftsweisender und wegweisender Schritt gewesen und die Akteure hätten Weitsicht bewiesen. „Die kaufmännische Schule hat die Wirren eines ganzen Jahrhunderts überdauert und dabei ihre Wichtigkeit bestätigt.“ Er verwies auf die großen Investitionen des Landkreises in das BSZ von rund 46,5 Millionen Euro bis 2026. Die beruflichen Schulen seien für die Zukunftsfähigkeit des Landkreises wichtig und hätten Strahlkraft über diesen hinaus. So gebe es vor allem in Wertheim auch viele bayrische Schülerinnen und Schüler.

Allgemeinbildung vertieft

Im Namen der großen Kreisstadt Wertheim gratulierte Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez. Er betonte, ohne das BSZ und damit die kaufmännische Schule wäre die Wertheimer Schullandschaft unvollständig. Generationen hätten dort ihre Allgemeinbildung vertieft und wertvolles für ihre berufliche Zukunft gelernt. So werde es auch in Zukunft sein. Man feiere 100 Jahre Menschen, die lernen, lehren sowie den Schulbetrieb aufrecht halten. „Es ist wichtig, dass die Absolventen den Firmen und Wertheim und Umgebung zur Verfügung stehen.“

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Christine Bayer, Vorsitzende der Fachschaft Wirtschaft am BSZ, erklärte, kaufmännischer Instinkt sei gut, aber zusammen mit kaufmännischem Wissen sei es besser. An den kaufmännischen Schularten vermittle man kaufmännisches Wissen und wecke Interesse an deren Themen. Der Wissensumfang sei in den 100 Jahren massiv gestiegen. „Die Wirtschaftswissenschaften sind das einzige Fach, in der jedes Jahr auf die gleichen Fragen, andere Antworten richtig sind.“ Es seien aber auch neue Fragestellungen dazu gekommen. Beispielhaft verwies sie auf „mobile Payment und digitale Währungen“. Wirtschaft sei ein sehr dynamisches Fach. Diese Dynamik trage man an der Schule ausgeprägt Rechnung.

Abteilungsleiter Patrick Schönig betonte, Menschen sollen im Mittelpunkt des Festabends stehen. So legte er den Schwerpunkt in seinem Rückblick auf die Menschen, die die kaufmännische Schule Wertheim voranbrachten. Er zeigte weiter auf, wie sich die weltweiten politische und gesellschaftlichen Entwicklungen auf den Unterricht auswirkten. „Der Erfolg dieser Schule ist mit vielen Menschen verbunden.“ Er wünschte sich, dass der Jubiläumsabend Impuls für einen Prozess zur Namensgebung des BSZ wird.

Geschichte beleuchtet

Unterhaltsam und interessant waren die Interviews zur kaufmännischen Bildung gestern – heute – morgen die Mirco Göbel, Stabstelle Integration, auf roten Sofas auf der Bühne führte. In der ersten Runde blickten Roland Olpp (Oberstudienrat im Ruhestand) und Gernot Schulz (Oberstudiendirektor im Ruhestand) auf die Entwicklung in der Vergangenheit zurück. Olpp war von 1979 bis 2015 Lehrer an der Schule, Schulz von 1984 bis 1998 Schulleiter.

Olpp erinnerte sich an die sehr beengten Verhältnisse am Standort Wertheim. Zeitweise habe er Deutsch und Gemeinschaftskunde mit kleinen Klassen im Heizungskeller unterrichtet. Schulz berichtete, dass der Neubau in Bestenheid die einzige sinnvolle Lösung für den wachsenden Platzbedarf gewesen ist. In der zweiten Talkrunde kamen vier aktuelle Lehrkräfte zu Wort. Sie berichteten, neben fachlichen Änderungen habe es auch viele technische Änderungen im Unterricht gegeben, von der Stenoschreibmaschine bis zum Smartboard. Eine Auswahl dieser technischen Entwicklung wurde beim Fest in einer kleinen Ausstellung gezeigt. Außerdem nutzten die Schüler heute vermehrt Tablets, um Unterrichtsergebnisse abzufotografieren. „Das erinnert etwas an Touristen.“ Man werde im Wirtschaftsbereich ständig mit tagesaktuellen Themen konfrontiert und setze diese auch unterrichtlich um, wurde ebenso berichtet.

In der dritten Interviewrunde kam die Zukunft in Form von sieben angehenden Abiturienten des Wirtschaftsgymnasiums (WG) zu Wort. Sie betonten, dass das Wissen aus den wirtschaftlichen Fächern auch im Alltag nützlich ist. Vorteil des WG sei ein, dem allgemeinbildenden Gymnasium, gleichwertigen Abiturs in neun statt acht Jahren und dem Vorteil von wirtschaftlichem Vorwissen. Das WG bilde aber auch über den wirtschaftlichen Fachbereich hinaus, waren sie überzeugt.

In seiner Abschlussrede dankte BSZ-Schulleiter Manfred Breuer Landkreis und allen am Schulleben und Fest beteiligten. Er erinnerte an die Anfänge der Schule 1921, als die damalige Gewerbeschule mit dort angesiedelten kaufmännischen Klassen in zwei eigenständige Schulen aufgeteilt wurde. Zuvor waren sie unter einem Dach. 1989 seien drei eigenständige Schulen unter einer Leitung zum BSZ zusammengelegt worden. So schließe sich der Kreis.

Gesanglich umrahmt wurde die Feier durch BSZ-Lehrkraft Sonja Freitag. Zudem ließ die neu gegründete Theater-AG der Schule in Video und Liveauftritt den Geist der Geschichte der kaufmännischen Schule lebendig werden. Darin zeigten sie, die Geister der Menschen, die einst dort wirkten, ziehen noch immer durch die Gänge der Schule.

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