Bronnbacher Archivalien - Ludwig zu Löwenstein engagierte ein Jahr lang einen Hauptmann für das Wertheimer Militär - Lorenz Marschall aus Stuttgart

Bescheidenheit war nicht seine Zier

Von 
Robert Meier
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So sah eine Kündigung im 17. Jahrhundert aus, die allerdings nicht per Post kam, sondern persönlich überreicht wurde. Dort steht: 1608 - 13. August, Abschied Lorenz Marschall von Stuttgart, gewesener Leutnant von Wertheim.

© Staatsarchiv Wertheim G-Rep. 102_5056.

1607 wurde ein Hauptmann für das Wertheimer Militär gesucht. Graf Friedrich war in der glücklichen Lage, seinem Vater Ludwig zu Löwenstein einen empfehlen zu können: Lorenz Marschall aus Stuttgart.

Main-Tauber-Kreis. Lorenz Marschall verlangte für seine Dienste in Wertheim die sehr erhebliche Summe von 150 Gulden jährlich, was er mit dem schönen Hinweis begründete, "weil das Jahr über lang". Dafür versprach er, "sich beritten zu machen", also ein Pferd mitzubringen, für das aber wiederum Graf Ludwig Hafer, Heu und Stroh stellen sollte.

Am Jacobitag wurde der Vertrag geschlossen. Marschall wurde Wertheimer Hauptmann und stand nun dem "Ausschuss unserer Bürger und Untertanen vor" - keine Berufssoldaten, sondern sozusagen der Landsturm.

Regelmäßige Schießübungen

Jedes Dorf und die Stadt Wertheim mussten bei Bedarf Soldaten stellen - den sogenannten "Ausschuss". Marschall sollte mit diesen Leuten regelmäßig Schießübungen veranstalten (daraus entstanden die Schützenfeste) und darauf achten, dass sie ihre Waffen in Ordnung hielten. Die Waffen wurden nämlich von der Herrschaft bereitgestellt, die sich dann häufig darüber beklagte, wie die Untertanen die Musketen behandelten. Außerdem war Marschall verantwortlich für die Sicherung der Festungen, Städte und Dörfer der Grafschaft.

125 Euro Salär im Jahr

Das klang wichtig, wurde aber dadurch relativiert, dass es eigentliche Festungen zu militärischen Zwecken in der Grafschaft gar nicht gab. Marschall verpflichtete sich, das Hofgesinde ordentlich zu behandeln (er wohnte vermutlich auf der Burg), schwor den üblichen Treueid und kassierte 125 Gulden fürs Jahr. Graf Ludwig hatte den Stuttgarter also etwas runterhandeln können. Im Vertrag war auch die Rede davon, die Grafschaft gegen Feinde zu sichern. Damit war damals vor allem einer gemeint: der Würzburger Fürstbischof Julius Echter.

Heftiger Streit mit Julius Echter

Löwenstein lag mit Echter in heftigem Streit, weil der ihn nicht als Inhaber der Würzburger Lehen der Grafschaft akzeptierte. Dafür arbeitete Echter in diesen Jahren mit Löwensteins Schwager Wilhelm von Kriechingen zusammen, der seinerseits Teile der Grafschaft Wertheim innehatte. Die beiden setzten Würzburger Rechte in der Grafschaft auch durch Einsatz militärischer Gewalt durch.

Gerüchte über Belagerung

In Dertingen und Lindelbach hatten Würzburger Bewaffnete im August 1606 gewaltsam Steuern eingetrieben. In Laudenbach und Lengfurt zwangen Würzburger die Bewohner, Echter als Landesherrn zu huldigen. Bei einem Geleitstreit in Marktheidenfeld waren wenige Jahre zuvor Schüsse gefallen. In Wertheim ging sogar das Gerücht, der Würzburger Bischof werde bald die Stadt belagern. Nebenbei sei angemerkt, dass bei diesen Auseinandersetzungen die konfessionelle Dimension keine Rolle spielte.

Echter duldete in den von Kriechingen beherrschten Teilen der Grafschaft Wertheim sogar lutherische Pfarrer. Lorenz Marschall begab sich jedenfalls 1607 in eine durchaus angespannte Sicherheitslage, als er seinen Job in Wertheim antrat.

Es musste "Mönchsholz" sein

Im Herbst hatte er seinen Hausrat nach Wertheim gebracht. In einem etwas eigenartigen Schreiben bat er Graf Ludwig um Hinweise, was er denn nun konkret in Wertheim tun solle, und um die Stellung von Holz, weil er das Wertheimer überraschend kostspielig fand. Dabei durfte es nicht irgendein Holz sein, sondern Marschall wünschte "Bronnbacher Mönchsholz" und davon gleich "ettliche Wägen voll." Durch Bescheidenheit fiel der Mann aus Stuttgart jedenfalls nicht auf.

Von sich überzeugt

Das war wohl schon ein Hinweis, dass es nicht wirklich gut werden würde mit dem Stuttgarter als Leiter des Wertheimer Militärs. Bereits 1608 wurde die Beziehung wieder beendet. Ein Schreiber von Graf Ludwig suchte ihn auf und teilte ihm mit, dass man auf seine Mitarbeit keinen Wert mehr lege.

Lorenz Marschall bedauerte das, denn er selbst hielt seine Arbeit nämlich für gut. Für ihn steckte der Burgvogt dahinter, der ihn angeschwärzt habe, dabei sei der selbst ein windiger Vogel. Marschall deutet außerdem an, dass der Burgvogt Eigentum des Grafen hinterziehe, woran er sich nie habe beteiligen wollen. Beurteilen kann man all dies heute nicht mehr.

So endete der Einsatz des SchwabenLorenz Marschall beim Wertheimer Militär bereits nach einem Jahr. Was er in dieser Zeit genau gemacht hat, weiß man allerdings nicht. Von Schützenfesten unter seiner Anleitung, bei denen die Wertheimer Untertanen ihre militärischen Fähigkeiten geübt hätten, hört man nichts, und auch in den Auseinandersetzungen mit den Würzburgern trat er nicht hervor.

Fehden dauerten an

Diese gingen nach dem Tod Wilhelm von Kriechingens im Jahr 1610 und seiner Witwe zwei Jahre später ohne großen Militäreinsatz damit weiter, dass Würzburg seine Lehen wieder von Wertheim übernahm. Und ganz en passant: Mit militärischen Mitteln hätte die kleine Grafschaft ohnehin nichts gegen den großen und militärisch übermächtigen Nachbarn ausrichten können. Da hatte auch kein Hauptmann aus Stuttgart helfen können.

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