Ortsgruppe des Bunds für Umwelt- und Naturschutz

Bäume sind auch in Wertheim für gutes Klima wichtig

Von 
Jens-Eberhard Jahn
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Der Boden in der Umgebung von Straßenbäumen ist oft versiegelt. Damit sie bei großer Hitze in Städten überleben können, ist deshalb eine besondere Pflege nötig. © Gerd Weimer

Wertheim. Der Klimawandel setzt Straßenbäumen gewaltig zu. Aber gerade sie sorgen dafür, dass sich Städte nicht noch weiter erhitzen. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (Bund) hat sich am Dienstag in Wertheim auf die Suche nach Baumarten begeben, die dem Klimawandel trotzen können.

Stephanie Kümpers, Leiterin der Bund-Ortsgruppe, hatte dazu Susanne Böll von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Stadtgrün in den Arkadensaal eingeladen. In deren Forschungsprojekt „Stadtgrün 2021“ werden seit 2010 verschiedene nicht-heimische Baumarten auf Stressfaktoren getestet.

„Heimische Stadtbäume befinden sich nie an ihren natürlichen Standorten. Links und rechts der Straßen ist es zu warm und zu trocken“, erklärte Böll. „Die Bäume sind im Dauerstress“, zeigte sich die promovierte Biologin überzeugt. Die Verdichtung des Straßenbelags verschärfe die Situation, denn eine versiegelte Fläche lasse weniger Regenwasser in den Boden als Kopfsteinpflaster. Hinzu komme die hohe Belastung durch Streusalz. „Welcher Baum hält das aus?“, fragte die Referentin in die Runde.

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Das Forschungsteam aus Veitshöchheim hat heimische Baumarten mit solchen aus Südeuropa, Nordamerika und Asien verglichen, jahrelang deren Temperaturen gemessen, Krankheiten dokumentiert, Daten gesammelt. Das Ergebnis: Baumarten, die die Wetterextreme des Kontinentalklimas kennen, zeigten sich toleranter gegenüber Temperaturen von über 40 Grad.

„Ab 40 Grad Fieber wird’s gefährlich. Das ist beim Baum nicht anders. Manchen Baumarten schadet das mehr, anderen weniger“, erläuterte die Baumexpertin. Das Problem: Straßenbäume können sich oft nicht selbst beschatten, da dafür die unteren Äste fehlen. Die werden abgeschnitten, damit Lkw darunter hindurch fahren können. Aber schon kleine Bäume können durch ihre schattenspendende Wirkung bis zu zehn Grad Temperaturunterschied erreichen.

„Bäume können wahnsinnig viel, sie sind unglaublich flexibel“, erklärte Böll. Und aus ihren vielen Daten schloss sie, dass auch die Städte bei der Pflanzung von Straßenbäumen flexibel sein müssen. Alleen und Straßen dürften keine Monokulturen sein, sondern könnten mit vielen Baumarten begrünt werden. Das nütze auch der Artenvielfalt bei den Insekten. Die Besiedlung durch heimische Insekten sei ein wichtiges Kriterium zur zukunftsorientierten Baumauswahl im Siedlungsbereich. Denn eine hohe Biodiversität bedeute ebenfalls mehr Resistenz der Ökosysteme gegen den Klimastress.

Unverzichtbar bei der Pflanzung von Straßenbäumen seien Grünstreifen. „Ohne die Aufgabe von Verkehrsflächen wird eine Anpassung unserer Siedlungen an den Klimawandel nicht gelingen“, mahnte Böll. Aktiver Klimaschutz sei ebenso wichtig wie die Anpassung an Extremwetter.

Die Stadt Wertheim gebe bislang vor, dass nur heimische Baumarten gepflanzt werden dürfen. Damit seien schon südosteuropäische Bäume außen vor. Dies sei kontraproduktiv, bemerkte ein Besucher im Rahmen der lebendigen Diskussion nach dem Vortrag. Eine Teilnehmerin berichtete, dass Straßenbäume oft nicht gepflanzt würden, weil dann die Feuerwehr nicht mehr durchkäme. Vielleicht seien deren Fahrzeuge einfach zu groß. „Die Praxis entscheidet. Tiefbau, Stadtplanung, Grünflächenämter in den Städten müssen enger vernetzt werden“, gab Böll mit auf den Weg. Umso mehr freute sich Stephanie Kümpers vom Bund, dass bei der Veranstaltung auch Vertreterinnen des städtischen Umweltamtes im Publikum saßen.

Vielleicht ist die offene Stelle bald besetzt und der geeignete Straßenbaum gefunden. Susanne Bölls Baumliste kann dabei helfen. Ein Patentrezept gibt es nicht. Wichtig bei der Auswahl ist die passende Mischung.

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