ADFC Fahrradklima-Test

Abschneiden der Kommunen im Main-Tauber-Kreis liegt über Durchschnitt

Die Ergebnisse des aktuellen Fahrradklima-Tests liegen nun vor. Tauberbischofsheim und Lauda-Königshofen schaffen es neben Wertheim und Bad Mergentheim zum ersten Mal in die Bestenliste.

Von 
Heike Barowski
Lesedauer: 
So wie hier in Wertheim wurden auch in anderen Orten die fehlenden Abstellmöglichkeiten für Fahrräder moniert. © Heike Barowski

Main-Tauber-Kreis. Der Fahrradklima-Test ist nicht nur ein Barometer über die Zufriedenheit der Radler, sondern gibt den Kommunen mit den Ergebnissen auch ein Instrument zum Handeln an die Hand. Die Umfrage wird alle zwei Jahre vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) organisiert und vom Bundesministerium für Verkehr unterstützt. Genauso sehen es auch Iris Boxler, Vorsitzende des ADFC im Main-Tauber-Kreis, und Pressesprecher Martin Köhler. „Dieser Test ist für den Kreis von großer Bedeutung, da kein anderes Instrument vorliegt, um die Zufriedenheit der Radfahrenden zu messen. Er zeigt daher, wo die Radfahrer Verbesserungsbedarf sehen und womit sie zufrieden sind - all das kostenlos für die Kommunen. Der Fahrradklima-Test ist somit ein wertvolles Instrument für die Kommunen, da sich hier vor allem Alltagsradler äußern und ihre Wünsche mitteilen.“ Besonderen Wert legen die beiden auf die noch nicht vorliegenden Kommentare, die jeder Befragte abgeben konnte. „Sie bieten eine gute Informationsgrundlage dafür, was den Fahrradfahrern vor Ort wichtig ist.“

Leicht über dem Durchschnitt

Über die erreichten Ergebnisse der einzelnen Kommunen im Kreis sagt Martin Köhler: „Das Abschneiden der Kommunen im Landkreis, die in die Wertung kamen, liegt deutschlandweit leicht über dem Durchschnitt. Man muss die Ergebnisse natürlich im Detail anschauen und vor Augen haben, dass die Note 1 nahezu illusorisch ist. Die Ergebnisse der Erstteilnehmer Lauda-Königshofen und Tauberbischofsheim sind mehr als respektabel. Die Ergebnisse der Kommunen, die früher schon in die Wertung kamen, zeigen, dass die Unzufriedenheit in etwa gleichgeblieben ist. Die Kommunen wären gut beraten, die Aussagen der Radfahrer bei ihren Planungen zu berücksichtigen.“

Auf die Frage, ob der Main-Tauber-Kreis ein radfreundlich sei, wiegt Köhler seine Antwort sehr genau ab: „Teils, teils. Was den Radweg entlang der Tauber angeht, so kann man diesem zweifelsohne eine hohe Radlerfreundlichkeit zusprechen. Abseits dieser touristischen Hauptroute klemmt es jedoch noch an vielen Ecken. Wir sehen ja, dass der Main-Tauber-Kreis als ‚Landkreis des Radwegebaus‘ sehr bemüht ist, und wir wissen auch um die Probleme, was die Finanzierung und Planung von Radwegen angeht.“

Die Ergebnisse des Fahrradklima Tests 2024

  • Noch vor zwei Jahren wurde festgestellt, dass die Fahrradfreundlichkeit in Deutschland bei einer durch die Radfahrer vergebenen Gesamtnote von 3,96 nur ausreichend ist. Die Umfrage des ADFC im Jahr 2024 ergab einen Durchschnittswert für Deutschland von 3,92. Allerdings sei die Lage insgesamt immer noch unbefriedigend. „Vor allem das Sicherheitsgefühl von Radfahrenden und die Konflikte mit dem Kfz-Verkehr sorgen für Unzufriedenheit“, heißt es in der Auswertung.
  • Das beste Ergebnis insgesamt erzielte der kleine Ort Wettringen (nördlich von Münster, im Kreis Steinfurt mit rund 8.350 Einwohnern) mit einer Gesamtnote von 1,55 und einer beachtlichen Teilnehmerzahl von 296.
  • Wertheim erreichte im Jahr 2020 Platz 170 von 415 in seiner Ortsgrößenklasse (20.000 bis 50.000 Einwohner) mit einer Gesamtnote von 3,84. Im Jahr 2024 ging es für Wertheim zwar platztechnisch etwas aufwärts auf den 163. Platz (von 429 Orten), allerdings sank die Gesamtnote auf 3,86. Die beste Einzelbewertung gab es für die geringe Zahl der Fahrraddiebstähle mit 2,8. Schlecht bewertet wurde mit 4,6 dagegen die Ampelschaltung für Radfahrer und mit 4,5 der Winterdienst auf den Radwegen.
  • In dieser Ortsgrößenklasse ist auch Bad Mergentheim zu finden. Mit insgesamt 111 Teilnehmern an der Umfrage des ADFC verzeichnet die Kurstadt die höchste Teilnehmerzahl im Landkreis. Mit der Gesamtnote von 3,66 erreichte Bad Mergentheim Platz 95 von 429. Geöffnete Einbahnstraßen in Gegenrichtung für Radfahrer wurden mit Einzelnote 2,0 belohnt. Lediglich eine 4,6 erhielt das Fahren im Mischverkehr.
  • Sicherlich auch ein Zeichen eines immer aktiver in Erscheinung tretenden ADFC im Main-Tauber-Kreis ist die Tatsache, dass in der Statistik 2024 nun auch Tauberbischofsheim in seiner Ortsgrößenklasse bis 20.000 Einwohner auftaucht. Die große Kreisstadt belegt immerhin Platz 72 (von 423 Orten) mit einer Gesamtnote von 3,51. Positiv werteten die Umfrageteilnehmer, die Erreichbarkeit des Stadtzentrums und die Ausschilderung. Aber genau wie in Wertheim wurde auch hier die Ampelschaltung für Radler bemängelt. Eine 5,0 gab es für Fahrradverleih und öffentliche Fahrräder.
  • Auch Lauda-Königshofen ist neu in der Statistik für Orte bis 20.000 Einwohner zu finden. Mit einer Note von 3,47 landete der Ort auf Platz 59. Genau wie in der Nachbarkommune Tauberbischofsheim wurde die Breite der Radwege gelobt. Schwächen ergab die Umfrage in Sachen Abstellanlagen, Reinigung der Radwege (4,49) und der Winterdienst auf Radwegen (5,2).
  • Mehr Infos unter https://fahrradklima-test.adfc.de/ergebnisse

Das Rad als Alltagsverkehrsmittel bewerben

Verbesserungsmöglichkeiten gibt es somit im Kreis genug. Das sieht auch Köhler so, der natürlich selbst leidenschaftlicher Radler ist. Ein Fahrrad als Alltagsverkehrsmittel zu bewerben, könnte deutlich helfen, auch indem Firmen die Möglichkeit eines Jobrads anbieten und Umkleiden, Dusche, ordentliche Fahrradabstellanlagen für die Radfahrenden bereithalten.

„Wir halten es auch für zielführend, wenn die Klimaschutzmanager, die vermehrt in den Kommunen angestellt werden, ein Bewusstsein dafür entwickeln würden, dass das Fahrrad nicht nur eine Freizeitgestaltungsmöglichkeit, sondern vielfach eine echte Mobilitätsalternative darstellt.“ Wie man am Beispiel von Weikersheim sieht (wir berichteten), werde zwar erkannt, dass es an einem ordentlichen ÖPNV-Angebot mangelt, aber es wird der Schluss gezogen, dass es dann eben ordentliche Carsharing-Modelle und elektrische Zweitwägen brauche. „Das Fahrrad kam in den Überlegungen leider nicht vor. Die Klimaschutzmanager sollten im Sinne ihres Amtes auch ein Anwalt der Alltagsradler sein“, mahnt der Pressesprecher. Auch die Verzahnung von ÖPNV und Fahrrad ließe sich im Landkreis seiner Meinung nach verbessern. „Hier fehlen an einigen Bahnhöfen ordentliche Fahrradabstellanlagen. Stellenweise ließ man ein Förderprogramm des Bundes hierfür ungenutzt verstreichen.“ Verbesserungsbedarf gibt es zudem bei baustellenbedingten Umleitungen im Landkreis. „Diese entsprechen oftmals nicht den Vorschriften oder fehlen teils gänzlich. Dieser Zustand ist nicht hinnehmbar. Würde dies Kraftfahrzeuge betreffen, hätte es längst einen Aufschrei gegeben.“

Rad soll größere Rolle spielen

Das Abschneiden der einzelnen Kommunen im Kreis wertet er als positiv. „Lauda-Königshofen hat zusammen mit Wertheim auch an der gleichzeitig laufenden Kommunalbefragung des ADFC teilgenommen, in der die Kommunen mitteilen konnten, welche Maßnahmen sie umgesetzt haben oder planen. Die anderen Kommunen ließen diese Möglichkeit leider ungenutzt. Hier ist teilweise zu erkennen, dass das Fahrrad in Zukunft durchaus eine größere Rolle spielen soll. Bis sich solche Maßnahmen allerdings in den Noten widerspiegeln, geht natürlich einige Zeit ins Land. Tauberbischofsheim schneidet erstaunlich gut ab, wenn man bedenkt, dass es an wesentlicher Fahrradinfrastruktur mangelt. Die Stadt sollte die gute Bewertung als Ansporn nutzen, um für Touristen und vor allem für Alltagsradler noch attraktiver zu werden. In Bad Mergentheim konnte an den neuralgischen Punkten noch keine Verbesserung für Radfahrer erzielt werden - auch hier gehen wir davon aus, dass eine Verbesserung sich in absehbarer Zeit in einer besseren Gesamtnote niederschlagen würde. Interessant dürfte die Bewertung hier werden, wenn die geplanten Umbaumaßnahmen im Zuge der Landesgartenschau abgeschlossen sind. In Wertheim fällt auf, dass die leichte Verbesserung der Abstellmöglichkeiten nicht auf das Gesamtergebnis durchgeschlagen hat. Wir wissen aber auch, dass sowohl hier wie auch in Lauda-Königshofen die mangelnde Wintertauglichkeit für Probleme sorgt. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Teilnahmezahlen in Wertheim auch nicht so hoch wie in der Vergangenheit waren, als die Stadt teilweise für den Fahrradklima-Test geworben hat. Dies möchten wir für die Zukunft übrigens jeder Kommune ans Herz legen, bekommt man dadurch doch eine kostenlose Bestandsanalyse durch die Nutzer.“

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten

VG WORT Zählmarke