Gamburg. „Wir wollen kein Geländer“, zur Melodie des weltberühmten Queen-Hits „We will rock you“ (deutsch: Wir werden es euch zeigen) sangen knapp 250 Menschen lautstark ihre Forderung. Sie alle waren am Pfingstsonntag am Ort des Geschehens zusammengekommen. Mit Kinderwagen, im Rollstuhl oder mit dem Hund an der Leine traf man sich, um eindeutig Haltung gegen das vom Straßenbauamt des Landkreises geplante Geländer auf der Tauberbrücke zu beziehen.
Durch einen Hinweis aus der Bevölkerung und die Recherche der Fränkischen Nachrichten war am Dienstag vergangener Woche bekannt geworden, dass Mitarbeiter des Straßenbauamts des Main-Tauber-Kreises beim Landesamt für Denkmalschutz den Bau eines Geländers für die Brücke beantragt hatten. Wie die der Pressesprecher des Landratsamtes, Markus Moll, am Dienstag mitteilte, habe das Landesdenkmalamt den Vorgang mit der Bitte um Überarbeitung erst einmal an die Kreisbehörde zurückgegeben.
Die Brücke über die Tauber wurde 1776 errichtet und steht unter Denkmalschutz. Bereits im vergangenen Jahr hatten die Gamburger nicht schlecht gestaunt, als die ebenfalls ehrwürdige Brücke über den Meisenbach ein modernes Stahlgeländer erhielt. Ein Mitbestimmungsrecht haben in beiden Fällen weder die Gamburger noch die Gemeindeverwaltung.
Auch aus umliegenden Orten kamen Unterstützer
Doch nun firmiert sich massiver Widerstand gegen das Vorhaben. Unter dem Begriff Flashmob (Blitzpöbel –spontane Aktion, zu der man sich über die sozialen Medien verabredet) trafen sich zahlreiche Gamburger und auch Bürger aus Uissigheim, Niklashausen, Werbach und Tauberbischofsheim, um ihren Unmut über die geplante Baumaßnahme Luft zu machen.
Etliche von ihnen hatten selbstgebastelte Plakate dabei. „Herr schmeiß Hirn vom Himmel“ hatte beispielsweise Doris Drach auf ein großes Pappschild geschrieben. „Wir lieben unsere Brücke, so wie sie ist. Ein Geländer würde ganz Gamburg völlig verunstalten“, sagte sie.
Aus Unterbalbach war Katharina Weis mit ihrer Familie angereist. Sie stammt aus Gamburg. „Mich stört es extrem, dass das Geländer hier her soll. Das ist doch optisch eine Verschandelung“, empörte sie sich. Ihre Nachbarin, Katharina Henn aus Niklashausen, nickte zustimmend. In der Menge war auch die ehemalige Gemeinderätin Ulrike Metz anzutreffen. „Um solch ein potthässliches Ding wie am Meisenbach zu verhindern, deswegen bin ich heute hier“, sagte sie mit Nachdruck und zog den Vergleich zu historischen Gebäuden. „Wenn jemand so ein altes Haus kauft und Kunststofffenster einbaut, bekommt er ein Bußgeld auferlegt, weil es keine Holzfenster sind. Was soll das also hier?“
Spontan zusammengetan hat sich auch die Gamburger Jugendgruppe und zimmerte einen Aufsteller für den einachsigen Anhänger.
Ortvorsteher hofft auf positive Synergieeffekte
Ortsvorsteher Roland Johannes war überwältigt von der Anzahl der Anwesenden. Ein Extra-Applaus erhielten die Bürger aus den Nachbarorten. In einer kurzen Ansprache erklärte Johannes noch einmal den aktuellen Wissensstand. Er sprach von einem zukünftig verschandelten Anblick der Tauberbrücke. „Für die anderen Ortschaften entlang der Tauber kann diese spontane Protestaktion heute eine Signalwirkung haben und positive Synergieeffekte erzeugen, damit die Behörden noch einmal über dieses Vorhaben nachdenken.“ Man wolle mit der Aktion zum Ausdruck bringen, dass man seitens der Behörden „so eben nicht mit seinen Bürgern umgehen darf.“
Mehrfach wurde seine Rede von Applaus unterbrochen. Die Gamburger wollen sich eine Vorgehensweise wie am Meisenbach nicht noch einmal gefallen lassen, so der Ortsvorsteher. Er sprach von einem skandalösen Verhalten gegenüber der Bevölkerung. Er forderte mit Nachdruck die Behörden auf: „Reden Sie mit uns. Zeigen Sie uns ihre Pläne und hören sich unsere Vorschläge an. Lassen Sie uns gemeinsam eine für alle verträgliche Lösung finden. Nur so kann man Akzeptanz in der Bevölkerung schaffen.“ Er versprach, dass weitere Aktionen folgen werden.
Werbachs Bürgermeister Georg Wyrwoll spricht von ,,Verschandelung"
Bürgermeister Georg Wyrwoll: „Hier haben wir ästhetisch anmutende Bauwerke und wollen sie verschandeln. Aber wir wollen das nicht, sondern das Straßenbauamt. Doch irgendwo muss man sich fragen, wo fängt das an, wo hört das auf. Wir können doch nicht alles sichern. Niemand ist in den vergangenen 300 Jahren von dieser Brücke gefallen – selbst, wenn er volltrunken aus der Gastwirtschaft nach Hause gewankt ist. Das ist doch ein beredtes Zeugnis dafür, dass die Menschen so eine geplante Sicherung gar nicht brauchen.“ Und weiter sagte er: „Wenn wir andernorts einen Zebrastreifen oder eine 30er Zone haben wollen, heißt es, dass keine Gefahrenlage an jener Stelle vorliegt, weil noch nichts passiert ist. Auf der Brücke ist noch nie etwas passiert. und doch soll von außen eine Sicherungsmaßnahme aufoktroyiert werden, die keinen Sinn ergibt.“ So wie der Bürgermeister hoffen viele, dass man das Geländer auf der historischen Brücke noch verhindern könne.
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