FN-Reporter im Selbsttest

Weikersheim: Nachts eine schnelle Automaten-Pizza ziehen

Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich trefflich streiten – doch das Ergebnis ist durchaus bemerkenswert: In Weikersheim ist ein Pizzaautomat in Betrieb gegangen.

Von 
Michael Weber-Schwarz
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ASCII © MiCMICCprght

Weikersheim. 24-Sunden-Pizzaautomaten: Solche Backhäuschen stehen in Berlin, München – und jetzt auch in Weikersheim. Hinter dem Projekt seht der Creglinger Gerold Wolfarth, der in Endsee (Landkreis Ansbach) als Geschäftsführer beruflich aktiv ist. Seine „bk-Group“ ist vor allem Generalunternehmerin für schlüsselfertigen Objektausbau. Jetzt hat das Unternehmen auch den 24-Stunden-Pizzaservice für sich entdeckt. An die zwei Dutzend Automaten gibt es bereits – vornehmlich in Bayern. Die weiteren Ziele sich aber hoch gesteckt: Man will bundesweit solche Pizzaautomaten aufstellen.

Selbsttest des FN-Reporters am Dienstagabend nach einem Termin gegen 23 Uhr. Der Automat ist nur kurze Zeit vorher im Bereich des Kreisverkehrs an der Alten Schäfterheimer Straße in Weikersheim auf Privatgrund aufgestellt worden.

Neun Pizzasorten, so informiert das große Display, werden angeboten. Mit Schinken, Salami oder nur mit Käse? Die Entscheidung fällt für die günstigste Variante – eine Margherita, denn man weiß ja nicht, was aus dem Ausgabeschlitz am Ende herauskommen wird. Das Produkt also ausgewählt, ein paarmal den Touchscreen betätigt, die Bankkarte vorgehalten. Im Inneren des Automatenhäuschens fängt es an zu rumoren.

Vorheizen: Also erstmal warten

„Warten Sie mal... “, so informiert ein wenig ungelenk der Bildschirm. Der Ofen im Inneren des Metallhäuschens muss vorgeheizt werden. Vier Minuten, so ist es analog auf einem Aufkleber zu lesen, dauert der Backvorgang. Die Uhr tickt. Es sind eher fünf Minuten. Aber dann (ein bisschen spannend ist die Premiere schon) schiebt der Automat wirklich einen Pizzakarton in die neblige Nacht hinaus. Es ist wie bei der Einfahrt in eine Tiefgarage, wenn die Parkkarte gedruckt und ausgegeben wird. Nur ist das Ding größer – ein richtiger Takeaway-Pizzakarton.

„Die Pizzen befinden sich fertig und gekühlt im Automaten“, informiert eine Unternehmenssprecherin bei einem Telefonat am Folgetag. Bis zu 96 Fertigpizzen sind am Standort vorrätig. Das gewählte Produkt werde vollautomatisiert auf einem perforierten Aluminiumteller auf 300 Grad Celsius erhitzt und nach Ende des Backvorgangs nach draußen geschoben, heißt es.

Die Automatengeschäfte sprießen in der ganzen Region. Rechts die Selbstbedienungs-„Milchtankstelle“ am nördlichen Weikersheimer Kreisel, links der neue Pizzaautomat. © Michael Weber-Schwarz

Analyse: Die bestellte Margherita sieht nicht nur aus wie eine aus dem Holzofen, sondern schmeckt auch weitgehend so. Eine noch etwas matschige Unterseite nimmt man zwar zur Kenntnis, doch ehrlich gesagt hat der Reporter im Leben schon weitaus Schlimmeres gegessen – auch in dem einen oder anderen echten Restaurant. Optisch gleicht die Pizza ihrem Italiener-Pendant inklusive der partiellen Brandblasen am richtig aufgegangenen äußeren Pizzarand. Wenn man’s nicht wüsste, dann würde man kaum glauben, dass drin im Automaten gar kein menschlicher Pizzabäcker sitzt. Die Preise bewegen sich im Rahmen der Restaurants.

Braucht man eine Genehmigung?

96 Einheiten im Vorrat, doch wo kommt der Nachschub her? Natürlich informiert der mehrere 10 000 Euro teure Automat auf dem Datenweg seinen Besitzer stets über seinen aktuellen Befüllungsstatus. Die Firma hat eine Mitarbeiterin, die fürs Auffüllen zuständig ist.

Der Standort gehört offiziell zur Weikersheimer Lindenstraße 1 um die Ecke, die hier am Kreisverkehr logischerweise eine Kurve ist. Seit längerem steht nur einen Schritt weit entfernt eine privat geführte automatische „Milchtankstelle“ auf städtischem Grund. Der Pizzaautomat befindet sich auf einem angemieteten Stellplatz, der einem örtlichen Unternehmen gehört.

Braucht man da eine Art Baugenehmigung? Wohl nicht, schon weil eine entsprechende Regelung per Bausatzung in Weikersheim fehlt. Die Stadt muss die Aufstellung also dulden, ähnlich wie den großen Werbebildschirm am Laukhuff-Areal. Ganz glücklich sind einzelne Gemeinderatsmitglieder mit der Aufstellung des Pizzaautomaten nicht, erfährt man. Die Rats-Besprechung war allerdings nichtöffentlich.

Finale: Die heiße Pizza wird vom Reporter (mit Begleitung, also halbe-halbe) bei recht kühlen Außentemperaturen vor Ort im Auto gegessen. Ein Holzmesser liegt der Pappverpackung bei, doch ein mitgebrachtes Taschenmesser erleichtert das Zerteilen in die gängigen Achtel dann doch erheblich. Jetzt noch raus mit der Verpackung in den ... – oh, der Mülleimer fehlt. Also brav Pappe, Alu und Holz mit nach Hause nehmen und in die richtigen Müllbehälter entsorgen.

Bestellen – und überm oder unterm Display kommt das Produkt heraus. © Michael Weber-Schwarz

Fazit: Wer jenseits der Einkaufs- und Restaurantzeiten hungrig ist, kann (prinzipiell auch zu jeder Tages- und Nachtzeit) eine quasi-frische Pizza am Automaten kaufen. Schaut man sich im Internet (etwa beim Videokanal „Youtube“) nach Reaktionen auf andere, bereits länger aufgestellte Automaten um, findet man ganz verschieden Reaktionen.

Zwischen Lob und „Notessen“

„Jetzt fehlt nur noch ein Dönerautomat“, schreibt ein User. Mehrere andere verweisen auf Vorbilder in Japan und Singapur, wo man schon lange ganz verschiedene Speisen aus solchen Automaten ziehen könne. Kritiker attestieren das „Niveau einer mittelmäßigen TK-Pizza“ und bezeichnen die Fertigprodukte als „absolutes Notessen“. Viele sind aber auch „positiv überrascht“ und loben die unkomplizierte Funktion. Das Müllproblem (ironisch: „Es lebe die Einwegverpackung!“) und phasenweiser Vandalismus werden ebenfalls thematisiert. Eine knackige Zusammenfassung: „Ist halt letztlich ein externer Kühlschrank mit Backofen. Wahrscheinlich nicht besser oder schlechter als mancher Lieferdienst.“ Und schnell getippt: „Lieber selbst gemacht einfach lecker“ – für die, die’s können.

Apropos nicht ganz durchgebackene Unterseite, die wir im Telefonat mit der Firma ansprechen: Die Marketing-Mitarbeiterin nimmt den Hinweis sofort und freundlich auf und verspricht die sofortige Weiterleitung. Bei niedrigen Außentemperaturen könne es durchaus sein, dass noch ein paar Sekunden bis zum erwünschten Backergebnis fehlen. Man werde das Gerät umgehend nachjustieren.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Bad Mergentheim

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