Weikersheim. Jahrzehntelang war und wurde der Weikersheimer Gemeinderat wesentlich von drei Listen geprägt. Nach dem angekündigten Aus der Freien Wähler Vereinigung (FWV) und einer neuen, von Stadtrat Jürgen Vossler initiierten „Bürgerliste“ tritt jetzt eine ganz neue Liste auf den Plan.
Unter dem Namen „GO! – grün und offen“ (GO) wollen engagierte Weikersheimer Bürgerinnen und Bürger bei der Kommunalwahl im Juni antreten. Mehr noch: Es soll eine Liste für jeden Interessierten sein – „jeder ist eingeladen, ein Teil dieser Gruppierung zu werden“, so Johanetta Müller, eine der Initiatorinnen. Die Weikersheimerin moderierte die erste öffentliche Vorstellung des „Bürgerprojekts“ am Montagabend im Weikersheimer Sängerkeller. Die Örtlichkeit: proppenvoll. Die Atmosphäre: weitgehend entspannt und informativ.
Einige der Initiatoren bezeichnen sich als „grünennah“, einige sind Mitglieder – und einige Unterstützer lehnen ein Parteien-Etikett dezidiert ab. Aus gutem Grund, denn unmittelbare Parteipolitik sei nicht die Stoßrichtung. Im Kommunalen müsse man „offen sein“, dürfe sich nicht Bundes- oder Landespolitik unterwerfen. Definitiv: „Es ist keine grüne Parteiliste“ trotz einer gewissen strukturellen Unterstützung durch die Kreis-Grünen, hieß es.
Für transparente Sachpolitik
Obwohl man etwa die Themen Umwelt, Nachhaltigkeit und Teilhabe bespielen werde: Lokalpolitik müsse unterm Strich transparente Sachpolitik sein und damit auch lösungsorientiert. Als Konkurrenz zu bestehenden lokalen Parteien sehe man sich nicht, sondern man sei konsensorientiert. Eigene Standpunkte und erarbeitete Sichtweisen werden trotzdem nachdrücklich vertreten, denn „es braucht etwas Neues für Weikersheim“, so eine Aussage aus dem Sprechergremium.
Die bisherigen und vielfältigen Schwerpunkte von GO: Man kann sie im Internet unter http://goweikersheim.de nachlesen. Es sind einerseits recht typische kommunalpolitische Themenfelder, die an diesem Abend aufgerufen werden: Familie, Bildung, Freizeit, Stadtentwicklung und Wohnen oder Handel und Gewerbe. Doch interessant sind die „Vertiefungen“ und die Frage, was man hier bewegen will und wohin. Einen „Mitwirk-O-mat“ etwa will man schaffen als eine Art Vermittlungsplattform für alle Einwohner und als Scharnier-Tool hin zu Vereinen und Organisationen.
„Den Menschen mehr Gehör verschaffen“, lautet eine Forderung von Elisa Heiligers. Die 35-jährige wirbt für mehr Bürgerbeteiligung schon im Vorfeld kommunaler Entscheidungsprozesse im Gemeinderat. Hier wolle GO mehr Transparenz schaffen, komplexe Sachverhalte möglichst früh und für alle Einwohner nachlesbar „übersetzen“ und zum Mitwirken einladen – Stichwort „Beteiligungsplattformen“. Auch für die Übertragung von öffentlichen Ratssitzungen wolle man sich einsetzen. Letztlich gehe es um ein offenes, bürgerfreundliches Klima innerhalb einer Stadtgemeinschaft, um Respekt und Augenhöhe. Rassismus, Hetze und Homophobie: dafür dürfe kein Platz sein.
„Mehr Demokratie wagen“
Energie-Netze samt einem nachhaltigen Umgang mit Flächen und Ressourcen – all das müsse viel stärker auch in den Händen einer Kommune und ihrer Einwohner bleiben, sagt ein weiterer Sprecher. Man dürfe „die Natur nicht immer weiter einschränken“.
Insgesamt wartet die Gruppe aber nicht mit Patentlösungen und Scheinwissen auf: Etwa im Bereich Handel und Gewerbe müsse man sich eine Expertise erst erarbeiten, sagt man selbstkritisch. Man wolle ohnehin nicht „alles bereits festschreiben“, sondern offen an die lokalen Phänomene herangehen. Wo es nötig ist, da sei man auch bereit „viel Zeit zu investieren“ und zu sondieren, was man bewegen könne. Langfristige Perspektiven für ein attraktives und ressourcenschonendes Gewerbe: Man sei sich sicher, das man mit Fleiß und Ideen herausfinden werde, was zu tun sei.
Über allem stehe, so Osmund Schneider, das Wort „Mehr Demokratie wagen“ – das berühmte Motto von Bundeskanzler Willy Brandt aus dem Jahr 1969. Das bedeute für ihn ganz klar Verantwortung zu übernehmen und zugleich die Bürger in Kernstadt und Ortsteilen mitdenken und mitnehmen, um letztlich die Vielfalt von und in Weikersheim zu stärken. Gedacht wird dabei u. a. an verschiedene Modelle von Bürgerentscheiden.
In der Diskussionsrunde wurde vonseiten eines Landwirts konkret zum Bereich Finanzierung des Wegebaus nachgefragt – aktuell seien solche Fragen noch zu spezifisch, hieß es. Man werde sich des Themas aber annehmen. Der Komplex stadtnaher Einzelhandel versus „Kaufen bei Amazon & Co.“ wurde von einem Einwohner angesprochen. Lokale Lösungen? „Sie müssen sagen, wie sie das erreichen wollen“, drängte der Bürger. Die Gruppierung warb um Fairness: Man wolle und werde sich auch in Details einarbeiten; zu sämtlichen kommunalen Fragestellungen könne man aber derzeit noch keine Antworten geben.
Abschließen warb GO um die offene Beteiligung interessierter Einwohner, sei es als Kommunalwahl-Kandidaten, als Unterstützer in einer Art zweiten Linie oder auch als „Rat- und Tatgeber“. Kontakt könne man jederzeit über die auf der GO-Webseite publizierten Kanäle aufnehmen.
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