Weikersheim. Wer sie als Dr. Helene Sturbeck aus der ZDF-Serie „Soko Wismar“ kennt, wird sie in Weikersheim (vielleicht) kaum wiedererkennen: Katharina Blaschke steht dort ab 24. Juli als Gefängniswärter Frosch in Johann Strauss‘ „Die Fledermaus“ auf der Bühne – und entdeckt dabei ganz neue Seiten an sich selbst.
Die Operettenbühne, sie sei „viel körperlicher“ als ein Filmset – fast sei es in Weikersheim ein wenig gymnastisch, sagt Blaschke lachend im Gespräch mit der FN-Reaktion. Seit vielen Jahren ist sie regelmäßig an der Tauber, unterstützt bei den Produktionen der Jeunesses Musicales alle zwei Jahre junge Opernsänger und -sängerinnen. Sozusagen undercover hilft Blaschke bei Lampenfieber und Verspannungen mit der so genannten „Alexander-Technik“, eine Köpermethode, die Bewusstsein für Haltung und Bewegung schafft. Jetzt steht sie erstmals selbst auf der Bühne im Schlosshof – in einer exponierten Sprechrolle im dritten Akt.
Jede Menge berühmte Rollen-Vorgänger
Hans Moser, Fritz Muliar, Otto Schenk: Sie haben der Frosch-Rolle ihren jeweiligen Stempel aufgedrückt. Nuschelnd, intelligent komisch, mit Schmäh und Ironie – eine Herausforderung. Katharina Blaschke stammt aus Hamburg. Wienern wird sie also auf keinen Fall. Sie sei bis zum Premierenabend noch am Entwickeln, sagt die Schauspielerin. Wer wissen will, wie sie ihren Frosch gestaltet, der müsse schon in eine Vorstellung gehen. Vorab wird nichts verraten. Gleichwohl stellt die Rolle des Frosch für sie eine ganz besondere Aufgabe dar. „Ich habe höllischen Respekt vor dieser Figur. Frosch sei kein typischer Komiker – eher ein philosophierender Gefängniswärter „mit Dauerpegel“, so Blaschke.
Im Fernsehen ist Blaschke die sachlich-empathische Gerichtsmedizinerin, die zwischen Leichen, Laborwerten und latent zynischen Kollegen souverän agiert. Doch jetzt heißt es: keine Fachbegriffe, keine Spurensicherung – dafür pointierte Monologe, vielleicht mit überzogener Mimik und vor allem im direkten Kontakt zum Publikum spielen.
Mit vier TV-Toten Schlange stehen
Gedreht wird „Soko Wismar“ übrigens in einem Filmatelier im Südosten von Berlin in Adlershof. Dort befindet sich neben dem Revier-Inneren auch die Pathologie mit ihren blank geputzten Seziertischen. Die Außendrehs finden an verschiedenen Orten in Wismar statt. Die Fernsehleichen, sie sind vorabend-kompatibel geschminkt. Und weil immer vier Folgen en bloc aufgezeichnet werden, stehe man in den Pausen mitunter mit vier TV-Toten am Catering-Stand. Das sei auch für eine erfahrene „Medizinerin“ kurios, erzählt Blaschke. Insgesamt sei die Filmtruppe „ein reizender Haufen“, auch jenseits der Kamera, verrät sie.
Die Operette in Weikersheim: „Das hier ist etwas ganz anderes als im Fernsehen“, sagt Blaschke. Als Dr. Sturbeck spreche sie oft freundlich übersetztes Fachchinesisch, sie wirkt als Forensikerin sehr präzise und kontrolliert, mit feinem, trockenen Humor. Der Frosch hingegen erlaubt Spontaneität, Improvisation und vor allem: echten Bühnenkontakt. Gerade dieser Gegensatz reizt sie. Die eine Figur analysiert, die andere taumelt – und beide haben Recht damit, so könnte man den Kontrast zusammenfassen.
Wilgenbus setzt auf Können und Persönlichkeit
Unter der Regie von Dominik Wilgenbus, den Blaschke als „ein Bündel musikalischen Wissens“ beschreibt, entsteht eine Fledermaus mit Atmosphäre und Spielfreude. Wilgenbus, mit dem die Schauspielerin auch in anderen (Theater-) Produktionen bereits zusammengearbeitet hat, setzt bei seinen Inszenierungen auf Vertrauen zu Persönlichkeit und Können der Solisten. Bei ihm darf man sich trauen – auch auf zunächst einmal dünnem Eis.
Neben ihrer TV-Rolle und den aktuellen Proben in Weikersheim pendelt Blaschke regelmäßig zwischen Drehorten und Theaterprojekten. Zuletzt stand sie in Berlin auf der Bühne, spielte in einer „Cluedo“-Krimikomödie, erinnerte sich im Gespräch an ihre Zeit als Fräulein Schneider im Musical „Cabaret“ in Hamburg. Dass ausgerechnet der Frosch – die kurze, rein gesprochene Nebenrolle – zu einem gewissen Meilenstein ihrer Bühnenkarriere wird, hätte Blaschke selbst nicht gedacht. Doch darin liege auch der Reiz: Eine Figur mit wenig Spielzeit, aber großer Wirkung. Da geht es um Präsenz, Rhythmus, Haltung. Und um Mut, denn die Rolle sei auch für erfahrene Schauspieler immer eine Bewährungsprobe.
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